0569 - Teufel im Leib
später – over.«
Auch Bode verabschiedete sich und ließ das Gerät wieder verschwinden. Er wollte sich erneut seiner Arbeit zuwenden und die Kiste freilegen, als er etwas spürte.
Irgendwas störte ihn. Es war nicht zu greifen, höchstens ein Hauch, der ihn streifte und ihm gleichzeitig eine Warnung zuschickte.
Gefahr!
Bode drehte sich um. Blitzschnell kippte er die Waffe, klemmte den Kolben mit dem Ellbogen fest und zielte in den Nebel, aus dem eine Gestalt erschien.
Sie schritt den Hang hinab wie ein bleiches Gespenst, wurde von den Tüchern aus Dunst umweht und schien den Untergrund mit ihren Füßen kaum zu berühren.
Die Gestalt war kein Gespenst, denn daran glaubte Bode nicht. Es war eine Frau…
***
»Ich glaube, Sie sollten kommen, Mr. Sinclair.« Die Stimme des Arztes klang besorgt. »Ich möchte es nicht beschwören, aber es ist möglich, daß die Frau in der nächsten Stunde sterben wird. Sie besitzt so gut wie keinen Lebenswillen mehr.«
»War sie denn so schwer verletzt, Doc?«
»Eigentlich nicht. Es ist ein Rückfall. Vergessen Sie nicht, daß es Ihre Kugel gewesen ist, die…«
»Sie brauchen nicht mehr weiter zu reden. Ich kenne die Geschichte besser. Wo erwarten Sie mich?«
»Wann können Sie im Hospital sein?«
»In einer halben Stunde, wenn alles klappt.«
»Ja, beeilen Sie sich, Mr. Sinclair. Am Empfang werde ich warten. Mein Name ist Cramer.«
»Danke, Doc.«
Ich legte auf und schaute Suko an, der am Fenster stand und eine Tasse mit frisch aufgebrühtem Tee in der Hand hielt. »Um wen ging es eigentlich bei dem Anruf, John?«
»Gunhilla von Draben.«
»Ach.«
»Ja, sie liegt im Sterben.«
Suko legte die Stirn in Falten und schaute zu Boden. »Das darf doch nicht wahr sein.«
»Ist aber so. Der Arzt erklärte mir, daß kein Leben mehr in ihr steckt. Sie wird die folgende Stunde wohl nicht überleben, und sie will mich sprechen.«
»Ich verstehe das nicht. Die Operation verlief günstig.«
»Das meinte ich auch. Anscheinend hat sie einen Rückfall erlitten. Nun ja, ich hoffe, daß Dr. Cramer etwas übertrieben hat und sie es trotzdem schafft.«
»Soll ich mitfahren?«
Ich winkte ab. »Das schaffe ich schon allein. Halte du hier die Stellung.« An der Tür drehte ich mich noch einmal um. »Gunhilla von Draben und Arisis, irgendwie hatte ich das Gefühl, daß dieser Fall noch weitergehen wird. Der ist wie ein Eisberg.« Zur Unterstreichung meiner Wort malte ich ihn in die Luft. »Klein die Spitze, aber die Masse darunter, die haben wir noch nicht entdeckt.«
»Schlechte Gefühle?« fragte Suko.
»Verdammt schlechte sogar.«
»Ich werde hier auf dich warten.«
»Okay.«
Gunhilla von Draben und ihr Freund Simon Arisis hatten das Heiratsinstitut »Happy Years« betrieben. Dahinter jedoch verbarg sich eine Sippschaft, die Schwarzer Magie frönte und einen gewissen Weg für das Blut der alten Rasse vorbereiten sollte. Was ich darunter zu verstehen hatte, war mir bisher unklar. Wir hatten jedoch einen Hinweis bekommen. Ein blutig wirkendes D auf der Stirn des Simon Arisis. D – wie Dracula. Dieser Name war auch gefallen.
Gunhilla hatte von einer Vampirpest gesprochen, die über das Land hereinbrechen sollte. Das Blut der alten Rasse sollte wieder kochen. [1]
Darüber hatten wir uns natürlich Gedanken gemacht, waren jedoch zu keinem Entschluß gekommen.
Sich nachmittags mit dem Wagen durch den Londoner Berufsverkehr zu quälen, bedeutete eine Tortur, auf die ich verzichten konnte.
Deshalb nahm ich die U-Bahn.
Die »Tube«, wie sie bei uns genannt wird, brachte mich schneller ans Ziel.
Ich hockte auf dem schmalen Sitz in dem halbvollen Wagen und dachte wieder über den vergangenen Fall nach. Gunhilla von Draben war eine Person gewesen, die auffiel. Groß, graublond, eine starke Persönlichkeit, irgendwie alles beherrschend und auch respekteinflößend. Das Eheanbahnungsinstitut gab es nicht mehr, aber andere Dinge mußten aus der Tiefe der Vergangenheit hervorsteigen. Das Blut der alten Rasse, das D wie Dracula.
Gunhilla würde sterben, wie mir der Arzt gesagt hatte. Wollte sie noch einmal ihr schlechtes Gewissen erleichtern und mir weitere Hinweise geben?
Es wäre nicht schlecht gewesen. Was das Blut der alten Rasse anging, so traten wir auf der Stelle.
Ich mußte fünf Stationen fahren und konnte den Rest zu Fuß gehen. In South Kensington stieg ich aus und ging bis zu meinem Ziel.
Es regnete mal nicht. In der Nacht hatte es gefroren, doch inzwischen war die
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