0753 - TV-Dämonen
darüber?«
»Davon müssen wir wohl ausgehen.«
Courtois kaute nachdenklich auf dem Mundstück seiner Pfeife rum. »Ich habe diesen Typen nie ausstehen können«, sagte er nach einem Moment des Schweigens. »Aber wie soll ich das meinem Chef erklären, wenn ich mir Fournier vorknöpfe, nur weil Sie glauben, ein Abbild seines Dolchs in einem uralten Buch gefunden zu haben?«
»Könnte ein Problem sein«, räumte Zamorra ein.
»Also gehen Sie Ihren Spuren nach und wir unseren.« Der Chefinspektor seufzte. »Auch wenn unsere vermutlich im Sande verlaufen. Wie es aussieht, haben wir weder Zeugen noch Fingerabdrücke. Und ein einigermaßen normales Motiv gibt es sicher auch nicht. Den finden wir nie.«
»Vielleicht könnte ein Bild helfen«, warf Nicole ein.
»Ein Bild? Sicher, aber wie…«
»Wir haben da unsere Möglichkeiten«, entgegnete Zamorras Kampfgefährtin grinsend. »Chef, wenn ich bitten darf? Ich vermute, du bist zu geschwächt für eine Zeitschau.«
»Zu geschwächt? Nur zu faul, das ist alles.« Zamorra grinste zurück und reichte Nicole das Amulett. Mit Merlins Stern konnten sie in die Vergangenheit schauen. Allerdings war der Prozess unglaublich Kraft raubend und bei Ereignissen, die weiter als 24 Stunden zurücklagen, unweigerlich tödlich. In seinem jetzigen Zustand hätte Zamorra aber vermutlich selbst eine über wesentlich kürzere Zeit reichende Zeitschau nicht überlebt.
Nicole hielt die Silberscheibe mit beiden Händen vor sich und versetzte sich in Halbtrance. Der stilisierte Drudenfuß in der Mitte des Amuletts verwandelte sich in eine Art Mini-Bildschirm, auf dem Nicoles unmittelbare Umgebung mit dem Schreibtisch, der toten Adèle und ein paar Polizisten zu sehen war.
»Das ist ja unglaublich«, entfuhr es dem Chefinspektor. »Wie machen Sie das?«
»Psst!«, zischte Zamorra. »Sie muss sich konzentrieren.«
Im ›Zeitraffer‹ ließ Nicole die Zeit rückwärts laufen, bis sie zu dem Zeitpunkt kamen, an dem Adèles Leiche allein im Raum war. Und dann war er da. Rückwärts ›betrat‹ ein Mann im Anzug den Raum. Er war um die 40, hatte schütteres schwarzes Haar und trug einen Schnurrbart. Er näherte sich dem Schreibtisch, und dann sahen sie den Mord. Der Fremde hatte Adèle gepackt und erwürgte sie.
Zamorra merkte, wie er vor hilfloser Wut zitterte. Adèle hatte niemandem etwas zu Leide getan. Sie war ein weiteres unschuldiges Opfer in einem Krieg, den sie nur aus Büchern kannte.
Dann hatte die Zeitschau den Punkt erreicht, an dem der Fremde vor Adèles Schreibtisch stand und sich mit der Sekretärin unterhielt. Nicole ging etwas um den Schreibtisch herum, sodass sie dem Mörder direkt ›gegenüberstand‹. Zamorra und der Chefinspektor folgten ihr. Jetzt konnten sie dem Fremden direkt ins Gesicht sehen. Es war ein Allerweltsgesicht, aber die Augen blitzten tückisch. Dieser Mann war gefährlich. Das hätte Zamorra auch gewusst, wenn er nichts von dem Mord geahnt hätte.
»Hat das Ding keinen Ton?«, fragte Courtois.
»Leider nicht«, antwortete Zamorra mit aufrichtigem Bedauern. Denn Adèles Mörder stellte sich offenbar gerade vor. Der Parapsychologe konnte zwar perfekt Lippenlesen, aber das wurde in diesem Fall durch den buschigen Schnurrbart leider verhindert.
Aber sie wussten jetzt immerhin, wie ihr Gegner aussah.
»Claude, kommen Sie her«, rief der Chefinspektor. Schüchtern näherte sich ein magerer Mann um die Dreißig in einem schlecht sitzenden Anzug. »Zeichnen Sie das ab und geben Sie es zur Fahndung raus. Und, Claude…«
»Ja Chef?«
»Stellen Sie keine dummen Fragen. Sie würden es eh nicht verstehen.«
***
Der Hauptsitz von Midnight Movies war in einem unauffälligen Betonbau in einem Industriegebiet am nördlichen Stadtrand untergebracht. Jean Fournier schien nicht viel Wert auf ein repräsentatives Äußeres zu legen.
Das schmucklose zweistöckige Gebäude wirkte abweisend. Dasselbe galt leider auch für den Zerberus, der die Pforte bewachte.
»Haben Sie einen Termin?«, bellte die stämmige Brünette an der Pforte, die so aussah, als könne sie problemlos drei Besucher zum Frühstück verspeisen.
»Nein, habe ich nicht«, entgegnete Zamorra mit gezwungener Freundlichkeit. »Weil offensichtlich niemand einen Termin bekommt, der mit Monsieur Fournier sprechen möchte.«
»Ohne Termin kann ich Ihnen nicht helfen!«
»Wenn Sie mir nicht sofort sagen, wo Monsieur Fournier ist, geschieht ein Unglück«, drohte Zamorra, der die Faxen langsam dicke
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