063 - Im Labyrinth des Ghuls
ihm
abgenommen.
Selbst die
Schulterhalfter hatte man ihm entfernt. Außer einer Hose und einem Hemd trug er
nichts mehr auf der Haut. Seinen PSA-Ring hatte man ihm gelassen. Doch das war
gezwungenermaßen nicht anders möglich gewesen. Man hätte ihm schon den Finger
abschneiden müssen. Und davon hatten seine Gegner Abstand genommen.
Sie wären
vielleicht brutaler mit ihm verfahren, hätten sie geahnt oder gewußt, was in
diesem Ring wirklich steckte. Doch in der augenblicklichen Situation gab es
keine Möglichkeit, den Miniatursender zu aktivieren. X-RAY-1 in New York hätte
nichts empfangen. Diese gut isolierte Zelle ließ keinen Impuls nach draußen dringen und selbst die hochempfindlichen Ohren der
PSA-eigenen Satelliten würden nichts empfangen können. Es sei denn, es wäre ihm
möglich gewesen, das winzige Fenster oben aufzustoßen und seine Funkbotschaft
direkt ins Freie zu sprechen.
Er versuchte,
die Wand zu erklimmen, doch er mußte diesen Versuch unterbrechen, als er
Geräusche und Schritte vor seiner Tür hörte.
Ein Schlüssel
drehte sich im Schloß.
Larry beeilte
sich, den Platz auf der Liege einzunehmen. Scheinbar dumpf vor sich hinbrütend,
erwartete er die Ankunft derjenigen, die offensichtlich für seine Einweisung in
diese Anstalt verantwortlich waren.
Daß ihn der
Ghul niedergeschlagen hatte, daran gab es für Larry keinen Zweifel. Aber bisher
waren er und Iwan Kunaritschew der Ansicht gewesen, es mit einem gefährlichen
und furchterregenden Einzelgänger in der menschlichen Gesellschaft zu tun zu
haben.
Doch dies was
ein Irrtum. Ein Einzelner konnte nicht dafür sorgen, daß er als normaler Mensch
in eine Irrenanstalt eingewiesen wurde. Hier arbeiteten mehrere Hand in Hand. Es war Larry Brent im jetzigen Stadium nicht
möglich, diese Zusammenhänge zu erkennen.
Die Tür wurde
geöffnet. Drei Personen traten ein. Zwei davon stufte Larry auf Grund ihrer
Erscheinung sofort als Pfleger ein. Sie wogen pro Person mindestens zwei
Zentner, hatten Bäuche wie Bierkutscher und Arme wie ein Gorilla, immer zum
Zugreifen angewinkelt.
Zwischen den
beiden Dicken schob sich mit forschem Schritt ein schmaler, dunkelhaariger Mann
in die Zelle. Er reichte den Pflegern bis an die Brust und wirkte drahtig.
»Aha«, sagte
der Drahtige und griff sich an die randlose Brille, um sie auf der Nase
zurechtzurücken. »Er ist schon bei sich. Wie gefällt es Ihnen hier ?«
Mit diesen
Worten durchquerte er die Zelle, kam direkt auf Larry zu, faßte ihn am Armgelenk,
schob seinen eigenen linken Ärmel hoch, und beobachtete mit flinken Augen den
Sekundenzeiger, während er Larrys Puls fühlte.
»Der ist noch
etwas erhöht«, fuhr er fort. »Kein Wunder!« Er nickte, ließ den Puls los, griff
wieder an seine Brille und rückte sie zurecht. Der Mann hatte einen Tick.
»Ich glaube,
hier liegt ein Irrtum vor«, machte sich X-RAY-3 bemerkbar. »Sie sind der Arzt
der Station ?«
»Chefarzt Dr.
Flowfield«, stellte er sich vor. »Irrtum?« Er schüttelte den Kopf. »Das meinen
die meisten. Aber man gewöhnt sich schnell an die neue Umgebung. Es ist doch
schön hier, nicht wahr? So ruhig. Und der ganze Raum gehört Ihnen ganz allein.
Kein Mensch stört Sie.
Und ich werde
mich auch um Ihre Anfälle kümmern .«
Er schnippte
mit den Fingern. Einer der beiden Gorillas kam einen Schritt näher. Erst jetzt
sah Larry, daß er etwas in der Hand hielt. Es war eine aufgezogene Spritze. In
dem Glaskolben befanden sich vier Kubikzentimeter einer bernsteingelben
Flüssigkeit.
»Wer hat mich
eingeliefert ?« Larry stand ruckartig auf. Er überragte
den forschen Chef mit der randlosen Brille um Haupteslänge.
»Ihre Familie«,
sagte Flowfield einfach. Wieder der Griff an die Brille. Der Mann machte einen
hektischen und nervösen Eindruck. »Ich bin unverheiratet, Doktor! Hier liegt
ein Irrtum vor !«
»Ja, ich
weiß. Das sagten Sie bereits .«
»Aber Sie
müssen doch meine Personalien bekommen haben. Ich bin Larry Brent. Ich weile zu
Besuch in London .«
In Flowfields
kleinen flinken Augen blitzte es auf. Er drehte sich auf dem Absatz um, nickte
und murmelte: »Es fängt schon wieder an, es fängt schon wieder an. Ich kümmere
mich nachher noch mal um Sie. Bedauerlich! Wir müssen die Therapie wohl noch
heute beginnen.
Aber erst
müssen Sie noch mal ein paar Stunden schlafen !«
»Was wissen
Sie von Franz Karnhoff ?« Larry stieß diesen Namen wie
eine Anklage hervor.
Flowfield
blieb stehen. Er seufzte. »Bedauerlich. Jetzt
Weitere Kostenlose Bücher