0694 - Eine Falle für Merlin
bekam ihn an seiner weißen Kutte zu fassen, zerrte ihn mit sich und schob ihn zur Tür hinaus. Erst als sie die zugeknallt hatte und sich dagegen lehnte, wurde ihr klar, was sie gerade fertig gebracht hatte - den mächtigen Zauberer Merlin ‘rauszuschmeißen!
Zamorra erhob sich etwas langsamer. Auch ihm war anzusehen, wie stark der Zorn in ihm kochte, während er nach seiner Hose griff und sie überstreifte.
»Er hatte mein Amulett um den Hals hängen«, murmelte er dabei. »Wie hat dieser verdammte Halunke das jetzt schon wieder geschafft?«
Er sprach nicht gut über Merlin. Zu viel Ärger hatte der Zauberer von Avalon ihnen in letzter Zeit bereitet. Vorwiegend durch seine überaus arrogante Art, Aufträge zu erteilen und Zamorra oder auch Nicole zur Ausführung derselben zu erpressen.
Hinzu kam, dass er sich mit Hilfe seiner Magie jederzeit Zutritt zum Château Montagne verschaffen konnte, zu Zamorras Wohnsitz. Das Château war zwar gegen dämonische oder dämonisierte Eindringlinge rundum gesichert, aber Merlin war kein Schwarzmagier, und für ihn hatte Zamorra bisher noch keine Sperr-Magie gefunden.
Umgekehrt sicherte Merlin seine unsichtbare Burg Caermardhin sogar gegen seine Freunde ab!
Es hatte eine kurze Phase gegeben, in welcher Merlin Zamorra ein PERMIT zur Verfügung gestellt hatte, mit dem er Caermardhin betreten konnte. Aber er hatte es längst wieder zurückgefordert, und auch die Regenbogenblumen in seiner Burg entsprechend abgeschirmt. Ohne Merlins ausdrückliche Erlaubnis, über die er von Fall zu Fall neu entschied, kam niemand nach Caermardhin hinein.
Zamorra wollte das nicht länger hinnehmen.
Er war nicht Merlins Sklave, den dieser nach Belieben herumkommandieren konnte. Er war Merlins Partner im Kampf gegen die dunklen Mächte.
Aber der uralte Zauberer sah das anscheinend anders.
Sein Pech, dachte Zamorra wütend.
Er war in den letzten Jahren enorme Risiken eingegangen, hatte dabei oft genug sein Leben aufs Spiel gesetzt, um Merlin zu helfen oder die Fehler auszubügeln, die der Zauberer zunehmend beging. Und was war Merlins Dank…?
Neue Aufträge.
Aufträge, die offenbar in Merlins ganz persönlichem, privaten Interesse lagen.
Warum erledigte der Alte diese Dinge nicht selbst?
Und - warum spielte er immer wieder den großen Geheimniskrämer? Warum erklärte er seinem Helfer Zamorra die Hintergründe nicht?
Der Dämonenjäger hatte es satt.
Und erst recht nach Merlins jetzigem Auftritt, einfach in das intime Zusammensein hereinzuplatzen! Das machte das Maß voll.
Sicher - für die Liebe gab es die durchaus luxuriös eingerichteten Schlafräume eine Etage höher. Aber jeder im Château wusste längst, dass Zamorra und seine Lebensgefährtin sich häufig auch im Kaminzimmer verlustierten, in der anheimelnden Atmosphäre dieser ›kleinen Bibliothek‹, wie sie eigentlich genannt wurde. Im Normalfall stand die Tür einen schmalen Spalt weit offen; war sie richtig zu, wollten die darin befindlichen Personen sicher nicht gestört werden… Das akzeptierten mittlerweile sogar der junge Rhett ›Lord Zwerg‹ Saris und der Jungdrache Fooly.
Merlin hatte es nicht akzeptiert.
Er war einmal mehr einfach so im Château Montagne erschienen, ungefragt und ungebeten, und störte Zamorra und Nicole in einem der ungünstigsten Augenblicke.
»Vielleicht war es eines der anderen sechs Amulette?«, überlegte Nicole. »Du hast den Safe doch extra Merlins wegen mit einem zusätzlichen Zauber versehen. Er kann doch nicht…«
»Theoretisch nicht. Praktisch offenbar schon - und ich werde doch mein Amulett noch erkennen!«
Nicole runzelte die Stirn. Die insgesamt sieben Amulette glichen sich äußerlich, als stammten sie aus derselben Gießform. Dabei waren sie in Abständen von Jahrhunderten oder vielleicht sogar Jahrtausenden entstanden…
»Denn müssen wir das Amulett noch besser absichern«, sagte sie verdrossen.
»Wir müssen das ganze Château noch besser absichern«, knurrte Zamorra.
Nicole hob die Hand und rief das Amulett. Im nächsten Moment hielt sie Merlins Stern zwischen ihren Fingern. Es war also tatsächlich Zamorras Amulett; keines der anderen war fähig, ihrem oder Zamòrras Ruf zu folgen. Ein paar Sekunden lang betrachtete sie die handtellergroße Silberscheibe, dann hakte sie sie in die Halskette ein, die sie ebenso wie Zamorra für diesen Zweck ständig trug.
Der war jetzt auch in Hemd und Schuhe geschlüpft. Er stampfte zur Tür und riss sie so schwungvoll auf, dass
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