0607 - U-Bahn ins Jenseits
es auch nicht glauben. Im Moment läuft auf dieser Strecke nichts mehr. Da ist alles gesperrt worden. Jeder wartet, daß die U-Bahn wieder erscheint, aber wird die andere Kraft sie freilassen, oder ist sie einzig und allein an den Passagieren interessiert?«
»Ich weiß es nicht, Sir, hoffe aber auf John und Suko.«
»Richtig. Sie haben also nichts erfahren. Ihnen wurde von den beiden nichts gesagt.«
»So ist es, Sir.«
Der Superintendent strich über seine Stirn. »Glenda, das gefällt mir nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht. Hier läuft einiges in die falsche Richtung.«
»Ist es möglich, daß die beiden durch einen Zufall in den Fall hineingestolpert sind?«
»Nein, Glenda, nein. Wir wissen selbst, daß es auch bei uns keinen Zufall gibt. Im Reich der Schwarzen Magie hat alles seine Methode, davon bin ich überzeugt, aber ich habe Erkundigungen einziehen lassen und Zeugen gefunden, die gesehen haben, daß sich kurz nach dem Verlassen des Yard Building eine Frau dem Rover genähert hat. Es ist ihr sogar gelungen, ihn zu stoppen. Sie hat mit den beiden geredet, ist eingestiegen und wohl mit zu einem Ziel gefahren.«
»War die Frau während der Verfolgung durch London noch im Wagen?«
»Nein.«
»Dann hat er sie abgesetzt?«
»Sicher.«
»Und wo?«
»Das möchte ich herausfinden. Es kann dort passiert gewesen sein, wo der dreifache Mord stattgefunden hat. Da brachte ein Mann seine Frau und die Kinder um.«
»Kennt man den Grund?«
»Man vermutet jenseitige Kräfte dahinter.« Sir James winkte ab.
»Wie dem auch sei, unsere Spuren enden dort, wo der Mord stattgefunden hat.«
Glenda Perkins hob die Schultern. »So leid es mir tut, Sir, ich kann Ihnen nicht helfen.«
»Ja, schon gut.«
»Was wollen Sie jetzt tun?«
Der Superintendent lachte. »Fragen Sie mich lieber, ob ich überhaupt etwas tun kann. Mir sind durch das Verschwinden der beiden die Hände gebunden. Die U-Bahn ist nicht mehr auffindbar. Ich nehme an, daß sie von einer anderen Dimension verschluckt wurde. Wie dem auch sei, wir müssen uns auf etwas gefaßt machen.«
»Was kann ich tun, Sir?«
Der Mann vom Yard lächelte. »Ich möchte Sie bitten, Glenda, noch etwas länger im Büro zu bleiben, damit wir hier eine Anlauf stelle haben, denn ich muß mich um andere Dinge kümmern. Ich werde vor allen Dingen dorthin fahren, wo die Bahn verschwunden ist. Es ist die Station am Monument.«
»Ja, die kenne ich.«
Sir James wandte sich ab. »Dann können wir den beiden und auch den anderen Passagieren nur mehr die Daumen drücken, daß sie das Grauenvolle überstehen werden.«
»Sicher, Sir, ich warte dann hier.«
Der Superintendent nickte, drehte sich um und verließ gebeugt das Vorzimmer.
Zurück blieb eine Frau, die zwar viel verstanden, aber nichts begriffen hatte…
***
Die Tür war kaum offen, als wir das andere, das Fremde sehr deutlich spürten, denn irgendwelche Hindernisse existierten zwischen uns nicht mehr.
Wir zögerten mit dem Aussteigen, schauten zunächst nach unten, ohne etwas deutlich erkennen zu können. Dieser dichte Qualm verteilte sich auf dem Boden. Es war nicht zu sehen, ob die Wagen noch auf den Gleisen standen. Uns kam es jedenfalls vor, als würden sie in der Luft schweben.
»Bleib du mal hier!« riet ich Suko und ging auf die andere Seite, um dort eine Tür zu öffnen.
Die Welt war gleich, ich sah keinen Unterschied. Doch da war dieser widerliche Qualm, der nach Schwefel stank, als hätte er seinen Ursprung in der Hölle.
»Was ist?« fragte Suko.
»Nichts, gar nichts.«
»Habe ich mir gedacht, John.« Er drehte sich kurz um. »Ich verschwinde dann.«
Suko stieg die beiden Stufen hinab. Ich schaute auf seinen leicht gekrümmten Rücken. Er ging so vorsichtig wie ein Schwimmer, dem das Wasser im Pool zu kalt war.
Ich folgte ihm, nachdem ich die Tür an meiner Seite zugezerrt hatte. Suko wartete auf mich und schaute an der Reihe der Wagen entlang.
»Suchst du was?«
Er grinste leicht. »Mir ist gerade etwas eingefallen, was ja angeblich ›in‹ ist. Nicht nur in London, auch in anderen Städten, wo die Wagen laufen.«
»Du meinst das U-Bahn-Surfen?«
»Genau.«
Suko hatte recht. Das U-Bahn-Surfen war tatsächlich zu einer riskanten und gefährlichen Unart bei Jugendlichen geworden, die so etwas wie Mutproben durchführten, indem sie sich außen an den Wagen festklammerten und sich mit durch die Tunnel reißen ließen.
Daß es dabei schon mehrere tödliche Unfälle gegeben hatte, störte sie
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