0569 - Teufel im Leib
ausgehen, daß die Geburt eines neuen Dracula dicht bevorsteht. Wer und was sich dahinter verbirgt, kann ich Ihnen nicht sagen. Zudem schätze ich, daß Sie damit nichts zu tun haben.«
»Das will ich auch hoffen, denn ich habe gedacht, daß die Zeiten vorbei sind.«
»Klar.« Auch Suko nickte ihr lächelnd zu.
Das Glas mit der makabren Füllung stand wieder auf dem Tisch.
Noch verschlossen, wobei es mir in den Fingern juckte. Ich wollte es liebend gern öffnen.
»Mach es«, sagte Suko, der den Wunsch wohl an meinen Augen abgelesen hatte.
Zunächst zog ich das Kreuz unter der Kleidung hervor. Matt und silbrig schimmernd lag es auf meiner Hand. Ein wundersamer Talisman, der mich schon aus zahlreichen lebensgefährlichen Situationen gerettet hatte. Wenn ich das alte Blut angriff, dann mußte ich es mit dem Kreuz versuchen. Daß das Blut magisch verseucht war, stand fest. Nur eine andere, stärkere Magie konnte ich dagegensetzen.
Suko drehte den Deckel auf. Er knirschte etwas, dann aber hatte er ihn in der Hand.
Mit einer Handbewegung bedeutete ich ihm, etwas Platz für mich zu schaffen. Vor dem Tisch blieb ich stehen. Seine seitliche Kante berührte meinen Körper.
Auch Wendy Wilde schaute zu. Ich hörte, daß sie heftig atmete.
Sie stand ebenfalls unter einem ungemein starken Streß.
Da ich nicht wußte, was passieren würde, hatte ich mich so hingestellt, daß ich mit meinem Körper Wendys Blick auf das Glas verwehrte. Sie hatte sich schon genug erschrocken und einiges hinter sich.
Ich brachte das Kreuz in die Nähe des Glases. Bisher hatte sich an seinem Äußeren nichts getan. Plötzlich leuchtete das Silber an verschiedenen Stellen auf.
Kleine Lichter schienen über das Kreuz hinwegzueilen. Sie zuckten, sie wanderten, und auch das Blut reagierte. Es kochte nicht, aber es bekam Dampf, der anfing, Blasen zu werfen.
Von unten her drückte die Kraft. Ich hörte das Brodeln. An der Oberfläche erschienen die dicken Blasen, die mit blubbernden Lauten zerplatzten und dünne Rauchfäden freigaben, die zitternd wie Zigarrenqualm der Decke entgegenstieg.
Noch hatte das Kreuz das Blut nicht berührt. Trotzdem entwickelte die Flüssigkeit gewisse Abwehrkräfte, und als das Silber über der Öffnung schwebte, war es soweit.
Plötzlich zischte die Flüssigkeit auf. Wie eine Woge schoß sie aus dem Gefäß in die Höhe.
Ich konnte im letzten Augenblick zurückzucken, ohne von den Tropfen erwischt zu werden.
Die Ladung klatschte unter die Decke.
Wendy heulte auf und drehte den Kopf zur Seite. Ich aber schielte nach oben.
Fettig schimmernd und wie eine dicke Klebemasse hing das Zeug an der weißen Decke. Ich rechnete damit, daß es nach unten rinnen würde, hatte mich jedoch geirrt.
Die Masse zog sich zusammen. Wir alle bekamen das Knistern mit, das diesen Vorgang begleitete. Das alte Blut kristallisierte und blieb unter der Decke wie ein rötlich schimmernder Rest kleben.
Wendy Wilde hockte wie erstarrt auf ihrem Stuhl. »Ich… ich kann es nicht begreifen«, hauchte sie. »Wie war es möglich?«
»Mein Kreuz. Zwei Magien, die aufeinandertrafen, wobei eine davon stärker war.«
»Ja, das habe ich gesehen.« Jetzt bewegte sie sich und nickte langsam. Sie schaute wieder gegen die Decke, sprang auf und fing an zu zittern. »Da, sehen Sie doch!«
Suko und ich fuhren herum. Die Vernichtung des alten Blutes war noch nicht beendet, der Vorgang lief weiter.
Die rötlich schimmernden Blutkristalle lösten sich genau dort auf, wo sie auch klebten. Sie verschwanden, aber sie ließen ein Erbe zurück, das sich unter der Decke als stinkender Rauch zusammenballte und allmählich zu einem Teppich wurde.
Wie gebannt starrten wir dorthin.
Suko schüttelte den Kopf, als er flüsterte: »Spinne ich, oder sehe ich dort tatsächlich ein Gesicht?«
»Es ist ein Gesicht«, gab ich ebenso leise zurück. Den Schauer konnte ich kaum zurückhalten, da ich die Züge kannte.
Sie gehörten Simon Arisis!
Dem Mann, der durch den Einsatz meines Kreuzes auf furchtbare Art und Weise gestorben war und von dem sich nun der noch vorhandene Rest endgültig auflöste.
Es stand kein Fenster offen, durch das der Rauch hätte abziehen können. Dennoch verschwand er und ließ einen Modergeruch zurück.
Wendy Wilde hatte sich wieder einigermaßen gefaßt. Sie drehte ihre Hände ineinander. »Ist es… ist es das gewesen?« hauchte sie.
»Ich hoffe ja.«
Sie hob die Schultern. »Nun verstehe ich mich, weshalb man mir das Blut geschickt
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