066 - Zerberus, der dreiköpfige Tod
es würde eine Weile dauern, bis er sich unter dem Felsen hervorgearbeitet hatte. Inzwischen konnte Roxane sehr weit laufen, sich in Sicherheit bringen und verstecken. Wenn sie Glück hatte, würde Atax sie nicht finden. Vielleicht gab er die Suche schon nach kurzem auf. Schließlich war sie ihm nicht so wichtig wie sein Besuch bei den Grausamen 5.
Der tödliche Sog riß Cuca dem schrecklichen Wurm entgegen.
Er würde die Hexe verschlingen, und Roxane konnte sich vorstellen, daß er hinterher auch Appetit auf sie hatte. Allein aus diesem Grund war es schon wichtig, keine Sekunde länger hierzubleiben.
Cuca beugte sich dem steinernen Maul entgegen.
Ihr silbergraues Haar flatterte schon in den riesigen Rachen des Untiers hinein. Sekunden später folgte ihr Kopf. Sie stemmte sich mit den Armen vom Maul ab, schrie ohne Unterlaß. Immer wieder rief sie Atax' Namen, doch der Dämon reagierte nicht.
Ein grauenvoller Tod schien Cuca gewiß zu sein. Sosehr sie sich auch wehrte, der Wurm war stärker als sie. Die Kraft, die von ihm ausging, brach Cucas Widerstand. Ihre Hände rutschten vom scharfkantigen Rand des Mauls ab, und im nächsten Moment steckte Cuca bis zu den Schultern im Rachen des Wurms.
Und das steinerne Tier begann zu schlingen…
Aber das bekam Roxane nicht mehr mit. Sie hätte auch dann keinen Finger für Cuca gerührt, wenn sie dazu in der Lage gewesen wäre, den die Hexe war ihre Todfeindin. Solange Cuca lebte, würde sie versuchen, Roxane zu vernichten, damit Mr. Silver wieder für sie frei war.
Sie wollte den Silberdämon zurückgewinnen…
Ein Plan, der ihr nun nicht mehr gelingen würde.
Roxane lief mit kraftlosen Schritten. Jetzt spürte sie erst, wie sehr sie geschwächt war, und es wunderte sie, daß sich Arma im Augenblick nicht gegen sie durchsetzen konnte. Vielleicht mußte sich Arma erst von dem Schlag erholen, daß sie in diesen Augenblicken eine wichtige Verbündete verlor.
Wieder setzte dieses Beben ein, ausgelöst von dem steinernen Monster, das Roxane nicht entkommen lassen wollte.
Diesmal stürzten jedoch keine Felsblöcke herab, sondern der Boden tat sich unvermittelt unter Roxanes Füßen auf.
Die weiße Hexe stieß einen erschrockenen Schrei aus, warf die Arme hoch und fiel in ein schwarzes Loch. Erde fiel in Klumpen über sie.
Und dann wurde ihr schwarz vor den Augen.
***
Der Flugdrachen!
Sein Anblick war erschreckend. Sein Körper war verhältnismäßig schmal und von Schuppen bedeckt, die auf dem Rücken dunkelgrün waren, zum Bauch hin immer heller und schließlich in ein mattes Gelb übergingen.
Die Flügel waren sehr breit und sahen aus, als bestünden sie aus widerstandsfähigem, dunkelgrünem Leder. Ungeheuer kräftig wirkte das Urzeittier. Es war durchaus vorstellbar, daß es uns alle durch die Lüfte hätte tragen können.
Niemand hatte Schuld an dieser gefährlichen Situation. Wer von uns hätte ahnen sollen, daß sich in dieser Höhle ein Gelege befand? Es war verständlich, daß der Flugdrachen seine Brut verteidigte.
Er setzte mit seinen stämmigen Füßen auf. Die dicken, langen Krallen kratzten über den Felsen. Der Kopf des Tieres war schmal und sein Maul glich einem langen, dünnen Schnabel.
Jetzt klappte das Maul auf.
Gelbliche Zähne schimmerten im Tageslicht. Sie glichen langen Dornen, schienen zu Tausenden im Kiefer zu stecken.
Verdammt, es war nicht unsere Absicht gewesen, das Tier zu reizen, aber nun war es passiert, und wir mußten mit den Konsequenzen fertig werden.
Aus kleinen schwarzen Augen starrte uns der Flugdrache feindselig an, und er stieß einen krächzenden Schrei aus. Die Höhle hallte davon wider.
Cruv packte seinen Stock fester.
Auch Jubilee umklammerte ihren Gabelstock mit beiden Händen, doch ich wollte nicht, daß sie sich dem Drachen stellte. Ihr Gewissen schien das von ihr zu verlangen. Es war ihr Vorschlag gewesen, den weiten Weg zu Fujex' Gebiet auf einem Flugdrachen zurückzulegen. Dadurch hatte sie uns in diese Gefahr gebracht, aber mit ihrem lächerlichen Stock - mochte sie ihn noch so gut zu handhaben - konnte sie gegen den zornigen Drachen nichts ausrichten, deshalb griff ich blitzschnell nach ihrem Arm und riß sie zurück.
»Laß mich!« schrie sie spitz.
»Bleib hinter mir!« sagte ich scharf.
Ich zog auch Cruv zurück.
Der Gnom schaute mich irritiert an.
»Bleib neben Jubilee!« sagte ich hastig. »Paß auf sie auf! Du bist mir für sie verantwortlich! Sie darf keine Dummheiten machen!«
»Okay, Tony.«
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