053 - Manitous Fluch
sich.
»Du sitzt drauf.«
Er holte es hervor, ich nahm es ihm aus der Hand und blätterte die Seiten durch.
»Hier ist es«, sagte Pater Severin und wies auf die entsprechende Eintragung. Wir lasen gemeinsam. Das meiste wußten wir bereits. Was uns nicht bekannt war, erfuhren wir nun: den Standort der Höhle.
»Jetzt braucht nur noch Mr. Silver zu kommen, dann steht einem Höhlenbesuch nichts mehr im Wege«, sagte ich und wandte mich um. Ein Taxi rollte durch die breite Einfahrt. Der Hüne neben dem Fahrer war nicht zu übersehen.
Mr. Silver stieg aus und kam zu mir. »Hast du etwas Kleingeld, Tony?«
»Hör mal, du kannst nicht mit dem Taxi fahren, wenn du zuwenig Geld hast.«
»Geld. Geld. Da, wo ich herkomme, gibt es kein Geld.«
»Du könntest dich allmählich an unsere Sitten und Gebräuche gewöhnen. Bist schließlich nicht erst seit gestern hier.«
»Also kriege ich das Geld nun von dir, ober muß ich Severin anschnorren?«
»Bei mir hast du kein Glück damit!« meldete sich der Priester sogleich. »Ich bin selbst bedürftig.«
Ich gab dem Ex-Dämon eine Fünf-Pfund-Note. »Die sehe ich aber wieder!«
»Mal sehen«, feixte der Hüne. »Vielleicht rückt sie der Taxifahrer mit ein bißchen gutem Zuspruch wieder raus.«
Mr. Silver bezahlte den Fahrpreis und stieg dann bei mir zu. Er behauptete, nach reiflicher Überlegung zu einem Entschluß gekommen zu sein und sagte uns, welcher Höhle wir den Vorzug geben sollten.
»Du warst schon mal besser«, sagte ich.
»Wieso?«
»Weil du dich für die falsche Höhle entschieden hast.«
»Woher willst du das denn wissen, he?«
Pater Severin wedelte mit dem Tagebuch und lieferte eine kurze Erklärung mit.
»Da stellt man halb London auf den Kopf, um ein paar Informationen zusammenzukriegen, während ihr längst Bescheid wißt«, maulte der Ex-Dämon.
»Ein andermal gehst dafür wieder du als erster durchs Ziel«, tröstete ich ihn, startete den Motor und fuhr los.
***
Er war tot, und doch lebte er, lebte auf eine andere Weise und würde von nun an anderen Gesetzen gehorchen. Gelenkt von der Hölle, gestärkt von der Kraft der Finsternis, würde er nun seinen Weg gehen. Das Böse, das er vor wenigen Augenblicken noch bekämpft hatte, befand sich nunmehr in ihm, hatte sich in seinen Körper eingenistet und beseelte ihn.
Zusammengesunken hing er über dem Lenkrad.
Wenn der rote Zombie ihn erschlagen oder erwürgt hätte, hätte er ihm diesen grauenvollen Schritt in sein zweites, schwarzes Leben erspart.
Das Böse war durch die Wunde in ihn eingedrungen und hatte ihn, während er starb, verseucht. Deshalb lebte er jetzt weiter, blieb nicht schlaff über dem Lenkrad des Geländewagens hängen, sondern richtete sich langsam auf.
Es war der Zombie, ein Körper, der zur Hülle für schwarze Kräfte geworden war.
Schrecklich sah Gordon McGuire aus. An seinen Vater und an das, was er für ihn tun wollte, dachte er nicht mehr. Seine Interessen hatten sich ins Gegenteil gewandelt. Wo er nun auftauchte, würde er das Grauen und den Tod im Gefolge haben. Gnade, Mitleid - das waren Worte, die für ihn bedeutungslos geworden waren.
Die große Wunde an seinem Oberarm blutete nicht mehr. Er hatte eine zweite tiefe Wunde am Hals. An dieser Verletzung war er gestorben. Durch sie war schwarzes Gift in seinen Körper geströmt.
Der rote Zombie ging um die Fahrzeugfront herum und setzte sich neben McGuire, der von dem untoten Schamanen nichts mehr zu befürchten hatte. Sie waren keine Feinde mehr, sondern gehörten zusammen, waren Höllenkomplizen geworden.
McGuire startete den Motor erneut. Diesmal löste er die Handbremse, und der Geländewagen rollte langsam zurück. An einer geeigneten Stelle wendete Gordon McGuire das Fahrzeug und fuhr den steilen, bewaldeten Hang hinunter.
Der Geländewagen verließ den Wald, erreichte eine befestigte Straße und fuhr auf die Stadtgrenze zu.
Niemand ahnte, daß das Grauen nach London kam.
***
Kent Fleming wurde laufend von Kunden abgelenkt. An diesem Tag ging das Geschäft mit den Briefmarken besonders gut. Fleming erzielte einen Rekordumsatz.
Eine Frau, deren Mann im vergangenen Monat gestorben war, bot ihm eine Markensammlung an. Er gehörte zu Flemings Gewohnheit, nicht selbst einen Preis festzusetzen, sondern sich zu erkundigen, was der andere dafür haben wollte.
In diesem Fall war der Betrag, den die Witwe nannte, jedoch so gering, daß Fleming von seiner Gepflogenheit abging und ihr ein Angebot machte, das dreimal
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