0525 - Tödliche Fotos
nicht!«
»Aber Mr. Sinclair, denken Sie bitte freier. Denken Sie vier- und nicht dreidimensional.«
»Das ist schwer.«
»Für einen Theoretiker bestimmt. Aber nicht für den Menschen aus der Praxis.«
»Das sind Sie?«
»In der Tat.«
Ich schaute auf die Uhr. »Wo nur mein Kollege bleibt«, murmelte ich vor mich hin.
»Der hat möglicherweise eine längere Sitzung. Ich kenne eine Menge Leute, die sich bei diesem wechselhaften Wetter den Magen verdorben haben, wissen Sie? Der Virus ist einfach in der Luft, und das finde ich auch nicht gut. Wir können uns allerdings die Zeit ein wenig vertreiben, wenn Sie einverstanden sind.«
»Und wie?«
»Ganz einfach. Ich habe Ihnen bisher erklärt, was ich zu leisten fähig bin. Jetzt setze ich es in die Praxis. Geben Sie genau acht, Mr. Sinclair.«
Er stand auf und holte vom Schreibtisch den flachen Kasten einer Fernbedienung.
Mit dem Daumen drückte er auf einen Knopf.
Auf den vier verschiedenen Bildschirmen blitzte es auf. Durch Zurückziehen eines kleinen Hebels löschte Al Beli das Licht der meisten Lampen.
Nur mehr zwei brannten. Sie gaben genügend Helligkeit, um uns nicht zu blenden. »Sie werden jetzt, Mr. Sinclair, auf allen vier Bildschirmen das gleiche Programm erleben. Dort wird eine Person erscheinen, die gestorben ist, deren Geist aber weiterlebt. Schauen Sie genau hin, Mr. Sinclair – bitte!«
Sie erschien tatsächlich. Auf den vier Mattscheiben tauchte sie zur gleichen Zeit auf, als würde sie aus einer weit entfernten Welt im Jenseits kommen.
So ähnlich war es auch.
Ich kannte die Tote.
Es war Judy Landers!
***
Suko hatte das Gefühl, neben sich selbst herzugehen, als er auf den Vorhang zuschritt. Es ging ihm nicht direkt schlecht, er kam sich nur vor wie jemand, an dem die alltäglichen Dinge des Lebens vorbeiliefen. Irgendwie war er nicht richtig vorhanden.
Seine Reflexe besaßen nicht mehr die frühere Schnelligkeit. Er tastete zu lange nach, bis er den Durchschlupf gefunden hatte. Im Studio wurde gearbeitet.
Zwei Mädchen mit langhaarigen Perücken nahmen gewisse Posen auf einem Tigerfell ein, die schon anstößig waren. Das grelle Licht der Scheinwerfer ließ die fast nackten Mädchen völlig unerotisch erscheinen. Zudem wurde eines von ihnen geblendet und begann in einer Sprache zu fluchen, die von ganz unten her stammte.
Suko blieb stehen und zwinkerte. Er überlegte, was er eigentlich wollte. Mit einer fahrig wirkenden Bewegung, strich er über die Wangen und schaute sich dabei um, ohne die Umwelt richtig wahrzunehmen.
Irgend etwas war da noch. Er dachte weiter nach und erinnerte sich an das Getränk. Sollte ihm der Alkohol nicht bekommen sein?
Hatte dieser Al Beli etwas hineingemixt, das einen Menschen möglicherweise beeinträchtigte und ihn wesentlich langsamer reagieren ließ. Die Gedanken wollten bei Suko nicht so recht fließen, er kam schließlich darauf, daß er zur Toilette wollte.
»Kann ich Ihnen helfen?« Suko wurde von einem jungen Mann angesprochen. Er war wie ein Geist neben ihm aufgetaucht und lächelte den Inspektor an.
»Ja«, sagte Suko, »das können Sie…«
»Was möchten Sie denn?«
»Ich suche die Toilette. Wenn Sie mir bitte erklären könnten, wo ich sie…«
»Da müssen Sie mitkommen.«
»Machen Sie sich keine Umstände. Wenn Sie mir den Weg erklären, reicht das schon.« Suko sprach mit schwerer Zunge. Der Druck lag plötzlich auf seinem Kopf. Er verzog den Mund und atmete tief ein, als er den anderen Mann lachen hörte.
»Nein, nein, Sir, ich werde Ihnen den Weg schon zeigen. Er ist etwas kompliziert für einen Fremden, wissen Sie?«
»Ja, ja, ich weiß schon, danke.«
»Kommen Sie, bitte.« Der Helfer faßte Suko in Höhe des Ellbogens an und schob den Inspektor vor. Automatisch setzte Suko seine Schritte. Er schaute dabei dem Treiben zu, ohne es richtig wahrnehmen und einordnen zu können.
Automatisch folgte er dem Helfer durch die als Studio umgebaute Halle, die trotzdem nicht so groß und gewaltig aussah, da die zahlreichen Wände, Vorhänge und Abtrennungen ständig verschoben und neu aufgestellt wurden.
Der Fotograf konnte an mehreren Schauplätzen zugleich arbeiten, ohne daß einer den anderen störte.
Suko schritt dahin wie ein Schlafwandler. Er merkte kaum, daß sein Helfer vor einer Tür stoppte.
»Da müssen Sie hinein.«
»Ja, danke.« Mit einer müde wirkenden Bewegung öffnete Suko die Tür. Schwerfällig zog er sie auf, ging über die Schwelle, sah vor sich die
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