058 - Der Duft von Sandelholz
Lichtung.
„Da sind Enten, tatsächlich", murmelte Derek.
Lily und er lächelten einander liebevoll zu, dann blickten sie beide auf den großen, stillen See vor ihnen.
Tatsächlich war dort eine große Schar von Enten versammelt, die versuchten, sich für die Nacht unter den Weiden am Ufer einzurichten.
Sterne spiegelten sich auf der dunklen, gläsernen Oberfläche des Sees. Nach der Qual, die sie in den Flammen und in dem Rauch erlebt hatten, erschien ihnen dieser Anblick geradezu himmlisch.
„Hast du je etwas Schöneres gesehen als das?", fragte Lily und sah zu, wie eine leichte Nachtbrise die Wasseroberfläche sanft bewegte.
„Ja."
Als sie sich zu Derek umdrehte, merkte sie, dass er sie ansah.
Sie lächelte ihm zu, wobei sie errötete.
Er lächelte zurück. Der See bot jedoch eine zu große Verlockung, als dass Derek ihr widerstanden hätte, nachdem er beinahe im Feuer umgekommen wäre.
Er ließ ihre Hand los und zog sich das Hemd über den Kopf. „Ich gehe ins Wasser hinein", erklärte er voller Vorfreude.
„Oh!", rief Lily und blinzelte bei dem verwirrenden Anblick seines herrlichen Körpers im silbernen Mondlicht.
„Du kommst mit", erklärte er, dann zwinkerte er ihr zu und ging voran.
„Ich ..." Lily wollte ihm zu verstehen geben, dass sich das nicht gehörte. Aber schließlich dachte sie daran, wie sie in der Nacht des Maskenballs gezögert hatte.
Damals hatte sie sein Angebot abgelehnt, mit der Gondel auf den See hinauszufahren und schwimmen zu gehen - nackt, wie er damals so kühn erklärt hatte.
Aber sie war nicht mehr dieselbe Frau, nicht mehr die angespannte, verängstigte, eingesperrte Kreatur.
Ihn zu kennen, hatte sie verändert. Seinetwegen musste sie sich nicht länger verstecken.
Das Schicksal hatte ihr eine neue Chance gegeben, und diesmal wollte sie sie wahrnehmen.
„Nun?", fragte Derek vom Rand des Wassers her, wo er auf einem Bein stand, um sich den Stiefel auszuziehen.
Sie lächelte. „Major, ich gehorche." Damit löste sie das letzte Band, das ihr Haar noch hielt, und schüttelte die Locken, die ihr jetzt um die Schultern fielen. Danach ging sie an ihm vorbei zum Ufer und begann, sich das Kleid auszuziehen.
Er sah ihr nach, mit offenem Mund, dann stieß er hervor: „Oh, damit bin ich einverstanden."
Sie sah ihn über die Schulter hinweg an, als sie sich das Kleid über den Kopf streifte.
Erstaunt ließ er den Blick über ihren Körper gleiten. Lily gefiel das Verlangen, das sie in seinen Augen las. Aber als sie wieder auf den See hinausblickte, wurde ihr klar, wohin all das hier führen würde - und sie erinnerte sich an das Geheimnis, von dem sie geschworen hatte, es niemandem zu verraten.
Sie hielt inne und presste mit beiden Händen ihr zerrissenes Mieder zusammen.
Ihr früherer Plan, Edward wegen ihrer nicht mehr vorhandenen Unschuld anzulügen, war eine Sache - aber Derek war nicht Ed Lundy. Sie sehnte sich danach, mit dem Major eins zu werden. Gerade jetzt fühlte sie sich ihm so nahe, nach allem, was sie gemeinsam erlebt hatten. Und sie vertraute ihm.
Hoffentlich nicht vergebens.
Sie wusste, dass der Moment der Wahrheit gekommen war. Sie wünschte, sie könnte es leugnen. Sicher war es jetzt kein guter Zeitpunkt, ihn mit etwas so Anstrengendem zu belasten, nachdem er um ein Haar bei lebendigem Leib verbrannt worden wäre. Aber sie konnten erst vereint sein, wenn sie ihr entsetzliches Geheimnis gelüftet hatte. Und sie wollte mit ihm vereint sein.
Sie beide verlangten danach, Erfüllung miteinander zu finden.
Das würde sich nicht verhindern lassen. Und sie liebte und respektierte ihn zu sehr, um auch nur zu versuchen, ihn zu hintergehen.
Aber was würde er sagen?
Sie wusste es nicht, aber irgendwie gelang es ihr, all ihren Mut zusammenzunehmen.
Falls er sie deswegen nicht lieben konnte, dann wäre es am besten, das jetzt zu erfahren. Wenn er sie wegen ihres Fehltritts abwies, würde sie ihre Kleider aufsammeln - und das, was von ihrem Herzen noch übrig sein mochte, nachdem er es gebrochen hatte.
Sie spürte, wie Derek sie ansah. „Was ist los, meine Schöne?"
Lange sagte sie nichts und hielt einfach nur die Augen geschlossen. Bitte, lieber Gott, flehte sie, mach, dass er mich nicht hasst. Das hier war weitaus schwerer und beängstigender, als in einen brennenden Stall zu laufen.
„Lily?" Er war jetzt an sie herangetreten. Er legte behutsam eine Hand auf ihre Schulter und drehte sie zu sich herum. „Liebste, was ist los?"
Sie sah ihn an
Weitere Kostenlose Bücher