0523 - Tod dem Vampir!
zu sehr erschrecken.«
Ich denke ja gar nicht daran! protestierte Fenrir. Er hebelte den Türgriff auf und verschwand bereits ins Freie, als Robin noch dabei war, seinen Citroën XM einzuparken. Zamorra bedauerte, daß er die Kindersicherung der Fondtüren nicht eingeschaltet hatte, aber wann brauchte er so etwas schon mal?
Der Wolf bewegte sich unruhig hin und her. Gryf ist hier, stellte er fest.
Zamorra fuhr herum. »Wo?«
Folge mir unauffällig! Im nächsten Moment jagte der Wolf mit einem wilden Sprung über die Hecke und verschwand auf dem Grundstück. Zamorra und Robin folgten ihm etwas langsamer.
Sie stöberten einen entkräfteten Mann auf, der sich zwischen Brombeersträuchern zusammengekauert hatte und dessen Augen erleichtert aufleuchteten, als er den Wolf und Zamorra erkannte.
»Ihr müßt höllisch aufpassen«, warnte er und deutete auf die obere Etage des Hauses. »Sie ist eine Hexe und hat mich fertiggemacht. Fast wäre es ihr gelungen, mich zu töten.«
»Eine Hexe?« fragten Zamorra und Robin gleichzeitig. Zamorra fuhr fort: »Ich denke, es geht um einen Vampir.«
Gryf nickte. »Das wohl auch. Aber Villiers ist eindeutig eine Hexe. Ihr wart bei Lecoq, und er hat euch erzählt, daß seine Freundin hier wohnt, nicht?«
»Er hat uns gar nichts gesagt«, warf Robin ein. »Er ist nämlich tot.«
»Was?« entfuhr es Gryf.
»Und wenn Sie der letzte waren, der ihn lebend sah, werden Sie es schwer haben, dem Richter klarzumachen, daß nicht Sie der Mörder sind.«
Hinter ihnen öffnete sich eine Tür. Ein Gewehrverschluß knackte. »Und Sie«, ertönte eine energische Frauenstimme, »werden es vermutlich schwer haben, mir klarzumachen, warum Sie in der Dunkelheit in meinem Garten herumschleichen! Die Hände hoch!«
Auweia ! meldete sich Fenrir, worauf Robin erschrocken zusammenzuckte, weil er sich die fremde Stimme nicht erklären konnte, die lautlos in seinem Kopf aufklang. Tut lieber, was sie sagt - sie schießt sonst tatsächlich!
Im gleichen Moment hatte die Frau den Wolf gesehen.
Sie drückte sofort ab.
***
Tiffany nahm den unauffälligen Topf mit der Hexensalbe aus dem Schrank, suchte das Bad auf und kleidete sich aus, um ihren Körper mit der Salbe einzureiben, von der sie als praktisch denkende Frau immer einen genügenden Vorrat griffbereit hatte. Sie fühlte, wie die Kraft der Salbe durch ihre Poren in den Körper drang, wie sie leicht wurde, die Schwerkraft ihre Macht verlor und abhängig wurde vom Willen der Hexe. Mit einer besonderen Creme malte sie anschließend magische Zeichen auf ihre Haut, um ihre eigene Kraft zu verstärken. Der Flug selbst würde ihr nicht sehr viel abverlangen, aber vielleicht die Konfrontation mit dem Vampir, von dem sie nicht wußte, ob er wirklich so beeinflußbar war, wie es den Anschein hatte, und sie mußte auch damit rechnen, daß der Druide wieder zurückkehrte. Im Augenblick hatte er sicher noch genug mit sich selbst zu tun; sie wußte, daß sie ihn geschwächt hatte. Doch sie wußte nicht, wie schnell er sich davon wieder erholen würde.
Sie wollte sich erst um den Vampir kümmern. Wenn es ihr gelang, ihn endgültig zu ihrem Sklaven zu machen, konnte sie ihn vielleicht sowohl auf die neugierig-lästige Marie Picard ansetzen als auch auf den Druiden. In dem Fall würde beider Tod ein Mysterium sein, und sie konnte ihre derzeitige Identität weiter beibehalten. Wenn Emile Picard aus seiner Kur zurückkehrte - mit ihm wurde sie schon fertig. Schließlich war er ein Mann und sie eine schöne Frau von jugendlichem Aussehen.
Je länger sie über den Vampir nachdachte, desto besser gefiel ihr der Gedanke.
Sie holte den alten Reiserbesen aus dem Schrank und trat auf den Balkon hinaus. Daß es mit Einbruch der Dunkelheit auch kühl geworden war, störte sie nicht. Die Hexensalbe schützte ihren Körper vor den niedrigen Temperaturen. Tiffany hörte Stimmen, kümmerte sich aber nicht weiter darum. Den Reiserbesen als Fluggerät benutzend, schwang sie sich in die Nacht hinaus und flog rasend schnell ihrem Ziel entgegen.
***
Fenrir hatte die Frau telepathisch sondiert und wußte daher eine halbe Sekunde vorher, daß sie schießen würde. Ohnehin wachsam und mißtrauisch, machte er einen weiten Sprung, der ihn rechtzeitig aus der Streubreite der Schrotkörner brachte. Robin, der dem Wolf zu nahe gewesen war, wurde von Zamorra gepackt und aus der Schußbahn gerissen, bekam aber dennoch ein paar der Körner am rechten Bein ab und schrie entsetzt auf.
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