0651 - Die Rache der Wölfin
beurteilen, Jane. Ich glaube, dass eine Frau anders darüber denkt als ein Mann.«
»Ja.«
Suko legte ihr beide Hände auf die Schultern, weil sie wieder anfangen wollte zu weinen. »Nun reiß dich mal zusammen und lass uns gemeinsam überlegen, was da auf uns alle zukommen könnte.«
»Ich weiß es nicht.«
Suko räusperte sich. Er schaute aus dem Fenster, als er wieder sprach. Im Hof spielten Kinder. Die Sonne stach im schrägen Winkel gegen den Boden und hatte das Geviert aufgeheizt. »Wenn ich mir alles durch den Kopf gehen lasse und daran denke, dass wir auch hier in London Kontakt mit einem Werwolf gehabt haben, könnte es durchaus möglich sein, dass wir in naher Zukunft hier mit dem Fall konfrontiert werden.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja. Beweise habe ich nicht, aber ich möchte auch nichts unversucht lassen.«
»Was willst du tun?«
»Zu den Conollys fahren.«
»Wissen die überhaupt, dass sich John in New York aufhält und dort Nadine getroffen hat?«
»Wenn John ihnen nicht Bescheid gegeben hat, wissen sie nichts. Aber sie werden es erfahren, und zwar heute noch.«
»Gut, Suko, ich kann dich nicht daran hindern.«
Bevor der Inspektor des Haus verließ, streichelte er über Janes Haar. »Nimm es nicht so schwer, Mädchen. Wir alle sind nur Menschen und nicht unfehlbar.«
»Klar doch, Suko, klar doch«, erwiderte Jane erstickt und brachte den Freund nicht einmal mehr bis zur Tür…
***
»Es liegt etwas in der Luft«, sagte Bill Conolly, wobei er die Augen verengte und über den gedeckten Tisch schaute, auf dem die Reste der Pizza, dekoriert von den leeren Weingläsern, stand. Sheila hatte beides zum Mittagessen serviert, abgerundet mit einem gemischten Sommersalat.
»Das hast du schon nach dem Aufstehen gesagt, Bill.«
»Stimmt.«
»Bist du deshalb nicht in die Redaktion gefahren?«
»Auch. Außerdem wollte ich mich dort nur zurückmelden, damit die nicht denken, ich wäre verschollen.« Die Conollys besaßen noch die Urlaubsbräune. Sie waren in den französischen Seealpen gewesen und hatten zwischendurch einen Blick auf den Strand geworfen. Doch zwischen Cannes, Nizza und St. Tropez war es ihnen einfach zu voll gewesen und sie waren in den Bergen geblieben.
Jetzt saßen sie in ihrem Garten, vor den heißen Strahlen geschützt vom breiten Dach eines Sonnenschirms. Die Kühlung sollte kommen, das hatte der Wetterbericht versprochen. Allerdings erst am Abend oder am nächsten Tag.
Johnny, ihr Sohn, war nicht da. Er verbrachte seine freie Zeit mit einigen Freunden im Schwimmbad und war in den letzten Wochen wieder der Alte geworden. Das Verschwinden der ehemaligen Wölfin Nadine Berger hatte er endlich überwunden.
Sheila, im knappen schwarzen Einteiler, hatte die Reste weggeräumt, die Bill ins Haus trug. Als er zurückkehrte, saß Sheila wieder im Gartenstuhl, die Beine lang, und schaute ihn über die Ränder der Sonnenbrille hinweg an.
»Genauer kannst du dein Gefühl nicht erklären - oder?«
»Überhaupt nicht.«
»Hängt es mit einem Erlebnis zusammen, das du…?«
Bill winkte ab. »Es ist eine innere Unruhe. Ich kenne das. Ich weiß, dass etwas geschehen wird, aber ich kann dir nicht sagen, was es ist und wann das Ereignis eintritt.«
Sheila schaute auf ihre rot lackierten Zehennägel, bevor sie die Schultern hob. »Dann warten wir eben ab.« Sie lachte leise. »In der letzten Zeit ist es sowieso sehr ruhig gewesen. Ich habe mich gewundert, dass du das überhaupt aushältst.«
»Man tut, was man kann.«
»Darf ich mal lachen?«
Bill griff zum Glas und schluckte die selbst gemachte Sangria. »Am besten nicht, Sheila.«
»Willst du John anrufen?«
Bill hob die Schultern. »Weiß nicht.«
»Auslachen würde er dich nicht.«
»Stimmt.«
»Hängt es mit Nadine zusammen?«
Der Reporter warf seiner Frau einen knappen Blick zu. »Eigentlich müsste es mit ihr zusammenhängen. Das denkst du doch - oder?«
Sheila reckte sich. »Sie hat sich verwandelt, ist zu einer attraktiven Frau geworden…«
»Moment mal.« Bill hob den rechten Zeigefinger wie ein Oberlehrer, der vor seinen Schülern steht.
»Sie kann zu einer attraktiven Frau geworden sein, Mädchen.«
»Meinetwegen auch das.«
»Niemand weiß, was mit ihr passierte, nachdem sie verschwand. John hat von Avalon gesprochen und dem geheimnisvollen Zauberkessel, der dort zu finden ist.«
»Wobei ich noch immer nicht glauben kann, dass diese Insel überhaupt existiert. Das will mir nicht in den Kopf.«
Bill nickte.
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