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07 - Old Surehand I

07 - Old Surehand I

Titel: 07 - Old Surehand I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sitzt, nicht eher!“
    „Schweigt, Sir!“ antwortete ich zurück. „Wenn Euch die Roten nicht sehen, so müssen sie Euch doch hören, wenn Ihr in dieser Weise brüllt!“
    „Gut, ich werde schweigen; aber ich lege Euch meine Leiche aufs Gewissen. Seht, wie Ihr sie wieder herunterbringt!“
    Wir trieben unsre Pferde so an, daß es schien, als ob der ‚Kleine Wald‘ auf uns zugeflogen käme. Der Grasboden war weich, der Hufschlag also kaum zu hören. Dabei hielten wir die Augen scharf auf unser Ziel gerichtet, um eine etwaige Gefahr rechtzeitig zu bemerken. Es war aber keine vorhanden, und wir erreichten ganz glücklich den Waldesrand. Dort sprangen wir ab, nahmen die Gewehre schußbereit in die Hände und lauschten. Es regte sich nichts. Wir versuchten, das Gebüsch mit unsern Blicken zu durchdringen; es war auch nichts zu sehen. Da flüsterte uns Old Surehand zu: „Haltet mein Pferd! Ich komme bald wieder.“
    „Wo wollt Ihr hin?“
    „Spüren. Habt keine Sorge! Ich verstehe mich darauf.“
    Es wäre eine Beleidigung gewesen, wenn ich ihm meine Begleitung angeboten oder gar ihn zurückgehalten hätte; ich ließ ihn also gehen. Es dauerte ziemlich lange, ehe er wieder kam, um uns zu melden:
    „Wir haben ungeheuer Glück gehabt, daß wir nicht bemerkt worden sind. Die Comanchen befinden sich im Wald.“
    „Habt Ihr sie gesehen?“ fragte ich leise.
    „Nein; aber wir wissen doch, daß ihre Fährte nach dem Wald geht, und ich habe mich jetzt überzeugt, daß sie nicht wieder herausführt; sie sind also noch drin. Das bloß war es, was ich einstweilen wissen wollte. Wir müssen sie beschleichen.“
    „Well“, nickte Old Wabble. „Das können nur zwei tun, denn der dritte muß hier bei den Pferden bleiben. Wer wird das sein, Mr. Shatterhand?“
    „Ihr selbst“, antwortete Old Surehand, obgleich der Alte mich gefragt hatte.
    „Fällt mir nicht ein! Untätig hier bleiben! Ich kriech mit im Wald herum, denn ich habe Euch zu beweisen, daß ich keine Furcht besitz.“
    „Das wissen wir schon, also ist dieser Beweis ganz überflüssig. Ich brauche Euch wohl nicht zu sagen, wie ich Euch kenne und schätze, und darum werdet Ihr es nicht übelnehmen, wenn ich Euch daran erinnere, daß das ‚Herumkriechen im Wald‘ nicht gerade Eure starke Seite ist. Ihr seid auf der offenen Savanne besser daheim. Bleibt also bei den Pferden!“
    „Ganz wie Ihr wollt“, antwortete der Alte mit einer Bewegung der Ungeduld. „Es ist hier nicht der Ort und die Zeit, uns zu streiten; ich will mich also als der Verständige fügen. Macht euch also auf die Suche; aber wenn ihr dann als Leichen wiederkommt, so will ich keine Vorwürfe hören!“
    Er nahm die Pferde an den Zügeln fest und winkte uns fort. Old Surehand sah mich fragend an; ich antwortete:
    „Uns zu trennen, ist hier zu gefährlich; es ist noch heller Tag; wir können leicht bemerkt werden, und da muß einer dem andern schnell zu Hilfe kommen können.“
    „Richtig, Sir! Aber wohin wenden wir uns?“
    „Habt Ihr vorhin, als Ihr fort wart, nicht eine Stelle bemerkt, wo das Eindringen nicht zu beschwerlich und geräuschvoll ist?“
    „Ich glaube, eine zu kennen. Kommt!“
    Er führte mich um einige Buschecken und deutete dann nach dem Strauchwerk, welches hier weniger dicht als anderwärts stand. Ich nickte, legte mich nieder und kroch hinein; er folgte mir. Wir hatten unsre Gewehre natürlich bei Old Wabble gelassen; meine beiden Revolver und das Messer reichten für alle Fälle hin.
    Wir hatten, wie gesagt, noch hellen Tag; die Roten konnten also jede größere Bewegung des Gesträuchs sehen; das erschwerte unsre Aufgabe in einer Weise, daß wir nur höchst langsam vorwärts rückten. In einer halben Stunde hatten wir ein Drittel unsres Weges zurückgelegt; dann aber wurde es besser. Wir mußten nach der Mitte des Wäldchens, wo das Wasser lag, an welchem sich die Comanchen jedenfalls befanden. Nach abermals einer Viertelstunde hörte ich vor uns ein Pferd schnauben; auch Old Surehand hatte es gehört, denn er stieß mich an, um mich darauf aufmerksam zu machen. Hatte das Tier nur zufällig geschnaubt oder wollte es dadurch nach Art der indianischen Pferde seinen Besitzer vor uns warnen? In diesem Fall war die Gefahr für uns doppelt groß.
    Ich muß sagen, daß ich mich nicht nur über Old Surehand freute, sondern daß ich ihn sogar bewunderte. Erst war er hinter mir geblieben, nun drang er neben mir vorwärts, und zwar mit einer Ausdauer, Umsichtigkeit und

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