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0633 - Wenn Druidenseelen trauern

0633 - Wenn Druidenseelen trauern

Titel: 0633 - Wenn Druidenseelen trauern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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unheimlich, auch sehr traurig, wenn man es genau nahm.
    Ich erreichte den Rand des Friedhofs und damit auch den ungewöhnlichen Schein, wollte in ihn hineintauchen, als ich wie vor eine Wand gelaufen stehen blieb.
    Man erlaubte es mir nicht, die Magie sperrte sich gegen das Eindringen eines Fremden.
    Aber Colette hatte ihn betreten können. Mit sehr sicheren Schritten ging sie genau dorthin, wo sich die Opferstätte befand, an deren Rand und auf einem Grabstein hockend sich die Gestalt einer alten Frau abzeichnete.
    Das musste Margot, die Großmutter, sein. Für mich gab es keine andere Alternative.
    Sie saß da, als würde sie das geisterhafte Geschehen überhaupt nichts angehen. Den Kopf hielt sie gesenkt, blickte vor ihre Fußspitzen auf den Boden, selbst das Atmen schien sie vergessen zu haben.
    Im Gegensatz zu mir hatte sie es geschafft, in diese magische Druiden-Zone einzudringen, und ich war gespannt, wie es weiterging.
    Auch Colette nahm ihre Großmutter nicht zur Kenntnis. Sie ging wie eine Schlafwandlerin auf die Opferstätte zu und blieb genau in deren Mitte stehen.
    Dort wartete sie ab.
    Ich merkte, dass sich in meiner Umgebung etwas tat. Die Luft war erfüllt von einem Raunen und Wispern. Tausend Stimmen zugleich bildeten den Wind, der sich über die Insel hinwegquälte, der abermals jammerte und sein Lied klagte.
    Geräusche und Töne, wie ich sie nie zuvor gehört hatte, unheimlich, dann wieder sehr leise, wie ein Singen, das aus einer nicht messbaren Ferne erklang.
    Colette drehte sich um.
    Sie wirkte in ihrer rauen Jeanskleidung wie ein Fremdkörper im Geisterreich. Durch die Drehung konnte ich in ihr Gesicht schauen und wunderte mich über die Blässe. Wahrscheinlich lag es am Totenlicht des Mondes, der diesen Schimmer auf ihre Züge zauberte.
    Leicht hob sie den Kopf an, schaute zum Mond. Zwischen ihr und dem runden Himmelskörpern befand sich plötzlich der grüne Schatten. Lautlos war er hineingetaucht.
    Kam der Geist jetzt, um seine Braut zu holen?
    Damit musste ich rechnen, aber er benötigte auch bestimmte äußere Bedingungen, die sehr schnell eintraten, denn die magische Zone spielte ihre Kraft voll aus.
    Sie veränderte die Zeiten.
    Ich war heimlicher Beobachter dieses unglaublichen und unheimlichen Schauspiels und konnte nur den Kopf darüber schütteln.
    Bisher hatte nur Colette Ingram innerhalb des Kreises gestanden, sie wechselte diesen Platz auch nicht, aber es erschien zugleich eine zweite Person.
    Kleiner als sie, auch viel jünger, ein Kind!
    Ich traute meinen Augen nicht. Mein Herzschlag beschleunigte sich, als ich in das Gesicht des Mädchens schaute. Es trug ein weißes Sommerkleid, das beinahe aussah wie ein Leichenhemd. Das Gesicht war ebenso blass, die Augen groß und gläsern. Die Gestalt wirkte sehr zerbrechlich, doch es gab keinen Zweifel für mich, mit wem ich es zu tun hatte.
    Das Mädchen war Colette Ingram!
    ***
    Es gab sie also zweimal!
    Dieser Gedanke stieß blitzartig in mein Hirn, und ich musste mich erst einmal damit anfreunden, was mir nur unvollkommen gelang, denn die Realität war hier aufgehoben worden.
    In meinen Beinen spürte ich das weiche Gefühl. Ich konnte nicht hin, die magische Schutzwand verhinderte dies, aber ich begriff das vor mir erscheinende Bild. Hier vereinigten sich zwei Zeiten.
    Die Gegenwart und die Vergangenheit standen neben- und ineinander.
    Gern hätte ich mich in die Gedankenwelt der erwachsenen Colette Ingram versetzt, was mir in diesem Fall nicht möglich war, weil ich außen vor stand und nur beobachtete.
    Hinzu kam die Großmutter. Bisher hatte sie regungslos auf der Grabsteinkante gesessen, das änderte sich nun, denn sie hob mit einer schwerfällig wirkenden Bewegung den Kopf an und schaute auf die beiden Personen.
    Über ihnen flirrte nach wie vor der Druidengeist, dieses Gespenst, das es Colette so angetan hatte.
    Ich war natürlich gespannt darauf, wie sich die Dinge entwickeln würden, und war im Prinzip recht froh, nur als Beobachter zu fungieren.
    Die Initiative übernahm Margot Ingram.
    Sie stand auf!
    Obwohl sie die achtzig erreicht haben musste, geschah dies mit einer geschmeidigen Bewegung.
    Eine Frau, die wusste, was sie tat, die aber kaum an Größe zunahm und wirklich zu den kleinen Menschen zählte. Dennoch besaß sie für mich eine innere Größe, denn einschüchtern ließ sich die Frau nicht.
    Im bleichen Mondlicht wirkte ihr Gesicht wie aus Baumrinde bestehend, in deren Falten, Runzeln und Kerben die Helligkeit

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