053 - Der Gast aus dem Totenreich
wurde doch als geheilt entlassen«, gab Caterina zu bedenken.
»Trotzdem. Es war zweifellos ihre Rettung, dass sie den Verstand verlor. Wer immer die dreizehn schwarzen Frauen wirklich sind, sie hätten sie aufgespürt und vernichtet – sie, die einzige Zeugin.« Dorian legte eine Pause ein und trank einen Schluck heißen Cappuccino. »Sieh mich nicht so zweifelnd an, Caterina! Es geht nicht anders. Ich muss Antonia befragen.«
Sie diskutierten noch eine Weile, dann willigte die Blondine ein. Dorian zog einen schlichten Anzug an, den ihm Parker zur Verfügung gestellt hatte. Dann fuhr er mit Caterina zu ihrer Wohnung. Er begleitete sie nach oben. Nachdem er alles abgesucht hatte, ließ er auch sie in ihre Wohnung. Sie vertauschte das schicke Abendkleid mit einem Paar Jeans und einem weißen T-Shirt, unter dem sie nichts trug.
»In Richtung Ostia«, sagte sie im Wagen. »Das Haus, in dem sie sich zur Zeit aufhält, liegt in der Nähe der Porta San Paolo.«
Der Alfa Duetto rollte durch das morgendliche Rom. Die Sonne strahlte. Tauben flatterten über die Häuserdächer. Eine Wolke war am blauen Himmel zu sehen. Die ganze Umgebung wirkte überhaupt nicht winterlich. Dorian stellte sich vor, wie es jetzt in London aussehen mochte.
Caterina hatte sich restlos überzeugen lassen, als Dorian ihr erklärt hatte, dass Antonia Biasis Leben davon abhängen könnte, ob sie sie besuchten oder nicht; und das hatte der Dämonenkiller nicht nur aus taktischen Gründen gesagt; es entsprach der Wahrheit.
Das Haus, vor dem sie hielten, war ein Bungalow mit großen Fensterfronten. Die Garage stand offen und war leer.
»Es ist das Haus ihrer Eltern«, erklärte Caterina noch im Wagen. »Sie wohnt seit ihrer Entlassung hier. Ich schätze, das Ehepaar Biasi ist nicht da, weil heute ein normaler Wochentag ist und sie bestimmt bei der Arbeit sind. Weißt du, er ist Rechtsanwalt, und sie macht für ihn die Sekretärin. Die Kanzlei liegt im Zentrum von Rom.«
»Ist Antonia allein?«
»Nein. Sie haben eine Krankenschwester eingestellt, die sich um sie kümmert und kocht.«
Wenig später standen sie der Schwester gegenüber, einer resoluten Person um die Dreißig, die den Eingang mit ihrer drallen Figur versperrte und sie mit zurechtweisenden Blicken maß. Offenbar war sie bereit, das Heim notfalls körperlich zu verteidigen.
»Nein«, sagte sie, nachdem Dorian gesprochen hatte. »Nein, das lasse ich nicht zu. Ich habe strikte Anweisungen …«
»Aber ich bin Antonias Freundin«, beteuerte Caterina immer wieder.
»Besuch ist strikt untersagt. Ich kann mich dem nicht widersetzen«, sagte die Krankenschwester scharf. »Wo kämen wir denn hin?«
Der Dämonenkiller dachte bereits daran, sie mit der gnostischen Gemme zu hypnotisieren, da tauchte eine schlanke Gestalt hinter ihr auf.
»Elda! Bitte, lassen Sie sie ein! Seien Sie doch nicht kindisch!«
Die Schwester zog entrüstet ab. Antonia Biasi trat ihnen entgegen.
Sie war blass und hatte einen traurigen Blick, war jedoch im Grunde ein hübsches Mädchen; brünettes Haar rahmte ihr zartes Gesicht ein.
Dorian stellte später im Gespräch fest, dass ihre Reaktionen ein bisschen verspätet kamen; das war aber auch alles, was auf ihre überstandene Nervenkrise hinwies.
Sie begrüßte Caterina sehr kameradschaftlich.
»Das ist Dorian Hunter«, sagte die Blondine mit einem Blick auf ihren Begleiter. »Er ist ein guter Freund. Du brauchst ihm gegenüber nicht argwöhnisch zu sein. Wenn ich dir erzähle, was er für mich getan hat …«
»Kommt doch erst mal herein!«, sagte Antonia.
Kurz darauf saßen sie sich im gemütlichen Wohnzimmer gegenüber. Die Schwester, wieder einigermaßen freundlich gestimmt, brachte Tee, Mineralwasser und Gebäck.
»Wenn Sie Antonia aufregen, Herrschaften, werfe ich Sie raus«, sagte sie aber klipp und klar.
Dorian erklärte dem blassen Mädchen, welches seine Aufgabe war. Er sprach ruhig und drückte sich gewählt aus.
»Es geht also um den Maestro«, sagte Antonia leise. »Das habe ich fast erwartet. Was will man denn jetzt noch von mir?«
Dorian brachte ihr sehr vorsichtig bei, was sich ereignet hatte. Immer wieder wartete er eine Erwiderung von ihr ab, doch sie sagte kein Wort. Es war eine einseitige Unterhaltung. Nur der Dämonenkiller und Caterina sprachen.
Antonias Blick wurde flackernd, misstrauisch.
»Fort!«, sagte sie, »ich will nichts mehr hören!«
Dorian beugte sich vor und schaute sie ernst an. Er wusste, dass dies der kritischste
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