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0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick

Titel: 0742 - Der Junge mit dem Jenseitsblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erlebte, setzte dem Faß die berühmte Krone auf.
    Nur in einen kurzen Frauenparka eingewickelt lag ich auf dem zugefrorenen St.-Moritz-See und hoffte, daß die Menschen nicht zu nahe an mir vorbeikamen. Gleichzeitig drückte ich mir die Daumen, daß sich der Himmel nicht bewölkte und die Sonne verdeckt wurde. Dann konnte es sehr kalt werden.
    Das allerdings war nicht zu befürchten. Wenn ich in die Höhe schaute, sah ich einen wunderschönen seidigblauen Himmel. Er war ein Gedicht und von der Farbe her so intensiv, daß er schon beinahe kitschig wirkte.
    Ich dachte an meine Freunde in London. Wenn die hörten, was mir passiert war, sie wären aus dem Lachen erst gar nicht herausgekommen.
    Doch so lächerlich war die Sache nicht. Nach wie vor rätselte ich darüber nach, wie es möglich war, daß dieses feste Eis so plötzlich unter mir zusammengebrochen war.
    Das hatte keine natürliche Ursache gehabt.
    Ich richtete mich etwas auf und schaute dorthin, wo es geschehen war. Noch immer war das Loch vorhanden. Auf ihm trieben kleine grünliche Eisschollen, und ich bekam im nachhinein noch eine Gänsehaut, was sicherlich nicht am kalten Schnee allein lag.
    Man hatte mir eine Falle gestellt.
    Und Franca Simonis hatte es gewußt!
    Wieso - weshalb? Welche Rolle spielte sie in diesem Akt, dessen Regeln ich nicht kannte? Was braute sich da zusammen? War dieses Gebiet zu einer dämonischen Falle für mich geworden? Hatte man hier auf mich gelauert?
    Ich wurde plötzlich kribblig und hatte das Gefühl, stark zu schwitzen. Mein Mund war trocken, vom Magen her stieg die Säure hoch, und auf einmal kam ich mir hilflos vor, trotz des Kreuzes, das noch vor meiner Brust hing.
    Die Beretta und den Dolch hatte ich mit in Urlaub genommen, beide Waffen aber lagen im Hotel.
    Durch meine Sondererlaubnis hatte ich beim Zoll keine Schwierigkeiten bekommen.
    Ich dachte an Sukos Abschiedsworte, der geunkt hatte. »Du und in Urlaub fahren, John? Das kann nicht gutgehen. Das hat einfach keinen Sinn, mein Freund.«
    Er hatte leider recht behalten, obwohl ich dämonische Aktivitäten nicht beweisen konnte.
    Eines aber hatte ich mir fest vorgenommen. Ich wollte mich so rasch wie möglich mit Franca Simonis in Verbindung setzen, um mehr von ihr über die geheimnisvolle Warnung zu erfahren.
    Ich rückte ein wenig zur Seite, weil ich in der Sonne sitzen wollte, und ich dachte daran, daß ich mir den Oberkörper verbrennen würde, denn eingecremt war ich nicht.
    So gut wie möglich schützte ich ihn durch Jessicas Parka und zählte die Minuten, bis sie endlich zurückkehrte. Immer wieder schaute ich quer über den See auf die so bekannte Kulisse des Jetset-Dorfs mit der Fassade des Palace-Hotels im Zentrum.
    Wenn mich jetzt irgendwelche Schwarzblütler erwischten, hatten sie mehr als leichtes Spiel.
    Niemand kam.
    Auch kein neugieriger Skifahrer oder Spaziergänger verirrte sich zu mir. Ich blieb allein, und es war bestimmt mehr als eine Stunde vergangen, als Jessica zurückkehrte. Ich sah sie schon von weitem, hob meinen Arm, und sie winkte zurück.
    Jessica trug eine Tragetasche aus hartem Papier. Sie nickte mir zu, stellte die Tasche ab und fragte lächelnd: »Na, hast du dich gut gesonnt?«
    »Ha, ha…«
    Sie griff in die Tasche und warf mir zuerst die neue Unterwäsche zu. Sie paßte wie angegossen.
    Jessica hatte dafür wirklich einen guten Blick gehabt, ebenso wie für die anderen Dinge. Denn die dicke grüne Cordhose und auch der Pullover in fast der gleichen Farbe, nur mit einem leichten gelben Muster darin, saßen ebenfalls wie angegossen.
    »Fertig ist die Modenschau«, sagte ich.
    »Dann können wir ja gehen.«
    »Aber zum Hotel.«
    Sie nickte. »Das denke ich auch.«
    Ich verstaute meine alten Sachen in der Tüte. Die Jacke legte ich obenauf. Noch einen letzten Blick warf ich auf das Loch im Eis. Eine Erklärung hatte ich noch immer nicht.
    »Was ist?« fragte Jessica.
    »Nichts, laß uns gehen.«
    »Okay.«
    Sie sagte nichts mehr. Nur einmal wunderte sie sich, daß ich so schweigsam war.
    »Ich denke noch immer daran, wie knapp ich dem Tod entronnen bin. Das schüttelt man nicht so leicht ab.«
    »Da hast du recht, John…«
    Ich fühlte mich wieder besser, und ich würde einer gewissen Franca Simonis bestimmt einige Fragen stellen…
    ***
    Der Junge wußte genau, was die letzten Worte des Fremden zu bedeuten hatten, trotz der indirekten Aussage. Man hatte ihn schon vorher in die Pläne eingeweiht.
    Wenn der Mann den Zug verließ,

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