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061 - Der Fuerst der Finsternis

061 - Der Fuerst der Finsternis

Titel: 061 - Der Fuerst der Finsternis
Autoren: Brian Ball
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weil er auf seinen Knöchel vergessen hatte. Bill schlief ruhig, er hatte nichts gehört. Jerrys Wut wurde durch den Schmerz noch größer. Er wickelte sich in die riesige, gelbe Daunendecke und humpelte zur Tür.
    Aus der Gaststube drang Licht. Die Tür war nur angelehnt, durch den Spalt konnte er in die Stube spähen. Was Jerry dort sah, trieb ihm den Angstschweiß auf die Stirn, erfüllte sein Herz mit Furcht und Entsetzen.
    Die Mädchen standen dicht um Brenda geschart, und es war das halb ängstliche, halb triumphierende Gelächter der Mädchen gewesen, das seine Fangarme des Grauens durch den dunklen Korridor nach ihm ausgestreckt hatte. Im Licht des flackernden Feuers konnte Jerry ihre nackten Körper sehen. Unentwickelte Brüste, lange, dünne Beine, Körper flach wie Bügelbretter, langes Haar, das auf magere, knochige Schultern fiel. Und Brenda in der Mitte, wie ein wildes Tier vor dem Kohlenbehälter kauernd, auf dessen Relief die Figuren gewachsen zu sein schienen, die gräßlichen, gesichtslosen Figuren, die sich in den Bewegungen der sich windenden Mädchen zu wiederholen schienen. Und Brenda dirigierte das Ganze wie eine Tanzmeisterin. Was, um Himmels willen, taten die Mädchen da?
    Jerry rang hörbar nach Atem. Eines der Mädchen sah ihn mit feuerdunklen, rotglühenden Augen an, schien ihn aber nicht wirklich wahrzunehmen. Sie war offensichtlich in einer Art Trancezustand, betäubt und hypnotisiert von den surrealistischen Tänzern auf dem Kohlenbehälter. Auch Brenda blickte in seine Richtung, doch ihr Blick ging an ihm vorbei. Jerry versuchte, ihrer Blickrichtung zu folgen. Fast wäre ihm ein weiterer Laut entschlüpft. Raybould!
    Raybould stand hinter der Kaffeemaschine und beobachtete die Szenerie, selber mager und bedrohlich im flackernden Licht des Kaminfeuers, und Brenda hatte fraglos seine feuchten Lippen und seinen feuchten Blick gesehen. Jerry fühlte fast Dankbarkeit, daß jener es gewesen war, der Brendas Blick auf sich zog, und nicht er. Sie schenkte Raybould ein Lächeln, das ihre weißen, scharfen Zähne entblößte und gar nicht freundlich aussah, dann wandte sie sich wieder dem Feuer zu und flüsterte: „Wir warten und sind bereit!“ Brendas Stimme bebte.
    „Wir warten!“ wiederholten die Mädchen.
    Jerry hielt den Atem an und versuchte, seinen jagenden Puls zur Ruhe zu zwingen. Worauf warteten sie? Auf Raybould?
    Jerry fror unter seiner Daunendecke. Er drückte sich an den Türrahmen aus Angst, der Boden könnte knarren. Er sah, daß Raybould in einem ähnlichen Zustand der Verzückung war, obwohl bei ihm eher animalische Regungen diesen Zustand verursachen mochten. Jerry zitterte vor Kälte.
    „Macht so!“ schnarrte Brenda mit ihrem boshaften Lächeln und ließ ihre Hüften auf obszöne Weise kreisen. Flüsternd folgten die Mädchen ihrem Beispiel, bewegten sich auf den Kohlenbehälter zu und wurden eins mit den Messingfiguren. Ihre Gesichter wurden ebenso leer, ihre Körper zerflossen, ihr Haar wurde zur wirbelnden Dunkelheit. Jerry sah, wie Brenda ihre Hand über Julies Rücken abwärts gleiten ließ, und als das Lastwagenmädchen sich umwandte, sah er das rote Mal, das lebendig schien, eine winzige rote Ratte, die sich zuckend an das Mädchen klammerte.
    „Heute nacht?“ flüsterte Julie. „Diese Nacht?“
    Brenda drehte sich um und sah in Rayboulds Richtung. „Sie warten, bis die Stunde kommt!“ antwortete sie mit rauher Stimme.
    Jerry vermeinte, eine derartige Wolke von Bösartigkeit auf sich zukommen zu fühlen, daß er einen Schritt rückwärts taumelte. Es war, als hätte eine teuflische Macht von den Seelen der Mädchen Besitz ergriffen, eine Macht, die geduckt in dem schäbigen Raum lauerte und sich über das ganze schäbige Haus auszubreiten drohte. Eine Macht, die weiterkriechen würde, bis das ganze Tal eine brodelnde Masse verderbter, korrupter Bösartigkeit sein würde.
    Von Todesangst gepeinigt rannte Jerry zurück in sein Zimmer, wagte nicht, sich noch einmal umzudrehen, getrieben von Furcht vor dem unheimlichen Wahnsinn eines Mädchens namens Brenda. Er stolperte in den Schlafraum und warf sich aufs Bett. Gräßliche Träume quälten ihn, als er endlich einschlafen konnte. Es war die schlimmste Nacht seines Lebens. Das letzte, was er noch hörte, war das klägliche Winseln von Mrs. Rayboulds Sukie. Also spürte die Pudelhündin ebenfalls die verborgene, lauernde Kraft.
     

     
    Als Bill Ainsley am nächsten Morgen die Vorhänge zur Seite zog, lachte die
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