0635 - Das Grab der Sinclairs
Sie… sie legen sie in die Gräber hinter der alten Kirche.«
»Templergräber?«
»Sicher!«
»Und wann geschieht das? Warum haben wir keinen dieser Besucher zu Gesicht bekommen?«
»Sie verstecken sich tagsüber oder fahren weg. Manchmal bleiben auch welche. Erst wenn die Dunkelheit über das Land fällt, zeigen sie sich wieder. Sie werden wieder ihre Gesänge durchführen, denn die Toten haben sie bereits am letzten Abend in die Gräber gelegt. Jetzt halten sie nur ihre Grabreden.«
»Für diese Aufklärungen darf ich mich bei Ihnen bedanken, Mr. McCallum. Wie Sie allerdings wissen, sind wir zu zweit hier in Kilmartin erschienen. Mein Freund wollte nur einen Verbandskasten holen. Er kehrte nicht wieder zurück. Wissen Sie mehr?«
Der Mann nickte zweimal heftig. »Ich… ich stand am Fenster, Sir, und habe es gesehen.«
Suko spannte sich. »Was haben Sie gesehen?«
»Ihn!«
Ob der Wirt nichts mehr sagen wollte oder es nicht konnte, das war Suko egal. Er jedenfalls wußte Bescheid. Wenn es jemand schaffte, den Geisterjäger derart zu überraschen, dann konnte es nur der Namensvetter aus der Vergangenheit sein.
McCallum schaute Suko an, als wollte er von ihm mehr über den Krieger erfahren. Den Gefallen tat ihm der Inspektor. Er hatte sich so aufgebaut, daß er sowohl auf McCallum als auch zur Tür hinblicken konnte, denn Überraschungen wollte er nicht erleben. Er beschrieb den Krieger so, wie er ihn gesehen hatte, und schon nach dem zweiten Satz fing der Mann damit an, heftig zu nicken.
»Das war er.«
»Wissen Sie, wer es ist?«
»Nein, nicht. Es ist eine Gestalt, es ist…«
Suko sah, daß er log. »McCallum, Lintock sagte uns etwas anderes. Er berichtete von einem Fluch, den dieser Krieger ausgelöst hat. Er heißt Sinclair. Ebenso wie mein Freund und Kollege. Sie brauchen nicht zu begreifen, aber Ihnen müßte klar sein, daß wir die Gestalt haben wollen.«
McCallum wehrte sich. »Man… man kann ihn nicht töten. Nein, das schaffen Sie nicht.«
»Weshalb nicht?«
»Weil er bereits tot ist. Seit Jahrhunderten schon. So erzählt es die Geschichte.«
»Die auch stimmt?«
»Wir glauben daran.«
Sehr zu recht, wie der Inspektor festgestellt hatte. Natürlich interessierten ihn die Hintergründe, aber nicht im Moment. Da war auch das Schicksal eines Bill Conolly wichtiger. Suko ging davon aus, das Bill, wenn er sich hier in Kilmartin hatte blicken lassen, auch bekannt war. Anlaufstellen für neue Besucher waren nun eben die Gasthäuser, wo die Wirte oft mehr über die Bewohner wußten als die Pfarrer.
Als Suko McCallum darauf ansprach, konnte der nur nicken und die Worte des Inspektors bestätigen.
»Sie haben ihn also gesehen.«
»Sogar mit ihm gesprochen.«
»Wann?«
»Gestern noch. Ja, gestern.«
»Und dann?«
»Ging er weg. Er ging einfach weg, Mister.«
»Wohin?«
»Er interessierte sich für die Kirche und den alten Friedhof. Dort wollte er alles genau untersuchen. Danach habe ich ihn nie wieder gesehen.«
Suko blickte McCallum starr in die Augen. Er kannte den Mann zwar noch nicht lange, aber immerhin gut genug, um zu sehen, daß er gelogen hatte.
»So war es nicht, Mister!«
»Doch! So…«
»Nein, Sie lügen! Weshalb?«
McCallum senkte den Kopf. »Ich will keinen Ärger haben. Ich hätte freiwillig nie…«
»Aber ich, Mister!«
An der Tür hinter der Theke erschien Mrs. McCallum. Eine Frau die energisch auftrat und durch ihr Erscheinen bewies, daß gerade die Frauen oftmals stärker sind als die Männer. Sie trug eine Hausapotheke unter dem Arm, einen grünen Kasten mit einem roten Kreuz darauf. Sicher wollte sie sich um den Verletzten kümmern.
»Es muß ein Ende haben!« erklärte sie mit fester Stimme. »Sie haben die Leitungen gekappt, um zu verhindern, daß wir telefonieren. Wir können nicht anrufen. Nicht innerhalb und auch nicht außerhalb von Kilmartin. Es ist alles vorbei. Wir sind von der Außenwelt abgeschnitten, und ich will mir das nicht länger gefallen lassen. Deshalb fragen Sie bitte mich , Mister!«
Suko nickte. »Okay, Mrs. McCallum, danke. Was also war mit dem Fremden, der gestern eintraf?«
»Er wurde abgeholt!«
»Von wem?«
»Von…«
Sie konnte nicht mehr weitersprechen, weil ihr Mann akustisch dazwischen ging und seiner Frau das Wort abschnitt. »Nein, Milly, nicht! Nein, verdammt!«
Die Frau mit den rötlich schimmernden Haaren und den Sommersprossen auf der Haut ließ sich nicht beirren. Sehr hart trat sie sogar mit dem rechten Fuß
Weitere Kostenlose Bücher