0719 - Sargasso-Tod
Radcliff von hinten und drehte dem Rasenden die Arme auf den Rücken.
»Das Amulett, Nici!«, schrie Zamorra, um den tobenden Hippie zu übertönen.
Eigentlich wäre diese Bemerkung überflüssig gewesen. Nicole Duval wusste auch so, was sie zu tun hatte. Schließlich hatte sie gemeinsam mit Zamorra schon oft genug Menschen gerettet, deren Seelen von Schwarzblütigen okkupiert worden waren.
Die Dämonenjägerin rief Merlins Stern per Gedankenbefehl. Zamorra benötigte beide Arme, um Radcliff zu halten. Das Gesicht des Dämonenopfers war zu einer grotesken Maske verzerrt.
Als Nicole die Silberscheibe in beiden Händen hielt, näherte sie sich damit Radcliffs Kopf. Sie wollte das Metall gegen seine Stirn drücken, um einen direkten Kontakt herzustellen. Die meisten Dämonen zogen bei einer solchen Konfrontation den Kürzeren.
Doch bevor es so weit kam, baute sich über Zamorra und Radcliff eine riesige feinstoffliche Gestalt auf.
Eine grauenvolle dämonische Kreatur, so hässlich wie auf den Darstellungen eines mittelalterlichen Mysterienmalers.
»Fürchtet Kabor!«
***
Dunkle Freude hatte den Seelenfresser erfüllt, als dieser grauhaarige Mann versucht hatte, sich mit weißmagischen Mitteln gegen ihn, Kabor, zu schützen.
Immer wieder erschien der Dämon gerne auf dieser Insel, die von den Menschen El Hierro genannt wurde. Im Gegensatz zu vielen seiner Artgenossen war Kabor an einen Ort gebunden. An ein Gewässer, genauer gesagt.
Die Kräfte des Meeresdämons reichten von den Kanarischen Inseln und Azoren im Osten bis zu den Bermudas im Westen. Auf dem Festland wäre er nicht stärker gewesen als ein drittklassiger Poltergeist.
Am größten war Kabors Macht auf dem Wasser selbst, auf dem Großen Ozean. Besonders in dem Teil, den die Menschen Sargasso-See nannten.
Wie viele ihrer Schiffe hatte er bereits im Laufe der Zeiten ins Unglück gestürzt, in den Seelen der Besatzung reiche Nahrung für seine Manifestation gefunden!
Doch auch auf den Inseln des Großen Ozeans konnte Kabor sein Unwesen treiben. Er durfte sich nur jeweils nicht allzu lange dort aufhalten. Der Seelenfresser benötigte den direkten Kontakt mit dem Wasser, das sein Element war.
Trotzdem - diesen dilettantisch zaubernden Graukopf wollte sich Kabor nicht entgehen lassen! Eigentlich hatte der Dämon wieder etwas warten wollen, bevor er El Hierro den nächsten Besuch abstattete. Zeit war für ihn ohnehin nur eine Illusion. Die Menschen waren dumm. Sie vergaßen schnell. Wenn er sich an einem Ort ein paar Seelen geholt hatte, verschonte Kabor diesen Platz meist für einige Zeit. Damit die Sterblichen wieder in Sicherheit gewiegt wurden…
Doch nun, als dieser einsame Mann in der Höhle sich weißmagisch gegen Kabor hatte schützen wollen, konnte der Dämon dieser Herausforderung nicht widerstehen.
Wie ein Orkan war der Seelenfresser über sein Opfer gekommen!
Die hilflosen Abwehrversuche des Graukopfs hatten nur noch zusätzlich aufgestachelt. Es erfreute sein düsteres Bewusstsein, wenn seine Opfer zu entkommen versuchten!
Das stachelte ihn erst richtig an. Meist langweilte es ihn sowieso inzwischen, auf die Jagd zu gehen. Es war zu einfach. Die Menschen fürchteten sich seit Urzeiten vor der fremden Kraft in ihren Seelen. Sie versuchten zu fliehen, aber das war immer schon sinnlos gewesen.
Die Sterblichen entkamen ihm niemals.
Kein Wunder also, dass die Hatz für Kabor eintönig geworden war. Doch plötzlich änderte sich alles.
Gerade, als der Dämon dabei war, in die Seele des Graukopfs einzudringen, erschienen dieser andere Mann und diese Frau. Sie eilten dem Bedrängten zu Hilfe.
Und Kabor spürte, dass sie anders waren als die meisten Sterblichen. Den genauen Grund dafür kannte der Dämon nicht.
Dieses Amulett - wahrscheinlich lag es daran. Es stellte eine mächtige Waffe dar. Das spürte der Dämon sofort. Ob sie ihm selbst gefährlich werden konnte, war allerdings die zweite Frage.
Kabor beschloss, seinen Gegnern Angst einzujagen. Darauf verstand er sich schließlich hervorragend.
Der Seelenfresser manifestierte sich mit seiner üblichen Gestalt, die bei den meisten Sterblichen bereits grenzenloses Grauen hervorrief.
Nicht so bei diesem Menschenpaar.
Der Mann hielt immer noch den Graukopf fest, dem er offenbar hatte helfen wollen. Menschliche Gefühle wie Mitleid oder Hilfsbereitschaft waren dem Dämon zutiefst fremd und verdächtig. Sein böses Bewusstsein konnte sie einfach nicht nachvollziehen.
Die Frau hingegen
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