0655 - Der Fund
Killern befunden, das wusste ich genau.
»Moment«, sagte ich und trat zusammen mit Suko aus dem Bereich des blendenden Fernlichts. Er ließ sich von mir nicht mehr stützen. Wahrscheinlich wollte er sich vor der Frau keine Blöße geben.
Das Licht verschwand. Nur noch normale Stärke leuchtete aus, den runden Augen der Scheinwerfer.
Die Frau fuhr einen kleinen französischen Wagen, einen R 4, den sie bunt bemalt hatte.
»Hupen Sie immer so laut?«, fragte ich.
»Ha, das muss sein. Mit diesem Wagen führe ich auch Demos an. Schließlich sollen die Leute merken, wenn wir kommen.«
»Das haben wir gehört.«
Sie war nicht ausgestiegen, hatte aber die Innenbeleuchtung eingeschaltet, damit wir sie auch erkennen konnten.
Blonde, sehr kurze Haare, die wie halbe Streichhölzer auf dem Kopf wuchsen. Ein Gesicht mit funkelnden Augen, in denen richtig Power stand. Sie trug Jeans und einen lockeren Pullover.
»Was ist denn passiert?«, fragte sie und gab sich die Antwort gleich selbst. »Ist das Ihr Wagen gewesen?«
»Ja.«
»Und?«
»Wir hatten Pech.«
Sie fragte nicht weiter, nickte und meinte nur. »Das ist aber die falsche Richtung. Nach Bellings geht es…«
»Dorthin wollen wir nicht, Miss. Unser Ziel ist das Forsthaus, wo Kevin Lakeman…«
»Was?«, staunte sie uns laut an. »Sie wollen zu Kevin?«
»So ist es. Kennen Sie ihn?«
»Klar, er ist ein Freund. Ich hatte ihn angerufen, weil ich auf dem Weg zu ihm bin.«
Ich musste einfach lachen, weil die Erlösung freie Bahn brauchte. »Das ist ja wunderbar, dann können Sie uns mitnehmen.«
»Moment, Mister. Glauben Sie wirklich, dass ich mitten in der Nacht zwei Fremde auflese? Ich als allein fahrende Frau?«
»Darf ich mich ausweisen?«
Ihr Mund bekam einen spöttischen Zug. »Wenn es Ihnen Spaß macht, bitte sehr.«
Ich präsentierte ihr meinen Dienstausweis. Sie las, schluckte, holte tief Luft, schüttelte den Kopf und meinte: »Auch das noch, zwei Yard-Leute.«
»Haben Sie was gegen uns?«
»Manchmal. Oder gehört Ihr Freund nicht zum Yard?«
»Doch.«
»Okay, steigen Sie ein. Ich bin übrigens Jill Copeland.«
»Meinen Namen haben Sie ja gelesen. Der Kollege ist Inspektor Suko.«
»Mehr nicht?«
»Nein, nur Suko.«
»Bitte.«
Suko hatte bereits die hintere Tür geöffnet. Er war froh, sich hinsetzen zu können, denn er machte noch immer einen ziemlich angeschlagenen Eindruck.
Das hatte auch All festgestellt. »Ihren Freund hat es stärker erwischt als Sie - oder?«
»Kann man sagen.«
»Was ist denn passiert?«
Ich schlug die linke Wagentür zu und schaute nach rechts, wo Jill saß. »Ob Sie es glauben oder nicht, aber wir wurden überfallen. Es ging blitzschnell. Unsere Chancen waren gleich null.«
»Und dann brannte ihr Wagen aus?«
»Ja.«
Jill startete noch nicht, schaute durch die Scheibe in die Dunkelheit und sagte: »Ich könnte mir vorstellen, dass auch Kevin etwas damit zu tun hat. Als ich anrief, reagierte er so komisch. Ich dachte erst, er wäre betrunken oder hätte weiblichen Besuch gehabt. Jedenfalls war er anders als sonst.«
In meinem Hirn schrillten die ersten Alarmglocken. »Ich glaube, wir sollten losfahren, Miss Copeland.«
»Wieso? Ist es…?«
»Ich weiß nicht, was ist. Aber eines versichere ich Ihnen. Das hier ist kein Spaß.«
Sie schaute mich an und sah so aus, als wollte sie etwas sagen. Dann hob sie die Schultern und startete.
Ich aber merkte, dass ich schweißfeuchte Handflächen bekommen hatte…
***
Der Anblick brachte Kevin Lakeman fast um den Verstand. Er konnte es nicht fassen, dass es so etwas überhaupt gab, schüttelte den Kopf und stöhnte ein lang gezogenes »Ooooh, Gott…«
Verzweifelt suchte er nach einer Erklärung, aber die normale Logik war hier ausgeschaltet. Es gab nur diese fürchterliche Gestalt, eine Mischung aus Skelett und Mensch.
Das Fleisch bedeckte das rechte Bein bis hoch zum Oberschenkel. Auch einen Teil des Oberkörpers hatte es bereits angefüllt. An der linken Seite allerdings schimmerte das bleiche Gebein ebenso durch wie am linken Bein.
Sein Blick wanderte hoch zum Kopf.
Halb Gesicht, halb Schädel. In der oberen Hälfte wuchs dünne Haut, waren die leeren Augenhöhlen mit einer geleeartigen Masse wieder gefüllt. Auf dem Schädel klebten die Haare wie eine dunkle Schicht, die nach hinten gezogen war. Die Wangen waren ebenfalls zur Hälfte mit Haut bedeckt.
Das Gleiche galt für den Mund, während das Kinn wiederum knochenbleich schimmerte. Auf der rechten
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