Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis
Autoren: Brian Ball
Vom Netzwerk:
Rayboulds. „Könnte sie nicht vielleicht in der Küche schlafen?“
    Mrs. Raybould gab keine Antwort. Sie ignorierte Jerry völlig und beschäftigte sich mit ihrem Hund.
    Jerry ging zurück in die Gaststube. Bill lachte fröhlich, seine schlechte Laune schien vergessen. Brenda saß immer noch am Kamin und schaute in die Flammen. Ihre neuen Freundinnen saßen dicht um sie gedrängt und starrten ebenfalls selbstvergessen ins Feuer. Noch eine Nacht in diesem Haus, dachte Jerry verzweifelt. Nun gut, er würde sich zu wappnen wissen. Vielleicht war ein Brief von Debbie da, wenn er nach Hause kam. Vielleicht sogar Debbie selbst. Schon morgen, falls die Wettervorhersage übertrieben hatte, würde er von Hagthorpe aus Andy und Anne anrufen, daß sie in seiner Wohnung nachsehen sollten, ob sie von ihrer Reise nach Shields zurückgekehrt war. Vielleicht hatte sie nur einen Abstecher gemacht.
    Mrs. Raybould kam aus der Küche und verkündete, daß um halb elf Schlafenszeit sei. Die Mädchen waren sofort einverstanden. Bald darauf stand Bill Ainsley schläfrig auf, um zu Bett zu gehen. Jerry folgte ihm. Eine Weile hatten sie sich noch gestritten, ob sie ihre Matratzen den Mädchen abtreten sollten, aber davon wollte Mrs. Raybold nichts wissen. Jerry und Bill, oder jedenfalls Bill, galten als zahlende Gäste, während die Mädchen nur als verirrte Wanderer zählten, deren Zahlungsfähigkeit unsicher war. Um elf Uhr waren alle Lichter im Hause erloschen.
    „Was denken Sie darüber?“ fragte Bill. „Ich meine, über das Loch im Keller.“
    „Wir taten das einzig Richtige“, antwortete Jerry gegen seine eigene Überzeugung. „Wahrscheinlich hat das alles nichts zu bedeuten.“
    Jerry lag noch eine gute Stunde wach und dachte an die Mädchen mit ihren großen, unschuldigen Augen, und wie sie schockiert und begierig zugleich Brendas liederlichen Reden lauschten. Er dachte auch über Bills Wunsch nach, den Tunnel zu inspizieren, und über seine eigene Furcht. Er kam zu dem Schluß, daß es unrichtig war, über all die Legenden und absurden Tatsachen, die er in dieser kurzen Zeit gehört hatte, zu lachen. Jerry wünschte sich tausend Meilen weg von diesem Haus. Mit sehnsüchtigen Gedanken an Debbie und ihren langen, schmalen Körper schlief er schließlich ein.
     

     

Er wachte auf, weil ihn fror. Der Sturm rüttelte ungebrochen an den Fenstern. Jerry besaß keine Uhr mehr, seit ihm an der Universität seine schöne Armbanduhr gestohlen worden war. Er schätzte, daß er nicht lange geschlafen haben konnte. Es mußte so um Mitternacht sein. Bill Ainsley hatte aufgehört zu schnarchen. Er schlief tief und fest. Jerry beneidete ihn glühend. Er wünschte sich, all seine Bildung würde ihm nicht soviel Kopfzerbrechen bereiten. Es mußte viel problemloser sein, als ungebundener Mann der Landstraße zu leben, mit einer Puppe wie Brenda, um sich die Langeweile zu vertreiben. Er fischte nach der riesigen Daunendecke, die vom Bett geglitten war, und hoffte, daß sie bald wieder genug Wärme spenden würde.
    Ein schwaches Geräusch erregte seine Aufmerksamkeit. An sein Ohr drangen flötenähnliche Töne voller Harmonie. Diese Töne störten ihn mehr als je ein Geräusch zuvor. Sie schienen von einer Grausamkeit ohnegleichen zu sein, als ob Wühlmäuse in der Dunkelheit ein Opfer aus bloßer Zerstörungswut zerrissen. Jerry setzte sich auf. Er spürte, wie ihm das Haar im Nacken zu Berge stand. Seine Einbildungskraft schien ihn zu narren. Kam das Geräusch vom Keller? Näherte sich von dort ein Etwas mit heimtückischer Absicht? Ein Etwas, dessen bösartiges Lachen wie Flötentöne klang? Ein grünes Etwas, das schon lange tot war?
    War er drauf und dran, sich selbst in Angst und Schrecken zu versetzen, indem er sich all den mittelalterlichen Gespensterglauben der mitternächtlichen Stunde mit ihren wehenden Leichentüchern, klappernden Gebeinen und hohlen Totenschädeln vergegenwärtigte? Doch das, was da an sein Ohr drang, war real! Das Geräusch gab es wirklich, in all seiner spürbaren Bösartigkeit. Und plötzlich, wie ein Schock, traf ihn die Erkenntnis, daß etwas an diesem Geräusch ihm vertraut war. Es war Brendas typisches, verächtliches Knurren, das er zum erstenmal gehört hatte, als sie ihn in der Fahrerkabine wegstieß, weil er ein wenig Wärme bei ihr suchte.
    Wut stieg in Jerry auf. Mit welchem Recht schlich sie sich in seine Träume! Er sprang mit einem Satz aus dem Bett und hätte fast vor Schmerz laut aufgeschrien,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher