066 - Die Saat des Parasiten
„Weicht zurück, ihr Unglücklichen, bevor es zu spät ist und euch die Vergeltung mit voller Macht trifft!"
Der Befallene heulte auf, duckte sich und hastete fort. Er schrie den anderen etwas zu, und sie blickten verdutzt auf. Kleine glitzernde Augenpaare richteten sich auf den Mann im Talar, der sich ihnen furchtlos näherte.
Dorian hatte die drei Schützlinge des Pfarrers in der Sakristei in Sicherheit gebracht. Jetzt eilte er durch das Seitenschiff, holte wieder die Gnostische Gemme hervor und griff die Tobenden von der Seite an. Bedrängt von Weihwasser und Dämonenbanner zogen sie sich bis ans Portal zurück. Unbewußt hatte der Pfarrer genau zum richtigen Mittel gegriffen.
„Geht in euch", forderte er sie auf, „und grämt euch! Ich will euch nicht mehr sehen."
Die Hunde zwängten sich zwischen den Beinen der wütend knurrenden und fauchenden Befallenen hindurch und duckten sich zum Sprung. Sie trugen ja den teuflischen Schmarotzer nicht in ihren Körpern und brauchten daher weder Weihwasser noch Talisman zu fürchten.
Der Pfarrer bedachte sie mit ein paar unfreundlichen Worten. Das genügte. Sie schienen ihn gut zu kennen und folgten seinen Befehlen. Winselnd kniffen sie die Schwänze ein und strichen davon.
Die Befallenen hatten die Kirche verlassen, den Balken für das Portal aber wohlweislich mitgenommen. Drohend scharten sie sich zusammen. Sie sprachen kein Wort, doch die ParasitenKollektive in ihnen nahmen Verbindung miteinander auf und wiesen die Wirtsmenschen an, eine Kette zu bilden.
„Wir haben sie zurückgeschlagen", verkündete der Pfarrer siegesgewiß.
Der Dämonenkiller blieb skeptisch.
„Es ist nur ein vorläufiger Sieg. Der Parasit gärt vor Wut und bringt sie zur Raserei. Passen Sie nur auf."
Dorian hatte noch nicht ausgesprochen, als es begann. Die Befallenen schüttelten die Fäuste und brüllten abscheulich. Vorerst griffen sie jedoch nicht an. Dennoch schrak der Pfarrer nun zusammen.
Das Gotteshaus erbebte in den Grundfesten, und ein Fenster ging scheppernd zu Bruch. Dorian und der Pfarrer konnten sehen, daß die Wände wackelten. Auch der Boden vibrierte. Eine von den Befallenen umgerissene Holzbank wurde in Bewegung versetzt und rutschte auf den Seitengang zu. „Wir müssen hinaus!" rief der Pfarrer. „Hier stürzt gleich alles ein!" Entsetzt deutete er auf die Fensterrose über dem Portal, die nun bedrohlich hin und her zu schwingen begann.
„Wir sind umzingelt", entgegnete Dorian.
Die beiden Frauen und der Mann, die im Gotteshaus Schutz und Hilfe gesucht hatten, kamen nun aus der Sakristei herübergelaufen. Sie hatten fürchterliche Angst. Das Grauen hatte sie gepackt. Die Frauen weinten und rangen die Hände. Am verrücktesten gebärdete sich der Mann: Er rutschte von dem Pfarrer auf den Knien umher und deckte den Kopf mit den Händen ab, als könne er sich damit vor den Trümmern schützen, die in absehbarer Zeit gewiß auf sie niedergehen würden.
Draußen grölten und lachten die Befallenen. Triumphierend hoben sie die Arme. Dann stimmten sie einen schaurigen Gesang mit den schmählichsten Verwünschungen an.
„Wir sind verloren!" stieß die Frau an der. Seite des Pfarrers wimmernd hervor.
„Es gibt keine Rettung", fügte die andere hinzu und ließ sich zu Boden fallen.
Dorian war nach hinten gelaufen und warf einen Blick aus der Sakristei ins Freie. Auch dort war die Läge aussichtslos - die Grüngesichtigen von Cluebury warteten bereits. Alle von dem dämonischen Parasiten Heimgesuchten schienen sich eingefunden zu haben.
Dorian kehrte zu dem Pfarrer und seinen Schützlingen zurück. Er hatte sie noch nicht ganz erreicht, als der befallene Mann, der eben noch auf dem Boden umhergekrochen war, einen schrillen Laut ausstieß, sich aufrappelte und torkelnd durch das Portal auf die Befallenen zulief. Johlend nahmen sie ihn in ihre Reihen auf. Auch sein Geist war nun von dem Parasiten angegriffen.
Der Dämonenkiller beobachtete die Frau mit dem verhüllten Gesicht. Er konnte ihre Züge nicht erkennen, doch er sah an ihren Bewegungen, daß es nur noch eine Frage von Sekunden war, wann auch sie zur Überläuferin wurde.
Die Kirche erbebte immer stärker. Es war ein Wunder, daß sie überhaupt noch stand. Ein magischer Schlag traf sie mit größter Wucht, begleitet von einem Donnerschlag. Die Fensterrose kippte nach innen und zerplatzte vor dem Portal in Tausende von Scherben. Dorian, der Pfarrer und die beiden schluchzenden Frauen mußten
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