0569 - Teufel im Leib
Teller noch abkratzte, um auch die letzten Reste zu vertilgen. Mehr Suppe war leider nicht übriggeblieben. Er beschloß deshalb, seiner Frau zu sagen, daß sie öfter Erbsensuppe kochen sollte.
Sehr nachdenklich stand er auf, ging zum Fenster und schaute auf die nachtdunkle Straße. Zu sehen war nicht viel. Die Köpfe der Laternen verschwammen im Nebel. Fahrzeuge rollten nur wenige vorbei.
Er kam zu dem Entschluß, daß irgendein Unbekannter Will Mallmann im Ort behalten wollte. Also hatte dieser Unbekannte – es konnten auch mehrere sein – noch etwas mit dem Kommissar vor.
Das Telefon schrillte. Wie fast bei jedem Klingeln beschloß Huber, den Apparat leiser zu stellen. Er erschreckte sich ständig, bisher war es beim Vorsatz geblieben.
»Oberwachtmeister Huber, Polizeistation…«
»Ernst, hör mal zu.«
»Was willst du denn Ellie?« Er setzte sich und streckte die Beine aus.
»Ich mache mir Sorgen um den Kommissar.«
»Um Mallmann?«
»Ja, wen sonst?«
»Der kann sich schon allein zurechtfinden, keine Sorge.«
»Das glaube ich eben nicht, Ernst.«
»Dann nenne mir mal deine Gründe.«
»Er ist von einem Spaziergang nicht zurückgekehrt.«
»Na und?«
»Mallmann hatte mir versprochen, bei uns zu essen. Was ist daraus geworden? Nichts.«
»Es ist ja noch früh.«
»Das sagst du. Ich aber meine, daß der Kommissar seit über einer Stunde überfällig ist. So groß ist unser Ort auch nicht, daß er lange laufen muß, um ihn zu durchqueren.«
»Ach, das ist nicht tragisch. Er wird schon erscheinen, Ellie. Mach dir da keine Gedanken.«
»Tu ich aber.«
Huber seufzte, bevor er fragte: »Was kann ich dabei tun, liebe Ellie?«
»Das fragst du noch? Ihn suchen oder suchen lassen. Du bist Polizist. Es ist deine Aufgabe.«
»Ja, ja, wenn jemand eine Vermißtenanzeige stellt. Hör mal, Ellie, ich will mich nicht lächerlich machen. Ich danke dir für den Anruf, aber eine Suchaktion kann ich nicht starten. Außerdem komme ich hier vor zweiundzwanzig Uhr nicht weg. Du weißt doch, mein Kollege ist nicht da. Er wurde Vater.«
»Dann gratuliere ich ihm.« Er hörte Ellie Düsing tief einatmen.
»Ich wollte dich auch nur gewarnt haben.«
»Danke.« Huber legte auf und schaute nachdenklich gegen die alte Tapete. Daß ein Kommissar nicht zum Essen erschien, war eigentlich nicht ungewöhnlich. Das sein Wagen fahruntüchtig gemacht worden war, ließ die Tatsache in einem anderen Licht erscheinen.
Die Wirtin hatte er abwimmeln können. Besorgt allerdings war er schon, nur zeigte er es nicht. Huber hatte das Gefühl, als läge über dem Ort ein Dach aus Stahl, das sich allmählich senkte und dabei war, die Menschen zu zerdrücken…
***
Das lange Emporsteigen aus der Tiefe des Schachts hatte Will Mallmann hinter sich. Er merkte auch den Druck, der sich in alle Richtungen hin gleichmäßig ausbreitete und an einigen Stellen von einem harten Hämmern und Brennen unterbrochen wurde.
Das alles spielte sich in seinem Kopf ab. Vom Magen her stieg so etwas wie Übelkeit hoch. Am liebsten hätte er geschlafen, das aber ließen die Schmerzen nicht zu.
Dennoch dachte Mallmann über seine Lage nach, bevor er die Augen öffnete. Er wußte nur, daß ihn jemand erwischt hatte, als er spazierengegangen war. Kalt erwischt, der Hieb in den Nacken, damit war auch das Aus erfolgt.
Will öffnete seine verklebten Augenlider und schaute in eine flackernde, unruhige Welt, die sich aus Licht und Dunkelheit zusammensetzte und dabei irgendwo im leeren Raum zu schweben schien.
Er selbst fühlte sich als Mittelpunkt, der von allen Seiten gefaßt und getragen wurde.
Das Licht stammte aus keinen elektrischen Quellen. Die bizarre Schattenwelt bewegte sich jedesmal neu und schuf andere Figuren.
Mallmann kam damit nicht zurecht, sein Denkapparat arbeitete einfach zu schwach. Er mußte erst nachdenken, um anschließend festzustellen, daß er sich nicht im Freien befand.
In einem Haus, in einem Gebäude, irgendwo…
Will stöhnte, hob seinen rechten Arm an und faßte sich an die Stirn. Dort spürte er den kalten Schweiß auf den Fingerkuppen und das Hämmern hinter der Stirn.
Eines jedenfalls freute ihn.
Er konnte sich bewegen, war nicht gefesselt und glaubte wieder an eine Chance.
Allerdings ohne Waffe, denn die hatte man ihm abgenommen.
Klar, Bode war der Mann, der auf derartige Dinge achtete. Ein absoluter Profi in dem Job.
Endlich kam Will dazu, über gewisse Dinge nachzudenken. Er brachte den Kerzenschein mit einem Schloß
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