0661 - Dämonische Kreuzfahrt
der Tamilen entgegen. Hiob hob sein Gewehr an, es sah aus, als wollte er den Kolben auf den Kopf des Kapitäns schmettern. Im letzten Augenblick beherrschte er sich.
McDuncan kniete vor ihm. Hiob konnte es nicht lassen. Er hob einen Fuß an. Den Schnürschuh drückte er auf den Kopf des Mannes, sodass McDuncan noch tiefer sank.
Mit dem Gesicht zuerst berührte er das Deck und so blieb er auch liegen, das Lachen des Tamilen musste dabei in seinen Ohren gellen. Auch uns erreichte es.
»Bleib ruhig, John«, murmelte mein Freund neben mir: »Nur keine unüberlegten Handlungen. Wenn McDuncan den Mund hält, wird unsere Chance noch kommen.«
»Hast du einen Plan?«
»Wahrscheinlich den Gleichen wie du. Es muss uns gelingen, ungesehen in den Lagerraum zu kommen. Sie wollen den schlafenden Gott, das müssen wir verhindern.«
Suko hatte Recht. Wenn sie ihn erweckten und er sie unterstützte, sah es wirklich böse aus.
Leider mussten wir noch abwarten, denn ungesehen kamen wir nicht aus unserer Deckung heraus.
Der Tamile bückte sich. In der rechten Hand hielt er das Gewehr. Seine Leute hatten hinter ihm einen sehr wachsamen Halbkreis gebildet.
Ich drehte mich um, weil ich von meinem Platz auch hoch zur Brücke schauen konnte.
Hinter den breiten Fenstern malten sich die regungslosen Gestalten der Offiziere ab. Natürlich hatten die Männer dort oben mitbekommen, was hier auf dem Deck ablief. Ich konnte nur hoffen, dass sie die Nerven behielten und nicht eingriffen.
Hiob zog den Kapitän hoch. McDuncan war ein harter Knochen, er blieb auf den Beinen, auch wenn er gebückt stand und seine Hände gegen die getroffene Stelle gepresst hielt.
»Es war eine Warnung, Käpt'n. Nur eine leichte. Sie können es auch härter haben.«
Der Schotte holte tief Luft und bewegte dabei seine Schulterblätter. »Verflucht, Hiob, wir haben nichts, was sich zu rauben lohnte. Unsere Kasse ist leer. Okay, die Passagiere besitzen Schmuck und den…«
»Nein, nichts davon.«
»Was wollen Piraten sonst?«
Hiob verzog das Gesicht. »Wir sind keine Piraten«, erklärte er. »Wir sind Freiheitskämpfer, und wir wollen uns nur das holen, was uns auch zusteht.«
»Wir haben nichts…«
»Doch, ihr habt es an Bord. Unten im Lagerraum steht der Gegenstand, den wir brauchen.«
»Was ist es?«
»Der schlafende Gott!«
McDuncan war ein guter Schauspieler. »Was soll das sein? Ein schlafender Gott?«
Hiob reagierte. Ohne sich umzudrehen, gab er seinen Leuten einen Befehl. Zwei mit Maschinenpistolen bewaffnete Männer setzten sich in Bewegung und liefen dem Aufgang entgegen, der hoch zur Brücke führte. Sie schauten dabei nicht nach rechts und links, sonst hätten sie uns eventuell trotz des Schattens entdeckt, in den wir uns duckten. Die Kerle eilten die Stufen hoch.
McDuncan wollte eine Frage stellen. Hiob ließ ihn nicht dazu kommen. »Du hast uns schon zu lange zum Narren gehalten. Wir reden gleich weiter, Kapitän!«
Die zwei Typen hatten die Plattform erreicht. Sie stürmten sie einen Moment später. Leider war es für uns unmöglich, herauszufinden, was sich dort oben abspielte, allerdings befürchteten wir das Schlimmste und hatten uns nicht getäuscht.
Erst erklang der Schrei, danach der Schuss.
Es wurde still.
Ich merkte den Schauer auf meinem Gesicht, der sich allmählich zu Eis abkühlte.
Sekunden später wirbelte ein kompakter Schatten durch die Luft. Über die Plattform hinweggestoßen, fiel er mit grotesken Bewegungen dem Deck entgegen und landete dort mit einem dumpfen, brutal harten Aufschlag, der sich so verflucht endgültig anhörte.
Hiob musste wieder lachen. Er ging nicht hin, sondern erklärte mit lauter Stimme: »Er ist tot, das weiß ich. Und es werden alle anderen sterben, die sich gegen uns stellen.«
McDuncan ballte die Hände. »Verdammt noch mal, was hat Ihnen der Mann getan?«
»Nichts.«
»Sie hätten ihn leben…«, er hustete, dann flog sein Kopf zurück, als ihm Hiob ins Gesicht schlug.
»Ja, das hätte ich, aber ich werde einen Teufel tun, Mister. Kommt nicht in Frage. Jeder soll sehen, dass es uns verdammt ernst ist. Wir setzen unsere Ziele durch und auch Sie, Käpt'n, tun gut daran, sich nicht gegen uns zu stellen.«
»Ich weiß.«
»Dann ist es ja gut.«
Ich hatte schweißfeuchte Hände bekommen, zudem flimmerte es vor meinen Augen. Dieser feige, hinterhältige Mord war mir schwer an die Nieren gegangen. Suko dachte ebenso. Nur blieb sein Gesicht starr, er unterdrückte die
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