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0607 - U-Bahn ins Jenseits

0607 - U-Bahn ins Jenseits

Titel: 0607 - U-Bahn ins Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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mich der Stoß brutal vom Trittbrett reißen.
    Deshalb preßte ich mich noch um eine Idee enger an die geschlossene Tür und raste weiter mit dem verdammten Zug ins Nirgendwo. Was in der einen Richtung war, konnte es auch in der anderen geben. Also keinen festen Platz, keine normale Welt, keinen Halt, eingehüllt von Nebelschwaden und inmitten einer nicht erklärbaren Welt.
    Die Beleuchtung im Wagen brannte weiter. Kein Flackern, kein Zucken, sie blieb völlig normal und sorgte dafür, daß die Leere irgendwo noch leerer wirkte.
    »Hören Sie auf. Gehen Sie!«
    Ich schrak zusammen, als ich die Frauenstimme hörte. Sie war in meiner Nähe aufgeklungen. Wegen des Fahrtwindes riskierte ich es nicht, den Kopf zu drehen, zudem wollte ich mich auch nicht hektisch bewegen, aber ich hörte das der Bemerkung folgende Lachen ebenso laut und deutlich. Es erreichte meine Ohren wie ein Trommelstoß, und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten.
    »Bist selbst schuld, Süße, daß du hier im Wagen hockst. Dazu noch allein.«
    »Ich möchte mir Ihre Belästigungen ersparen. Gehen Sie, stellen Sie sich woanders hin.«
    »Jeder kann stehen, wo er will, merk dir das.«
    »Dann gehe ich.«
    Wieder hörte ich das Lachen des Mannes und vernahm auch die Schritte der Frau.
    Ich mußte einfach darüber nachdenken und kam zu dem Entschluß, eine völlig »normale« Unterhaltung mitbekommen zu haben. Normal nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Stimmen, denn sie hatten sich angehört, als wäre es eine Szene gewesen, die sich dicht vor meinen Augen innerhalb des beleuchteten Wagens abspielte.
    Was konnte das bedeuten?
    Es gab nur eine Erklärung. All die Personen in der U-Bahn saßen auch jetzt noch dort. Allerdings nicht sichtbar für mich. Eine Magie hatte sie verschwinden lassen.
    Trotz allem fiel mir ein Stein vom Herzen. Dieses Gespräch hatte mir bewiesen, daß die Fahrgäste nur verschwunden, aber nicht getötet worden waren.
    Noch immer rasten wir durch den Nebel. Die Kette der Wagen schwankte und schaukelte. Oft genug mußte ich hart zupacken, um nicht vom Trittbrett geschleudert zu werden.
    Mit einer sehr vorsichtigen Drehung bewegte ich den Kopf nach links, weil ich in die Welt hineinschauen wollte, durch die wir jagten. Noch hielt sich der Nebel, flogen die Fetzen an mir vorbei und huschten über den Körper.
    Ich hatte mich orientieren können.
    Sah plötzlich etwas als lange, nach oben wachsende Schatten aus dem Nebel erscheinen. Das mußten Signalmasten sein.
    Hatten wir die Welt verlassen?
    Unwillkürlich löste sich ein Schrei von meinen Lippen, als einer der Masten hautnah an mir vorbeiraste und mich beinahe noch berührt und vom Trittbrett gerissen hätte.
    Ich preßte mich wieder fester gegen das Metall der Tür und hörte ein Fauchen, wobei sich im gleichen Moment die Luft zwischen mir und einem Hindernis dermaßen verdichtete, daß es noch schwerer für mich wurde, überhaupt den nötigen Halt zu finden.
    Ohne weiter hinzuschauen, wußte ich, was geschehen war. Wir hatten die unheimliche Jenseitswelt verlassen und die Grenze zur normalen passiert. Gleichzeitig war die U-Bahn in einen Tunnel gerast, und der Nebel verschwand.
    Das Rattern der Räder hatte einen anderen Klang bekommen. Notlichter huschten heran, jagten vorbei. Der typische Tunnelgeruch erreichte meine Nase.
    Es roch moorig und feucht. Zwischen Zug und Tunnelwand wurde die Luft zusammengepreßt und zu einem fauchenden Etwas, das an meinem Körper zerrte, als wollte es mich vom schmalen Trittbrett holen.
    Ich mußte mich noch härter festklammern, wobei die Finger schon steif geworden waren. Auch die Muskeln verkrampften sich. Meine Beine zitterten, die Arme ebenfalls, aber das war es nicht, worauf ich achtete, denn in dem Wagen hatte sich etwas getan.
    Die Passagiere waren wieder da.
    So als wäre nichts geschehen, saßen sie auf ihren Plätzen oder standen im Gang, um sich mit den ausgestreckten Händen und Armen an den Halteschlaufen zu klammern.
    Ich konnte es nicht fassen, es war mir unbegreiflich geworden, denn die Fahrgäste verhielten sich so, als wäre mit ihnen nichts geschehen.
    Der Zug raste weiter durch den Tunnel. Einige Lichter warfen ihre Reflexe auf die Außenhaut, erreichten auch mich, als ich den Kopf drehte und plötzlich merkte, daß wir in eine Station einliefen.
    Ich sah sogar den Tunnelausschnitt und die dahinter liegende Helligkeit der Station.
    Der Zug bremste.
    Auch an mir zerrten die negativen Beschleunigungskräfte. Ich

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