058 – Das Gift des Rings
nachzugeben.
Parleen wischte über ein Sensorfeld, was die Anzeige erlöschen ließ. »So komme ich nicht weiter. Ich werde eine Anfrage an das medizinische Archiv auf der Kristallwelt vorbereiten. Was dort nicht verzeichnet ist, gibt es nicht.«
»Ich werde Ihre Anfrage gern mit meinem Identifikationsschlüssel beschleunigen. Die Familie da Gonozal ist einflussreich.«
»Das könnte helfen.« Parleen wandte sich zum Ausgang.
»Darf ich zu Denurion hinein? Ich würde ihm gern persönlich beistehen.«
Parleen musterte ihn. Bizarrerweise fühlte sich Charron von dem blinden Auge strenger geprüft als von den beiden gesunden.
»Benutzen Sie die Desinfektionsdusche.«
Das hätte Charron ohnehin nicht vermeiden können. Die Vorrichtung war im Durchgang zwischen Labor und Patientenzimmer eingebaut und nebelte ihn ein, sobald er die Schleuse betrat. Der Geruch erinnerte ihn an ein Chemiewerk. Sofort trockneten seine Atemwege aus. Er hustete. Nachdem der Dampf abgesogen war, knisterten elektrische Entladungen um ihn herum. Erst dann öffnete sich die zweite Tür.
Aus der Nähe konnte Charron erkennen, dass Denurions Haut keineswegs glatt war. Unzählig viele kleinste Erhebungen standen heraus. Wie bei einem gerupften Vogel. Der Gedanke an ein geschändetes, auch des primitivsten Schutzes seiner Intimsphäre beraubtes Wesen schnürte Charron die Kehle zu.
Sein Blick glitt zu den drei Sehwulsten, über das ovale Hörorgan und verharrte bei der zitternden Hautfläche, die die Nährpaste nicht aufzunehmen vermochte. »Ich habe zu schnell an deine Genesung glauben wollen, Freund. Ich hätte dich gründlicher untersuchen sollen. Als die Vergiftung noch nicht so weit fortgeschritten war.«
Die Robotarme schienen ihre Aufgaben abgearbeitet zu haben. Sie hingen jetzt reglos unter der Decke.
Charron streckte die Hand aus. Er führte sie über den Bereich, auf dem die Nährlösung aufgetragen war, dann zu einem freien Stück Haut. Er traute sich nicht, den Körper zu berühren.
Denurion kannte diese Zurückhaltung nicht.
Begleitet von einem gluckernden Geräusch formten sich Beulen unter Charrons Hand. Sie wuchsen in die Höhe. Ein Vorgang, umgekehrt zu schmelzendem Wachs. Das Pseudopodium, wenig mehr als ein formloser Klumpen, umfloss Charrons Finger und übte einen sanften Druck auf sie aus. Denurions Körper war unerwartet kalt.
Charron schluckte.
Täuschte er sich, oder richteten sich die Sehwulste auf ihn aus? Unverkennbar war das Zittern, das durch den Plasmakörper lief. Charron schauderte.
»Denurion, ich ...« Wieder schluckte er. »Ich bin so froh, dass du lebst!«
»Leben ist schön, abenteuerlich, unerwartet«, gab der Xisrape zurück. Seine Stimme erinnerte an das Blubbern von kochendem Wasser. »Auch Orcast findet das Leben, das Atmen, das Sehen schön.«
»Orcast? Orcast XXII? Du sprichst vom Imperator?« Er legte die zweite Hand über das Pseudopodium.
»Orcast ist mein Freund, mein Gefährte, mein Gönner. Er ist lieb. Er tut manchmal gemeine Sachen, aber das will er nicht, tut er unwillig, würde er gern vermeiden.«
Charron sah über seine Schulter. Das Labor war leer. Eigentlich hatte er warten wollen, bis Denurion gesund war, um ihn nach dem Schicksal des Imperators zu befragen. Aber konnte er so lange warten? Nach Parleens Bericht war Denurions Überleben keineswegs sicher.
Skeptisch betrachtete er die Öffnungen in der Decke. Wenn der Patient akustisch überwacht wurde, wurde auch dieses Gespräch aufgezeichnet. Wenn Denurion so viel wusste, wie Charron hoffte, würde er diese Aufzeichnung löschen müssen. Aber wie? Könnte Tira ihm dabei helfen? Oder Ihin? Sie hatte mehr Erfahrung mit solchen Dingen.
Denurions Griff wurde fester, beinahe schmerzhaft, als ein heftiges Zittern durch seinen Körper lief. Pseudopodien bildeten sich aus und fielen wieder in sich zusammen. Dann lag er still. Die Sehwulste blieben auf Charron gerichtet.
Er konnte sich jetzt nicht um Probleme kümmern, die er in den nächsten Tagen würde lösen müssen. Charron war zu weit gegangen, um diese Chance ungenutzt verstreichen zu lassen. Auch sein Mitleid mit dem Verwundeten durfte nicht zwischen ihm und seinem Ziel stehen. Er konnte Denurion jetzt keine Ruhe gönnen. Und vielleicht half die Erinnerung ihm sogar dabei, ins Leben zurückzufinden.
»Erzähl mir von deinem Freund, Denurion. Vom Imperator. Wann war Orcast gemein zu dir?«
Ich will nicht mehr hier sein. Die TAI ARK'TUSSAN ist nur eine große
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