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0748 - Maori-Zauber

0748 - Maori-Zauber

Titel: 0748 - Maori-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Austin Osman
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Sie haben natürlich Recht, eigentlich schickt es sich nicht für einen einfach Diener des Herrn, Schätze dieser Art in seinen Räumen zur Schau zu stellen.«
    Nicole ging nicht auf die überflüssigen Rechtfertigungsversuche ihres Gastgebers ein. »Moment mal! Das hier ist zwar in Stil und Qualität einem John Gould gleichwertig, aber es ist nicht von ihm. Außerdem sind die Farben aus neuerer Produktion, das sieht man.«
    Wenn es möglich gewesen wäre, hätte sich die Gesichtsfarbe des Abbés noch weiter in Richtung Dunkelrot verändert.
    »Es ist sehr freundlich von Ihnen, meine bescheidenen Versuche so hoch zu bewerten«, nuschelte er Hände ringend.
    »Sie sind also Vogelkundler?«, sagte Zamorra, um den Priester von allem weiteren peinlichen Lob zu bewahren.
    »Soweit es meine Arbeit in der Gemeinde zulässt. Ich streife gerne durch die Wälder und beobachte Gottes gefiederte Kreaturen. Wäre ich der heilige Franziskus, so würde ich den Vögeln Gottes Botschaft predigen. Aber weil ich nur der Abbé Chardin bin, fotografiere ich sie bloß und male sie manchmal.«
    »Ich kann Ihre Begeisterung verstehen, Abbé«, versicherte Zamorra. »Es hätte mich mehr gewundert, wenn Sie architektonische Zeichnungen gemacht hätten.«
    Weil die Haushälterin nun den Kamillentee servierte, wartete der Abbé mit seiner Antwort. Schließlich blies er über den heißen Tee und lächelte seinem Gast zu.
    »Sie spielen natürlich auf den etwas kuriosen Baustil des Schlosses Loup an, nicht wahr? Es ist in der Tat ein architektonisches Unikum. Oder ein Monstrum, je nach Sichtweise.«
    »Entsprechen die Bewohner dem Äußeren des Schlosses?«, fragte Zamorra jetzt ganz unverblümt.
    Der Abbé zuckte merklich zusammen und zog den Kopf ein. Das Thema war ihm sichtlich unangenehm.
    »Über den derzeitigen Grafen des Esseintes vermag ich kaum etwas zu sagen«, druckste er herum. »Was seine Vorgänger angeht, so konnte ich seinen Vater und dessen Vater noch erleben. Ich kann nicht behaupten, dass sie vorbildliche Mitglieder der heiligen Mutter Kirche waren. Es bleibt natürlich unter uns, aber die des Esseintes stehen seit Urzeiten in dem Ruf, sich den schwarzen Künsten verschrieben zu haben, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Das hat sie jedenfalls nicht abgehalten, auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Ich denke an den Staudamm.«
    »Ach ja, der Damm. Tatsächlich ein uraltes Bauwerk. Es stammt noch aus der Zeit des dritten Napoleon. Der damals hier residierende des Esseintes war tatsächlich so etwas wie ein Industriemagnat. Er nutzte das Wasser des Stausees als Antrieb für seine Maschinenhallen weiter unten im Tal. Später wurden Turbinen eingebaut. Nur wegen des Stroms steht der Damm überhaupt noch, obwohl man schon oft den Abbruch diskutiert hat. Aber die Stromerzeugung bringt mehr Geld, als die Erhaltung des Dammes kostet.«
    Ein Klingeln an der Haustür unterbrach den Priester. Er stand auf und ging aus dem Raum.
    »Ich gehe schon!«, rief der Abbé in Richtung Küche, wo die Haushälterin gerade mit kochen beschäftigt war.
    »Herr Graf, welche Überraschung!«, hörten Nicole und Zamorra dann die Stimme des Abbés.
    Sie schauten sich an. Das Programm für den weiteren Tag schien festzustehen.
    Der Priester erschien wieder im Türrahmen und bat sie in den Flur. Draußen stand ein hoch gewachsener, schlanker Mann in einem eleganten blauen Mantel.
    Graf Florace des Esseintes gab sich die Ehre und bat Zamorra und Nicole, seine Gäste zu sein.
    »Ich weiß, dass Sie eigentlich wegen Herrn Huysmans gekommen sind«, flötete der Graf mit seiner Fistelstimme. »Herr Huysmans ist zwar abwesend, aber vielleicht möchten Sie im Schloss auf ihn warten…«
    ***
    Zamorra warf einen missmutigen Blick auf die Staumauer, als er den BMW wenig später zum Schloss hoch lenkte.
    »Der Kerl lügt wie gedruckt«, sagte er schließlich.
    »Ich weiß«, entgegnete Nicole. »Ich habe ihn übrigens auch erkannt. Er stand gestern an einem Fenster, als wir wie die Dorftrottel am Tor standen.«
    Sie wurden von einem alten Gärtner in Empfang genommen. Das gebeugte Männlein mit den sanften braunen Augen trug wacker ihr Gepäck in die vorgesehenen Räume.
    Sie waren gerade damit fertig, ihre Koffer auszupacken, als der Graf erschien.
    »Ich hoffe, es ist alles zu Ihrer Zufriedenheit?«, fragte er.
    »Völlig. Ich bin überrascht über die komfortable Innenausstattung des Schlosses«, antwortete Zamorra, und dies entsprach den Tatsachen.
    Der

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