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0540 - Der Fluch der Zigeunerin

0540 - Der Fluch der Zigeunerin

Titel: 0540 - Der Fluch der Zigeunerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sogar zu ihrem Glück, denn so kam wenigstens niemand auf die Idee, in ihr ein Kräuterweiblein zu sehen - und von dort zur Hexe, zur Teufelsbuhlin, war es nur ein kleiner Schritt. Dann wäre sie der Inquisition überstellt worden - und ihr Tod, der ohnehin absehbar war, wäre nur noch um ein Vielfaches qualvoller geworden.
    Schließlich brachte man sie vor den Richter, einen grauhaarigen alten Mann mit kantigem Gesicht. Er hörte sich an, was die beiden Stadtwachen, die Elena angegriffen hatten, ihm erzählten, und er hörte sich an, was ein Verwandter oder Freund des Erstochenen - so genau begriff Elena das nicht - als Anklage gegen sie vorzubringen hatte. Ein vierschrötiger Henkersknecht, der bei ihrer Befragung dabeigewesen war und dessen schmierig-gierige Hände sie immer noch auf ihrer besudelten Haut zu spüren glaubte, log ihr angebliches Geständnis.
    Dabei hatte sie immer nur beteuert, daß sie sich an nichts erinnern könne außer daran, daß der Mann über sie hergefallen sei. Was dann geschehen sei, wisse sie nicht mehr.
    Der Vierschrötige grinste den Richter an. »Der Edelmann kann ihr nicht beigelegen haben, denn sie war noch jungfräulich. Also hat sie ihn ganz bedacht umgebracht. Sie wollte ihn wohl berauben.«
    »Also ein Raubmord«, stellte der Richter fest.
    »Nein!« schrie sie. »Nein!«
    Aber niemand ließ sie zu Wort kommen. Niemand fragte sie, niemand sprach für sie.
    Der Richter grübelte. »Sie ist des Raubmordes schuldig, und ich muß sie zum Tode verurteilen. Doch es gibt da ein kleines Problem.« Er wandte sich wieder an den Foltergehilfen. »Du sagtest, sie sei noch jungfräulich gewesen, als du sie befragtest. Das ist sie doch wohl hoffentlich nicht noch immer? Denn Jungfrauen dürfen bekanntlich nicht hingerichtet werden.«
    In den Augen des Vierschrötigen blitzte es unternehmungslustig auf. »Ich bin sicher, Euer Ehren, daß sie es nicht mehr sein wird, wenn die Hinrichtung erfolgt. Dafür verbürge ich mich.«
    »Dann verurteile ich die Zigeunerin Elena dazu, am Halse aufgehängt zu werden, bis ihr Tod eintritt, wie das Gesetz es verlangt. - Der nächste Fall.« Sie schrie auf. »Nein! Ich bin unschuldig! Ich habe mich doch nur gewehrt! Das ist doch kein Verbrechen…!«
    Aber man schleppte sie bereits hinaus. Sie hatte bis zu diesem Moment nicht geahnt, über welche Kraft sie verfügte, und es wäre ihr fast gelungen, sich loszureißen und davonzulaufen, wenn nicht einer der Büttel sie mit einem Fausthieb niedergestreckt hätte.
    Als sie wieder erwachte, lag sie, mit einer Fußkette gefesselt, in einem kleinen Verschlag, der ihr gerade mal erlaubte, sich aufrecht hinzusetzen.
    Die Todeszelle. Man hatte sie erst gar nicht mehr zu den anderen Gefangenen zurückgebracht.
    Durch das Gitter der Tür grinste sie der Vierschrötige an und rieb sich die Hände.
    »Im Morgengrauen werden wir dich hängen, schöne Mörderin. Vorher komme ich zu dir. Du wirst das höchste Glück auf Erden erleben. Kannst froh darüber sein, Zigeunerweibchen. Nicht jedem passiert’s, vor seinem Tod noch einmal…«
    »Scher dich zum Teufel!« schrie sie und spie verzweifelt nach ihm, ohne ihn zu treffen. Lachend stampfte er davon.
    Und für Elena begann die furchtbarste Nacht ihres Lebens.
    ***
    In dieser Nacht schlief sie wieder nicht. Sie dachte an alles, was in ihrem Leben bisher geschehen war.
    Knapp 22 Sommer und schon ein ganzes Leben.
    Ein Leben voll Leid und Verachtung.
    Nur selten einmal war sie wirklich glücklich und frei von Sorgen gewesen, aber da war sie noch ein Kind gewesen. Und seit die alte Blixbah tot war, seit ihre Sippe ausgelöscht worden war, hatte sie nicht ein einziges Mal mehr gelacht.
    Nur Blixbah hatte für sie gesorgt. Sie hatte ihr alles gegeben, was sie ihr in den 19 Jahren hatte geben können.
    Und da waren auch die Zaubersprüche!
    Die Andeutungen!
    Oft hatte Elena darüber nachgedacht, was sie bedeuteten. Jetzt, da Blixbah tot war, wußte sie es.
    Die alte Kräuterfrau mußte einmal vor sehr langer Zeit einen Pakt eingegangen sein mit jenem, den sie den Fürsten der Finsternis nannte. Er hatte ihr die Gabe verliehen, in die Zukunft anderer Menschen zu sehen. Und da war auch noch mehr gewesen an Wissen und Können.
    Einen Teil dieses Wissens hatte Blixbah der jungen Elena mitgegeben. Aber es war nur ein sehr geringer Teil gewesen. Sie hatte vielleicht nicht gewollt, daß Elena den gleichen Weg ging wie sie selbst.
    Doch sie konnte sich jetzt einiges zusammenreimen.
    Sie

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