0575 - Vampir-Gespenster
es wirklich, oder bilde ich mir das ein, Junge?«
»Nein, Dad, du bildest es dir nicht ein. Ich stehe tatsächlich vor dir. Ich bin nach Lauder gekommen.«
»Ja, das bist du. Leider zu spät – leider…«
»Abwarten.«
Mein Vater holte tief Luft. »Ich habe einen Fehler gemacht, Junge, einen großen sogar. Ich hätte deinem Wunsch nicht nachkommen und im Haus bleiben sollen.«
»Welchem Wunsch?«
»Das Treffen meine ich. Deine Mutter und ich sollten uns in den Wagen setzen und zu einer bestimmten Stelle im Hochsumpf fahren, wo wir uns gemeinsam treffen sollten.«
»Ich habe euch verständigt.«
»Ja, durch ein Telegramm.«
»Nein, nie!«
»Doch, aber.«
Ich ging einen Schritt zurück. »Okay, Dad, lassen wir das mal weg. Wo ist Mutter?«
»Weiß ich nicht.«
»Aber sie ist mit dir gefahren?«
»Das schon.«
McDuff und Suko wußten, daß die Unterhaltung nur uns beide anging. Sie hielten sich dementsprechend zurück. Allerdings stand auf ihren Gesichtern ebenfalls die Sorge geschrieben.
»Also, Dad. Mutter ist mit dir gefahren. Das weiß ich mittlerweile. Aber wie ging es weiter?«
»Wir trafen einen Zigeunerwagen.«
»Das ist er!« rief McDuff. »Das genau ist er, verdammt. Der Wagen war auch hier.«
»Schon gut.« Ich winkte ihm zu. »Und wie ging es weiter, Dad?«
»Es war schlimm. Ich bin nicht einmal dazu gekommen, mit den beiden zu reden. Der Mann saß noch auf dem Bock, als ich an ihn herantrat.« Mein Vater senkte den Blick und wischte über seine Augen. »Dann passierte es. Er trat einfach zu, als er noch auf dem Kutschbock saß. Ein Tritt, dem ich nicht ausweichen konnte. Am Kinn und am Hals wurde ich erwischt und fiel. Ich war sofort bewußtlos, wie du dir vorstellen kannst.«
»Was war, als du wieder zu dir kamst, Dad?«
»Nichts war. Ich fühlte mich elend.« Er redete leise. »Aber deine Mutter war verschwunden.«
»Nur sie?«
»Nein, auch der Wagen mit den beiden Unbekannten. Ich habe das Paar nie zuvor gesehen. Ich kann mir nicht vorstellen, was es von uns wollte. Es war alles so schlimm und durcheinander, John. Tut mir leid, daß ich dir nicht helfen kann. Ich wollte nur in den Ort. Zu Fuß hätte ich es nicht geschafft. Und jetzt bist du hier. Was wolltest du von uns? Weshalb sollten wir uns treffen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Dad, es war eine Falle. Ich habe dir die Nachricht nicht zukommen lassen. Ich habe wirklich damit nichts zu tun.«
»Wer dann?«
»Wenn ich das wüßte.«
Mein Vater starrte ins Leere. Er hielt den Kopf gesenkt. Er dachte an seine Frau, ich an meine Mutter, gleichzeitig spürte ich, wie die drückende Furcht immer neue Nahrung bekam. Die Entführung war eiskalt geplant gewesen. Jemand trieb mit uns ein gefährliches, heimtückisches Spiel, und ich konnte mir vorstellen, daß Will Mallmann dahintersteckte. Die Hinweise auf die Blutsauger waren unverkennbar.
Mein Vater hob den Kopf. »Hast du eine Erklärung, John? Bitte, sag etwas!«
»Ich weiß es nicht, Dad. Tut mir leid, ich weiß nicht genau, wer oder was dahintersteckt.«
»Aber du bist so rasch hier. Und Suko auch. Das muß eine Verbindung gegeben haben.«
»Indirekt schon«, gab ich zu. »Ja, es gab eine Verbindung, und die ist verdammt schlimm.«
»John, was steckt dahinter?«
»Genaues kann ich dir nicht sagen, Dad. Ich rechne damit, daß wir es mit Vampiren zu tun bekommen.«
Mein Vater horchte auf. »Mit Vampiren? Das wäre doch nicht weiter tragisch. Selbst ich habe einen erledigen können. Du warst dabei, John. Damit werden wir fertig.«
»Im Prinzip schon, Dad. Nur sind die Vampire, die ich meine, anders, wenn du verstehst.«
»Nein.«
»Sie sind wesentlich gefährlicher. Sie sind grausam, sie sind hinterlistig, sie sind gemein. Sie werden alles daransetzen, uns in ihr Schattenreich zu ziehen.«
»Dann weißt du, wer dahintersteckt? Kennst du dieses Paar, das auf dem Kutschbock gesessen hat?«
»Nein, das nicht.«
»Aber ich kenne die beiden, Horace!« erklärte McDuff.
»Du? Woher?«
»Die beiden waren hier im Ort. Bei Cilly erkundigten sie sich nach euch und danach, ob wir Blut hätten. Eine verrückte Frage. Ich weiß auch nicht, weshalb sie gestellt wurde.«
»Das will ich Ihnen sagen.« Suko gab die Antwort. »Sie wollten eine Spur legen, die beiden wollten uns eine Falle stellen. Alles was wir erleben, ist eine Falle.«
»Und die ist zugeschnappt!« flüsterte mein Vater. »Deine Mutter, John, steckt darin.« Er strich behutsam über seinen
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