0548 - Knochen-Cowboy
Suko.
Verschlafen und gähnend sprach Suko seinen Namen aus.
»Werde mal wach, Alter«, sagte ich zur Begrüßung.
»Nein, das gibt es nicht. Bist du schon in London?«
»Noch einige hundert Meilen davon entfernt.«
»Aber du wolltest doch…«
»Mir ist etwas dazwischengekommen.«
Suko hatte am Klang meiner Stimme erkannt, daß es mir sehr ernst war. »Okay«, sagte er, »ich höre.«
Ich ließ mir Zeit für einen genauen Bericht. Suko konnte keinen Kommentar abgeben, er stellte nur eine Frage: »Willst du den Fall allein durchziehen?«
»Es sieht so aus.«
»Kannst du ungefähr sagen, wann du wieder in London bist?«
»Nein. Ich hoffe natürlich, daß es nicht länger als zwei Tage dauert. Wie gesagt, das sind Spekulationen.«
»Natürlich.«
»Jedenfalls gebe ich dir Bescheid, sobald sich hier etwas getan hat. Und grüße die anderen.«
»Mach’ ich. Gib auf dich acht, alter Junge.«
»Immer.«
Konstabler Bantham hatte zugehört und fragte: »War das ein Kollege von Ihnen?«
»Ja.«
Er zündete sich eine Pfeife an, die er zuvor mit sehr gelassenen Bewegungen gestopft hatte. »Mr. Sinclair, Sie können sich voll und ganz auf mich verlassen. Ich werde alles tun, was in meinen Kräften steht, um Ihnen zu helfen.«
»Das finde ich gut. Fangen wir mit dem toten Charly an. Haben Sie da schon etwas unternommen?«
»Ja, ich gab seiner Mutter Bescheid.« Er paffte zwei Wolken. »Die Frau hat einen Schock erlitten und ist jetzt noch nicht ansprechbar. Jedenfalls wird es nicht einfach sein, das Skelett zu finden.«
»Das meine ich auch.«
Er beugte sich vor. »Wissen Sie, wo Sie anfangen wollen zu suchen?«
»Leider nicht.«
»Das habe ich mir gedacht. Obwohl sich um die Gestalt des Morgan Clusky zahlreiche Legenden ranken, sehe ich ehrlich gesagt, auch keine Spur. Ich tappe im Finstern.«
Da tappten wir den gesamten Tag über und auch noch am nächsten. Keine Spur von diesem verdammten Skelett. Der Erdboden schien es wieder verschluckt zu haben.
Am Nachmittag des zweiten Tages telefonierte ich wieder mit London, gestand meine Niederlage ein und erklärte, daß ich mich in einer Stunde auf den Weg machen würde. Ich wollte zwischendurch übernachten, um einigermaßen ausgeruht einzutreffen. Von Suko erfuhr ich, daß meine Eltern angerufen hatten.
»Was hast du denn gesagt?«
»Daß du im Moment unterwegs bist.«
»Klasse.« Ich rief sie noch in der gleichen Minute an und erklärte ihnen, daß ich London erreicht hatte. Dann hieß es für mich Abschied nehmen.
Konstabler Bantham begleitete mich zum Wagen. Er versprach, mich sofort zu informieren, falls sich etwas veränderte oder das killende Skelett wieder auftauchte.
Damit war ich sehr einverstanden.
Mit einem schlechten Gefühl und wütend sowie sauer, nahm ich die Fahrt nach London wieder auf…
***
Es war um die Mittagszeit, als mich der Moloch London schluckte.
Das im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Stadt lag unter einer sommerlichen Hitzeglocke.
In Schottland war es ebenfalls sehr warm gewesen, in London jedoch kamen noch die Abgase zahlreicher Autos hinzu. Da auch hier kaum Wind wehte, lag über der Stadt eine Dunstglocke, die auch von der Sonne nicht durchbrochen werden konnte.
Ich war aus Richtung Norden in London eingefahren. Kurz vor der City geriet ich in den Stau. Über Autotelefon rief ich beim Yard an. Glenda Perkins hob ab.
»John!« jubelte sie in die Leitung. »Bist du noch unterwegs oder schon in…«
»Ich bin schon in der Stadt.«
»Toll.«
»Die Kaffeemaschine kannst du schon einstellen. Es dauert höchstens noch eine halbe Stunde.«
»Okay.«
Leider irrte ich mich. 45 Minuten war ich noch unterwegs, bevor ich den Rover abstellen konnte. Mit müden Knochen verließ ich den Wagen, reckte mich und ging zunächst einmal duschen.
Wir hatten einige Gemeinschaftsduschen. Ich war der einzige unter den Wasserstrahlen. Erfrischt zog ich auch andere Kleidung an und brachte den Koffer wieder zum Auto.
»Ach, der verlorene Sohn ist da!« rief Glenda, als ich die Tür zum Vorzimmer geöffnet hatte.
Sie saß auf dem Drehstuhl und kam mir so frisch vor wie der junge Frühling. Der enge, relativ kurze, gelbe Rock ließ einiges von ihren sonnenbraunen Schenkeln sehen. Ein weißes Top mit gelben Tupfen stand ihr ebenfalls ausgezeichnet. Es bildete einen Kontrast zu den herrlichen, schwarzen Haaren, die sie wegen der Wärme hochgesteckt und mit gelben Spangen verziert hatte.
Ich schnupperte. »Ah, er riecht
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