0582 - Das Monstrum
mir.«
»Der einzige?«
»Ich hatte mal zwei. Mit einem ging ich pleite. Nun ja, die Zeiten sind nicht rosig.«
Ich lächelte. »Jedenfalls haben Sie die Vorstellung ausverkauft, obwohl nur drei Zuschauer anwesend sind. Wie sieht es eigentlich mit ihren Projektoren aus? Sind die auch noch altertümlich, oder läuft alles automatisch ab?«
»Automatisch«, erklärte er. »Das habe ich investiert. Ich brauche nicht dabei zu sein.«
»Immerhin etwas.«
Das Foyer machte tatsächlich auf mich einen nostalgischen Eindruck. Hinter der Glastür begann der abgewetzte Steinboden. Die halbrunde Treppe, die in der Mitte durch ein Geländer geteilt war, führte zur Glastür hoch. Man konnte zwei Flügel aufstoßen. Die Griffe waren aus dem gleichen Material gefertigt wie der Treppenhandlauf. Das Messing schimmerte wie Gold.
Vier führten in einem Halbrund zur Eingangstür hoch.
Zwei Kassen lagen sich hinter der Eingangstür gegenüber. Eine war vernagelt worden. Ein Plakat klebte auf der Holzfläche. Heute brauchte man nur eine Kasse.
Ich ging einige Schritte hin und her. Auch die Beleuchtung hatte sicherlich ihre Jahre auf dem Buckel. Sie sah aus, als würde sie aus den Fünfzigern stammen, wie eben das kleine Kino mitten in Soho und trotzdem etwas abseits gelegen. An den Wänden brannten Schalenlampen, unter der Decke leuchtete so etwas wie ein Lüster.
»Gehen wir hinein?« fragte Suko.
Ich nickte.
»Soll ich dann den Film abfahren?« erkundigte sich Patterson.
Ich winkte ab. »Noch nicht. Wir möchten uns etwas umschauen, wenn Sie verstehen.«
»N… nein.« Er lächelte hölzern. »Seien Sie mir nicht böse, aber irgendwie komme ich mit Ihrem Besuch nicht zurecht. Ebenfalls nicht mit dieser Vorführung. Es ist doch alles mehr als ungewöhnlich, oder meinen Sie nicht auch?«
»Da haben Sie recht.« Melody Ingram nickte ihm zu. »An mich können Sie sich nicht erinnern. Und auch nicht an Suko?« Sie deutete auf den Inspektor.
Patterson fummelte an seiner Brille. Als Gestell diente ein gelbes Drahtgeflecht. »Ich wollte es vorhin nicht sagen, Sie kommen mir schon bekannt vor.«
»Es liegt drei Jahre zurück«, sagte unsere Kollegin.
»Da haben Sie auch…«
»Nicht nur das, Mr. Patterson. Wir haben oder wir waren diejenigen, die den Kino-Killer stellten.«
Patterson verlor an Farbe. Seine Lippen zuckten. Plötzlich schwitzte er. »Diese Geschichte also.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich wollte sie vergessen, Miß. Einfach vergessen. Es war so schrecklich. Damals standen ich und mein kleines Kino im Mittelpunkt. Es war eine beschissene Reklame.«
»Mord eignet sich nicht als Werbung«, sagte ich, »obwohl es einige Menschen gibt, die es anders sehen.«
»Dann waren Sie der Mann, der hinter dem Killer hergerannt ist, nicht wahr?«
Suko nickte.
»Sind Sie alle von der Polizei?«
»Klar.« Jetzt kamen wir dazu, unsere Namen zu nennen. Die Vorstellung übernahm ich.
Patterson überlegte. Wir konnten fast schon sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Er fand keinen Zusammenhang zwischen den Ereignissen vor drei Jahren und den heutigen. »Der Kino-Killer ist doch tot«, sagte er flüsternd. »Wenn ich mich recht erinnere, rannte er vor einen Lastwagen.«
»Stimmt.« Suko nickte.
»Wir brauchen also keine Angst davor zu haben, daß er zurückkehrt, wenn wir den Film zeigen.« Seine Stimme wurde immer leiser. Beim letzten Wort versiegte sie sogar.
»Vielleicht.«
Patterson erschrak. »Sind Sie sich nicht sicher?«
»Wir wissen es nicht. Jemand hat uns angerufen und gesagt, daß wir uns den Film anschauen sollen, Mr. Patterson. Sie kennen den Mann nicht, wir auch nicht. Ob es der Mörder ist…«, Suko hob die Schultern. »Wer kann das schon sagen!«
Pattersons Rechte fuhr hoch zur Kehle und strich über die dünne Haut. Wir sahen, wie er schluckte. »Komisch ist mir schon, wenn ich ehrlich sein soll.«
Von dem mörderischen Grabstein schien er nichts gehört zu haben. Wir sahen auch keinen Grund, ihn darüber aufzuklären.
Ich kam noch einmal auf den Anrufer zu sprechen. »Haben Sie die Stimme nicht erkannt. Mr. Patterson?«
»Nein.«
»Kam sie Ihnen denn bekannt vor?«
Er runzelte die Stirn und schob wieder seine Brille zurecht. »Eine gute Frage, Mr. Sinclair, wirklich. Sie werden lachen, aber darüber habe ich bereits nachgedacht.«
»Kamen Sie zu einem Ergebnis?«
»Ja und nein. Die Stimme habe ich schon mal gehört«, erklärte er mit Bestimmtheit. »Fragen sie mich nur nicht, wo das
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