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06 - Denn keiner ist ohne Schuld

06 - Denn keiner ist ohne Schuld

Titel: 06 - Denn keiner ist ohne Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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wäre eine Möglichkeit. Aber für ihre Mutter war Isolation immer noch äußerst wichtig.«
    Bei diesen Worten hob Deborah den Kopf. Sie setzte zum Sprechen an, unterbrach sich dann aber gewissermaßen selbst, beinahe mit Gewalt, wie es schien.
    »Ich finde es merkwürdig«, fuhr Lynley fort, »daß Juliet - oder Susanna, wenn ihr wollt - keine Entscheidung erzwungen hat. Schließlich wußte sie doch, daß das einsame Leben in Cotes Hall sehr bald ein Ende haben würde. Sobald die Renovierungsarbeiten beendet gewesen wären, wäre Brendan Power mit seiner Frau...«
    Er unterbrach sich mitten im Satz. »Natürlich«, sagte er.
    »Sie war der mutwillige Zerstörer, der in Cotes Hall sein Unwesen getrieben hat«, sagte St. James.
    »Sie muß es gewesen sein. Wenn das Haus bezogen worden wäre, wäre für sie die Gefahr, gesehen und erkannt zu werden, gewachsen. Sie mußte damit rechnen, daß Power und seine Frau Gäste empfangen würden: Familienangehörige, Freunde, Besucher von außerhalb.«
    »Ganz zu schweigen vom Pfarrer.«
    »Diesem Risiko wollte sie bestimmt aus dem Wege gehen.«
    »Aber sie muß doch den Namen des neuen Pfarrers, lange bevor er selbst eintraf, erfahren haben«, sagte St. James.
    »Hätte sie sich nicht irgendeinen zwingenden Grund einfallen lassen können, um zu entkommen?«
    »Vielleicht wollte sie das. Aber der Pfarrer ist erst im Herbst nach Winslough gekommen. Da war Maggie schon in der Schule. Wenn sie - Juliet, meine ich - sich wirklich erst kurz vorher aus Liebe zu Maggie bereit erklärt hatte, im Dorf zu bleiben, wäre es schwierig gewesen, so plötzlich einen plausiblen Vorwand zur Flucht aus dem Ärmel zu schütteln.«
    Deborah stellte das Milchkännchen ab und schob es weg. »Tommy«, sagte sie mit so mühsam beherrschter Stimme, daß sie bis aufs äußerste gespannt klang, »ich verstehe nicht, wie du dir deiner Sache so sicher sein kannst.«
    Als Lynley sie ansah, sprach sie schnell weiter. »Vielleicht hatte sie es gar nicht nötig zu fliehen. Was für einen Beweis hast du denn tatsächlich dafür, daß Maggie nicht ihre leibliche Tochter ist? Sie könnte es doch sein, nicht wahr?«
    »Das ist unwahrscheinlich, Deborah.«
    »Aber du ziehst Schlüsse, ohne sämtliche Fakten zusammenzuhaben.«
    »Was für Fakten brauche ich denn noch?«
    »Was wäre, wenn...«
    Deborah ergriff ihren Löffel und umklammerte ihn, als wollte sie damit auf den Tisch schlagen, um ihr Argument zu unterstreichen. Doch dann legte sie ihn nieder und sagte entmutigt: »Ich nehme an, sie... ach, ich weiß nicht.«
    »Ich denke, eine Röntgenaufnahme von Maggies Bein wird zeigen, daß es einmal gebrochen war, und eine Untersuchung der Erbanlagen wird den Rest belegen«, erklärte Lynley.
    Zur Antwort stand sie auf, schob sich das Haar aus dem Gesicht. »Ja. Hm. Also, ich - seid mir nicht böse, aber ich bin ein bißchen müde. Ich glaube, ich gehe nach oben. Ich - Nein, bitte, Simon. Du und Tommy habt bestimmt noch eine Menge zu reden. Bis später. Gute Nacht.«
    Sie war gegangen, ehe die beiden reagieren konnten. Lynley sah ihr verwundert nach und fragte St. James: »Habe ich etwas gesagt?«
    »Nein, nein.«
    St. James blickte nachdenklich auf die Tür. Er glaubte, Deborah werde es sich anders überlegen und zurückkommen. Als das nicht geschah, wandte er sich wieder seinem Freund zu. Ihre Gründe, Lynleys Schlußfolgerungen in Frage zu stellen, waren vielfältig, das wußte er, aber Deborah hatte mit ihren Argumenten nicht ganz unrecht. »Warum hat Juliet nicht einfach geblufft?« fragte er. »Warum hat sie nicht einfach behauptet, Maggie sei ihr leibliches Kind, die Frucht einer Liebschaft?«
    »Das habe ich mich zunächst auch gefragt. Denn es wäre logisch gewesen. Aber Sage war zuerst Maggie begegnet, das darfst du nicht vergessen. Ich nehme an, er wußte, wie alt sie war, so alt, wie sein Sohn Joseph gewesen wäre. Juliet hatte also keine Wahl. Sie wußte, daß sie ihn nicht täuschen konnte. Sie konnte ihm nur die Wahrheit sagen und das Beste hoffen.«
    »Und hat sie das getan? Ihm die Wahrheit gesagt?«
    »Ich denke, schon. Die Wahrheit war schließlich dramatisch genug: ein unverheiratetes Teenager-Pärchen mit einem Säugling, der bereits einen Schädelbruch und einen Beinbruch erlitten hatte. Ich bin überzeugt, sie hat sich als Maggies Retterin gesehen.«
    »War sie ja vielleicht auch.«
    »Ich weiß. Das ist ja das Tragische. Sie war vielleicht wirklich Maggies Retterin. Und ich nehme an, das war

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