072 - Die Rache des Magiers
Sophie. „Mein Haustier.“ Wieder lachte sie. „Von ihrer Sorte gibt es genug hier.“
Auf dem Schrank hinter ihr stand eine kleine Teufelsstatue aus Jettstein. Die Hörner, der Schwanz und der Pferdefuß waren sorgfältig modelliert. Die schwarzen Augen der Statue glänzten genauso wie die der Ratte auf dem Schoß der Frau.
Sophie Ardel überlegte eine ganze Weile.
„Ich will sehen, ob ich dir helfen kann“, sagte sie dann. „Komm heute abend wieder, um Punkt zehn Uhr.“
„Geht das nicht anders, Sophie? Du wirst verstehen, es ist mir sehr unangenehm, allein bei Nacht hierherzukommen. Man weiß ja nie. Vielleicht schlägt mir einer einen Knüppel über den Schädel und raubt mich aus.“
„Du hast also Angst? Keine Sorge. Balduin erwartet dich an der Straße. Wenn er dich begleitet, wissen alle, daß du zu mir willst. Dann wird es niemand wagen, dich auch nur schief anzusehen. Sie fürchten mich hier wie den leibhaftigen Teufel. Ich bin ihnen unheimlich!“
Sophie Ardel lachte. Die Ratte auf ihrem Schoß stieß eine Reihe schriller Quieklaute aus.
„Glaubst du, du kannst mir helfen?“ fragte Marie.
„Bei mir bist du genau richtig, liebe Marie. Genau richtig. Um punkt zehn Uhr.“
„Was … bin ich dir schuldig?“
„Ha, ha, haaa, wir sind doch Freundinnen. Dir helfe ich ganz umsonst.“
Marie Walter konnte es in dem Wagen nicht länger aushalten. Der Gestank nahm ihr den Atem, benebelte sie. Sie stolperte hinaus. Mit tiefen Zügen atmete sie die frische Luft ein. Dann ging sie durch das Elendsviertel zurück bis zur Straßenbahnhaltestelle.
Als Marie in die Villa kam, sah sie den schwarzen Wagen Kronbergers in der Auffahrt stehen. Das erstaunte sie, denn Yvonne, die Frau des Chauffeurs, hatte ihr gesagt, daß ihr Mann mit Edgar Kronberger in den Schwarzwald unterwegs sei, wo sie einige Tage bleiben wollten.
In der Villa sah Marie den Bankier nirgends. Die Tür seines Arbeitszimmers war verschlossen. Marie klopfte.
„Sind Sie da, Herr Kronberger?“
„Laß mich in Ruhe! Laßt mich alle in Ruhe! Ich will allein sein.“
„Fühlen Sie sich nicht wohl?“
„Mir geht es ausgezeichnet. Lassen Sie mich ungestört, Marie, ich möchte niemanden sehen. Bringen Sie mir um 18.30 Uhr das Essen ins Arbeitszimmer.“
„Soll ich sagen, daß Sie hier sind, wenn vom Konzern oder von Ihrer Bank angerufen wird? Ihr Kompagnon wollte Sie übrigens um die Mittagszeit sprechen. Er war sehr befremdet, daß Sie so plötzlich verreist sind.“
„Sagen Sie, ich bin nicht da. Stellen Sie kein Gespräch durch. Ich bin für niemanden zu sprechen.“
Marie Walter tat so, als ginge sie weg, kehrte aber schon nach wenigen Schritten leise wieder um. Sie horchte am Schlüsselloch und hörte im Arbeitszimmer des Bankiers ein merkwürdiges Geräusch. Erst nach einiger Zeit erkannte sie, daß es ein Schluchzen war.
Erschüttert schlich Marie weg. Kronberger mußte völlig fertig sein. Was war geschehen, daß dieser kühle, distanzierte Mann weinte?
Marie ging zum Telefon. Sie rief Klaus Sorell in der Praxis an. Dort war er nicht, auch zu Hause nicht. Helga Caczmarek sagte Marie, sie solle es doch einmal in dem Studentenheim versuchen, in dem Bernhard Eberlein wohnte.
Auch dort erreichte Marie Walter den jungen Arzt nicht, aber sie konnte wenigstens mit Bernhard Eberlein über die Geschehnisse des heutigen Tages und über Edgar Kronbergers Verhalten sprechen.
„Die Lage spitzt sich zu“, schloß sie. „Es wird etwas geschehen, es liegt in der Luft. Ich fühle es.“
Bernhard Eberlein schwieg eine Weile.
„Klaus wollte mich anrufen, sobald er mit seinen Hausbesuchen fertig ist. Es ist jetzt 16.35 Uhr. Sobald er anruft, sage ich ihm, daß er mich abholen soll. Dann fahren wir sofort zu Edgar Kronberger. Diese Sache duldet keinen Aufschub mehr.“
Marie Walter beschwor ihn noch einmal, diplomatisch vorzugehen und nichts zu überstürzen. Eberlein versprach es.
Nach dem Telefongespräch verließ Marie Walter die Küche. Sie ging hinaus in den Park, spazierte zwischen den Bäumen umher.
Edgar Kronberger besaß ein ausgedehntes Grundstück. Wie immer nach einem Spaziergang fühlte Marie Walter sich auch diesmal erfrischt und erleichtert. Plötzlich hörte sie einen Wagen die Auffahrt heraufkommen.
Es war Dr. Sorells Auto. Marie sah, wie der junge Arzt und der Theologe Bernhard Eberlein ausstiegen. Sie winkte ihnen zu. Die beiden jungen Männer warteten, bis Marie herangekommen war.
„Herr
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