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067 - Der Redner

067 - Der Redner

Titel: 067 - Der Redner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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habe«, sagte der Farmer sofort, um seine Unschuld zu beteuern. »Er wollte mir die Pistole wegnehmen, und dabei entlud sie sich.«
    »Das können Sie ja den Geschworenen erzählen«, erwiderte der Redner eisig.
    Es war ein alltäglicher Mord. Nur die Tatsache, daß ein Polizist erschossen worden war, lenkte das allgemeine Interesse auf den Prozeß. Beim Polizeigericht sowohl als auch vor den Geschworenen wurde der Farmer glänzend verteidigt. Da er dreitausend Pfund besaß, konnte er sich das ja leisten. Infolgedessen dauerte der Prozeß statt eines Tages zwei, aber der Ausgang blieb deshalb doch der gleiche. Die Zeitungsberichterstatter spitzten ihre Bleistifte; die Gerichtsdiener lehnten gelangweilt an der Wand. Die Zuhörer und auch die Geschworenen wußten, daß der Prozeß nur mit der Verurteilung des Schuldigen enden konnte. Nur der Richter und der Verteidiger nahmen noch mit einigem Interesse an der Verhandlung teil.
    Aber als das Todesurteil ausgesprochen war und Giles unter der Aufsicht von drei Wärtern ins Gefängnis von Wandsworth gebracht wurde, hielt er seine Sache noch immer nicht für aussichtslos.
    Seine Berufung wurde jedoch von der nächsthöheren Instanz verworfen, und nun bat er Mr. Rater um eine Unterredung.
    Der Chefinspektor suchte den Farmer auch tatsächlich in der Zelle auf und wurde von dem Mann mit einem Grinsen begrüßt.
    »Nun haben Sie mich also wirklich so weit gebracht, daß ich gehenkt werde, Rater. Aber warum haben Sie denn den Higgy mit drei Jahren davonkommen lassen?«
    Der Redner schwieg.
    »Und dann dieser gemeine Kerl, der Smith, der glaubte natürlich, ich hinterlasse meiner Frau das Geld, damit er sie heiraten kann. Aber damit Sie es nur wissen, Mr. Rater, sie ist gar nicht meine Frau. Ich bin nämlich schon vorher verheiratet gewesen. Die Ehe mit ihr ist vollkommen ungültig, und die Frau bekommt keinen Cent!«
    Er erzählte dem Chefinspektor alle Einzelheiten über seine erste Ehe, aber nicht aus Reue, sondern aus Rache.
    »Ich werde es ihr schon eintränken. Sie soll nichts von mir haben! Immer war sie ein Mühlstein an meinem Hals!«
    Auch Mr. Rater hatte er aus reiner Gemeinheit rufen lassen. Der Chefinspektor sagte ihm offen, was er von ihm dachte, aber Giles grinste nur selbstzufrieden.
    »Smith heiratet sie nicht - wenigstens nicht meines Geldes wegen.«
    »Über Smith brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen«, begann der Redner, brach aber plötzlich ab.
    »Der Kerl ist ein Spitzbube«, sagte der Farmer höhnisch. »Ich habe ihn schon lange durchschaut. Er geht immer nachts aus und bleibt ein paar Tage fort. Er lebt ganz allein für sich, und ich gehe mit Ihnen die größte Wette ein, daß Sie Berge von gestohlenen Dingen bei ihm finden.«
    Der Redner war froh, als er den Farmer verlassen konnte.
    Über seinen Nachbar ärgerte sich Giles bis zum letzten Augenblick und sprach dauernd mit seinen Wärtern über ihn, aber die Leute hörten ihm kaum zu.
    »Ich wünschte nur, ich hätte ihm tatsächlich den Schädel eingetrommelt. Man kann mich ja doch nur einmal henken, auch wenn ich fünfzigtausend Menschen umgebracht hätte. Aber die Narbe an der Stirn wird er noch lange herumtragen. Sehen Sie, hier habe ich ihn getroffen.« Er zeigte auf die Stelle.
    Schließlich, kam der letzte Morgen. Mr. Giles ließ geduldig das Gebet des Geistlichen über sich ergehen. Trotz der langen Haft sah er frisch und blühend aus, und er schien nicht die geringste Furcht vor der Hinrichtung zu empfinden. Als der Pfarrer zu Ende war, erhob sich Giles erleichtert.
    »Nun wollen wir uns einmal den Henker ansehen«, sagte er, aber das Wort erstarb ihm im Munde, denn der Mann trat gerade in seine Zelle ein. Er hatte einen schwarzen Strick in der Hand. Giles starrte ihn entsetzt an. Deutlich erkannte er die Narbe an seiner Stirn. Es war kein Zweifel, das war Smith - sein geheimnisvoller Nachbar!
    »Donnerwetter!« rief er atemlos. »Das haben Sie also gemeint, als Sie sagten, Sie hätten ein Hühnchen mit mir zu rupfen? Und ich würde den Zeitpunkt selbst bestimmen .«
    Smith antwortete nicht, denn er sprach niemals während der Geschäftsstunden.

Im Banne des Sirius
    Der Redner war nicht gerade in bester Stimmung, als das Telefon läutete. Er sah sich hilflos nach seinem Assistenten um, denn er liebte es nicht, persönlich an den Apparat zu gehen.
    »Ist dort Mr. Rater?«
    Die Stimmen junger Damen sind am Telefon schwer zu unterscheiden, aber Mr. Rater wußte sofort, wer ihn anrief.
    »Ja,

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