0673 - Die Jagd
»Die Triaden haben Suko gekidnappt und mir ein Ultimatum von drei Tagen gestellt. Sollten Sie sich bis dahin nicht aus Ihren Geschäften zurückgezogen haben, wird Suko getötet.«
Logan Costello schüttelte den Kopf, als könnte er meine Worte nicht glauben. Dann gab er ein Geräusch von sich, was wohl ein Lachen sein sollte. Er legte seine Hand an das rechte Ohr und flüsterte: »Habe ich richtig verstanden, Sinclair? Ich soll meine Geschäfte aufgeben, nur um einen Bullen zu retten?« Er schrie und lachte zugleich. »Das ist doch Irrsinn, Mann! Ich bin froh, wenn ich einen Bullen weniger in London weiß. Kannst du dir das nicht vorstellen?«
»Nun ja, so lautet die Bedingung.«
»Du hast die Reise umsonst gemacht, Sinclair. Such dir irgendwo ein Zimmer, geh auf die Piste und lass mich ansonsten in Ruhe. Alles klar?«
»Für mich nicht. Es gibt noch immer einen Spielraum, und das ist auch in Ihrem Interesse.«
Er schüttelte stur den Kopf. »Was für mich interessant ist und was nicht, das bestimme noch immer ich. Kapiert?«
»Sie könnten zum Schein auf das Angebot eingehen.«
Costello hatte längst seine Brille wieder aufgesetzt. Jetzt rieb er sich die Hände. »Schau an, ein Bulle, der bei mir bettelt. Das habe ich auch noch nicht erlebt.«
»Ich bettele nicht. Sie sollten nachdenken, Costello. Die Triaden machen Ihnen das Leben zur Hölle, wenn sie nicht gestoppt werden. Noch halten Sie das Heft in der Hand, was sich allerdings rasch ändern kann. Wir brauchen uns nichts vorzumachen, wir kennen einander. Wir stehen auf verschiedenen Seiten. Der eine wünscht dem anderen die Pest an den Leib. Aber wir sind beide irgendwie berechenbar, was man von den Triaden nicht behaupten kann. Die arbeiten mit völlig neuen und brutalen Methoden. Ich will Ihnen einen guten Rat geben. Wir spielen zusammen, für eine Weile schließen wir einen Burgfrieden. Damit ist uns beiden gedient, und Sie brauchen sich nicht um die Triaden zu kümmern.«
Der Mafioso streckte die Beine aus, klatschte in die Hände und sagte: »Sinclair, du redest Mist!«
»Ich glaube nicht.«
»Doch, du redest Mist. Ich weiß von keinen Triaden und will nicht, dass du dich in meine Geschäfte einmischst. Ich will vor allen Dingen wissen, was mit meinen beiden Männern geschehen ist, die ich losgeschickt habe. Solange ich darüber keine Auskunft habe, darfst du dich als mein Gast betrachten.«
»Sie wollen mich mit Gewalt festhalten?«
Er grinste mit seinen ebenfalls grau wirkenden Lippen. »Nur dann, wenn du dich störrisch anstellst.«
Die Entwicklung passte mir überhaupt nicht, obwohl ich damit hatte rechnen müssen. Ich kam nicht dazu, eine Antwort zu geben, denn das Telefon summte.
Geierartig grapschte Costello nach den Hörer; bellte irgendwas in die Muschel und sagte: »Stellen Sie London durch!«
Von der sich anschließenden Unterhaltung verstand ich kaum etwas, weil sie in einem Dialekt geführt wurde. Aber ich beobachtete Costellos Reaktionen, die waren nicht sehr positiv, denn mit immer länger werdender Gesprächsdauer verkantete sich sein Gesicht noch mehr. Seine Fragen stellte er schnell, er schrie auch, und die Haltung seiner Leibwächter hatte sich verändert, wie ich mit einem Blick auf die Scheibe feststellen konnte, in der sich die Gestalten widerspiegelten.
Das Gespräch dauerte einige Minuten. Selbst der Schweiß auf Costellos Stirn sah grau aus. Als er auflegte, stierte er für eine Weile auf den Schreibtisch.
»Schlechte Nachrichten, Costello?«
Langsam hob er den Kopf, nahm die Brille ab und wischte über seine Augen. Sie waren blutunterlaufen. So hatte ich sie noch nie gesehen, auch zu der Zeit nicht, als Costello noch ein Günstling des Teufels gewesen war. »Das war ein Anruf aus London. Meine größte Lagerhalle wurde ein Opfer der Flammen. Zuvor aber gab es eine Explosion. Vier Leute haben den Tod gefunden…«
»Das waren die Triaden.«
»Halt die Schnauze, Bulle!«, schrie er.
»Nein, Costello. Damit haben wir den Beweis, dass ich nicht gelogen habe. Ich weiß nicht, was Sie in der Halle lagerten, kann mir aber denken, dass es einen herben Verlust für Sie bedeutet.«
»Ja, einige Millionen.«
»Hoffentlich sind Sie gut versichert.«
»Das hat damit nichts zu tun, verdammt!« Er stierte mich an. »Gut, Sinclair, gehen wir davon aus, dass es sich um die komischen Triaden handelte. Einen Beweis habe ich ja nicht. Ich bin auch weit weg von London, dort sollen andere Leute die Sache regeln. Aber hier
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