0667 - Das Horrorhaus von Pratau
Händen und Füßen.«
»Ja«, gab auch ich noch meinen Senf dazu. »Wie der eine, der erzählte, dass er ganz harmlos aus der Kneipe kam, und da trat ihm doch jemand auf die Hände…«
Suko grinste nur müde, während Harry lachte. Es tat gut, in dieser verdammten Zeit auch mal zu lachen.
Wir stiegen hinab, mussten eine große Tür öffnen und gelangten in einen großen Raum mit unterschiedlich hoher Decke. An den Seiten war sie sehr niedrig, ansonsten doch ziemlich hoch.
Ich konnte nur staunen.
An den langen Tischen waren noch zahlreiche Plätze frei gelassen worden. Wir suchten allerdings in diesem Gewölbe, in dem es schon nach Essen roch, nach einem gewissen Werner Kraus.
Suko entdeckte ihn in einer Ecke sitzend. Er hockte da wie jemand, der Weltschmerz hatte, und starrte trübe in sein Bierglas, das zur Hälfte leer war. Auch als wir uns ihm näherten, schaute er nicht auf. Erst als die Stuhlbeine über den kahlen Boden rutschten, hob er den Blick.
»Was wollen Sie?«
»Wir sind von der Polizei«, sagte Harry.
Obwohl er Kraus damit überrascht hatte, zeigte dieser keine negative Reaktion. Er kam mir sogar erleichtert vor. Wir nahmen Platz, die Bedienung war sehr schnell da und fragte nach unseren Wünschen. Wir einigten uns auf Wasser.
Kraus strich durch seinen Bart und rückte die Brille zurecht. Etwas verloren schaute er durch die Gläser. »Ich kann mir vorstellen, weshalb Sie gekommen sind.«
»Bitte«, sagte Harry.
Kraus schaute den Kommissar an. »Geht es um meine Entdeckung in der Nacht?«
»Ja.«
Werner Kraus nickte, als wollte er sich selbst bestätigen. »Schneider hat mich nur angeschaut und so getan, als hätte er mir nicht geglaubt. Ist auch schwer, aber ich war da noch nicht betrunken. Später, zu Hause, da habe ich mir einen auf die Lampe gekippt, doch nicht, als ich fuhr und den Schatten sah.«
»Können Sie das noch genauer erklären?«
»Klar, Herr Kommissar, kann ich.«
Seine Erinnerung war noch frisch. So erfuhren wir Einzelheiten, die zwar fremd oder neu für uns waren, uns trotzdem bekannt vorkamen, denn eine Bestie wie Mallmann handelte eben so und nicht anders.
Die Stimme des Mannes verlor immer mehr an Lautstärke. Zuletzt bestand sie nur aus einem Flüstern. »Wissen Sie, was ich denke?« Er lehnte sich zurück. »Das können Sie gar nicht wissen.«
»Aber Sie werden es uns sagen«, lächelte Harry.
»Und ob. Auch wenn Sie mich für dämlich irre oder sonst was halten. Ich glaube, dass ich einen Vampir gesehen habe. Keinen aus dem Kino, sondern einen echten.«
Da niemand widersprach, wurde er unsicher und fuhr mit seiner linken Hand hoch bis zum Hals, als wollte er prüfen, ob sich dort Bissstellen abzeichneten.
»Stimmt«, sagte ich schließlich.
Kraus musste schlucken. »Sie - Sie glauben mir?« Hastig trank er sein Glas leer und wischte einige Tropfen aus dem Bart.
»Wegen dieses Vampirs sind wir gekommen!«, klärte ihn Suko auf.
Kraus blieb auch weiterhin stumm. Da die Kellnerin vorbeikam, knickte er nur den rechten Zeigefinger ab und deutete mit der Spitze auf die Glasöffnung. Danach schaute er von einem zum anderen. Seine Worte mussten wir ihm beinahe von den Lippen ablesen. »Ehrlich - ein Vampir?«
Ich nickte.
Kraus wartete, räusperte sich. Wir sahen ihm an, dass er nach Worten suchte. »Dann sind Sie so etwas wie dieser van Helsing aus dem Roman Dracula?«
»Nicht direkt«, wich Suko aus.
»Und Sie jagen ihn?«
Das bestätigten Suko und ich, während Kraus ein frisches Bier erhielt. Kraus hob die Schultern und blickte auf den Schaum. »Ich kann das nicht fassen, ehrlich. Wieso ausgerechnet hier bei uns in Wittenberg? Was haben wir getan?«
»Das hat verschiedene Gründe.«
»Nun ja, ich war unterwegs. Aber meine Mutter erzählte mir, dass wohl was geschehen ist. Es ging da um Kranke, die angeblich nicht so ganz krank waren.«
»Die aus der Klinik des Dr. Drake«, präzisierte Harry Stahl.
»Genau.«
»Könnte«, so begann der Kommissar, »dieses Haus dem Vampir als Versteck dienen?«
Kraus lachte schal, trank rasch und fragte: »Woher soll ich das denn wissen?«
»Eventuell durch Erzählungen.«
»Nein, da liegen Sie schief. Wir haben über ein derartiges Thema nicht gesprochen.«
»Kennen Sie persönlich noch andere Verstecke, wo sich ein Vampir verbergen könnte?«
»Hier in Wittenberg?« Kraus blies die Wangen auf und überlegte. »Meine Güte, wir sind eine alte Stadt mit Tradition. Hier existieren noch Häuser, die Jahrhunderte
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