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060 - Der Henker von London

060 - Der Henker von London

Titel: 060 - Der Henker von London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter T. Lawrence
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tatsächlich dieses Ungeheuer von London war, wer war dann der Mann mit der Stimme? Ich erinnerte mich plötzlich daran, daß er einmal gesagt hatte, er sei die alte und die neue Welt. Und er würde mich schaffen!
    Gewißheit, das war es, was ich haben mußte. Endlich Gewißheit! So jedenfalls konnte ich nicht mehr weiterleben!
    „John“, sagte Claudia. „Ich fragte dich, ob du das schwörst?“
    „Ich schwöre es“, antwortete ich. Dabei wußte ich nicht einmal mehr, was ich gerade geschworen hatte.
     

     
    Dr. Tracy freute sich, daß es mir schon wieder besserging. Mit stolzem Lächeln gab er mir wieder eine seiner „Wunderspritzen“. Er blieb noch eine Weile, wir tranken Kaffee zu dritt. Dann ging er, nachdem er mir versprochen hatte, sobald wie möglich einen Masseur für mich zu besorgen, der mich wieder fit machen sollte.
    Claudia begleitete ihn zur Tür. Ich rief zum zweiten Mal an diesem Morgen im Yard an, erkundigte mich nach Potter. Aber der Sergeant war immer noch nicht im Dienst erschienen. Und auch zu Hause hatte er sich nicht sehen lassen. Dan begann sich ernstlich Sorgen zu machen. Er versprach, mich sofort zu benachrichtigen, wenn Potter sich meldete, und legte auf.
    Claudia kam zurück. Sie setzte sich neben mich. Ich ergriff ihre Hände, drückte sie fest. Die Wärme dieser Hände tat mir gut, gab mir Glück, Geborgenheit. Es gab etwas, wofür ich leben wollte. Etwas, für das es sich zu kämpfen lohnte.
    „Du machst dir Sorgen wegen Potter, nicht wahr?“ fragte sie.
    Ich nickte. „Ja, er ist immer noch nicht aufgetaucht.“
    „Vielleicht ist er irgendwohin unterwegs.“
    „Weil ihn eine Stimme weggelockt hat?“ Ich lachte gekünstelt. „Es war unverantwortlich von mir, ihn zu bitten, daß er über Nacht hier bleibt. Irgendwas geht nicht mit rechten Dingen zu. Und das bereitet mir eine Menge Sorgen. Die Sache mit Potter hätte nicht noch unbedingt dazukommen müssen.“
    Sie sah mich an. Entschlossen, als würden keine zehn Pferde sie von ihrem Vorhaben abhalten können, sagte sie: „Wir beide werden heute nacht zusammenbleiben, John. Vielleicht finden wir dann die Lösung.“
    „Wir sind zu wenig. Es müßten noch ein paar Leute dabei sein. Je mehr sich verbünden, um so größer ist die Kraft, die sich gegen das Böse in diesem Haus auflehnt …“ Plötzlich schwieg ich überrascht. „Das Böse in diesem Haus“, wiederholte ich dann sehr langsam. „Verdammt, daß ich darauf noch nicht gekommen bin! Das könnte die Lösung sein!“
    „Wie meinst du das?“
    Ich sprang auf, zuckte unter dem leichten, stechenden Schmerz in den Gelenken zusammen und ging dann rasch zu meinen einstmals geliebten, alten Büchern. Eine Weile suchte ich in den Regalen. Buch für Buch ging ich die Schränke durch, dann hatte ich gefunden, was ich suchte. Das Buch der schwarzen Richter stand in verschnörkelter Schrift auf dem ersten Blatt des in Leder eingebundenen Werkes. Ich begann zu blättern, vergaß für Minuten die Welt um mich herum und all das Schreckliche, um das meine Gedanken seit Tagen kreisten.
    Hinter mir spürte ich eine Bewegung, eine Hand legte sich auf meine Schulter. Sie duftete nach Sandelholzseife.
    „Was ist das für ein Buch, John? Hat es etwas mit – uns zu tun?“
    „Vielleicht“, antwortete ich heiser vor Aufregung. „Hier finde ich vielleicht die Wurzel allen Übels, die Lösung. Und wenn wir erst den Grund für die seltsamen Geschehnisse kennen, dann wird es leichter sein, dagegen anzugehen. Das Buch habe ich einmal in Schottland gekauft. Bei einem Trödler und für einen wahren Spottpreis. Darin sind sämtliche Scharfrichter Londons aufgeführt, die bis 1789 ihrem grausigen Dienst nachgingen. Das Buch ist 1789 erschienen.“
    Claudia sah mich aus aufgerissenen Augen an.
    „Du glaubst doch nicht, daß …?“
    Ich klappte das Buch wieder zu. „Doch“, antwortete ich leise. „Ich glaube, daß das Monstrum, das Verbrecher jagt, in irgendeiner Weise mit einem der in diesem Buch aufgeführten Henker zu tun hat.“
    Ich ließ mich stöhnend in einen Sessel sinken und begann das Buch sorgfältig durchzublättern. Seite für Seite. Jedem der einstigen Männer war eine Seite gewidmet; Sie alle beschrieb man als Henker der Gerechtigkeit oder Vollstrecker des Volkes. Kalte Gruselschauer liefen mir über den Rücken, als ich die Zeilen überflog. Da gab es einen Henker, den man „Drogan den Grausamen“ nannte. Sein Beil war gefürchteter als der Giftzahn einer Schlange,

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