0758 - Die Katzenfrau
ich und grinste säuerlich, bevor ich auflegte.
Und Suko sagte: »Dann wollen wir mal…«
***
Rena Mitchell hatte sich verwandelt!
Nicht sehr offensichtlich, denn dann wäre der Schock bei Sir James auch nicht so groß gewesen, sondern nur an bestimmten Stellen. Dort aber so prägnant, daß der Superintendent den Atem anhielt und das Bild kaum wahrhaben wollte.
Es war ein Schock, es war für ihn wie ein Fluß, der ihm das seichte Grauen entgegenströmen ließ.
Das lange schwarze Kleid trug sie noch immer. Der Stoff kam Sir James jetzt sogar schillernder vor.
Das mochte daran liegen, daß er sich auch bewegte, irgendwie wie von allein, und zwar in Höhe der Brust. Es sah so aus, als hätte sich zwischen Haut und Stoff etwas geklemmt, aber das war nur beim ersten Hinschauen so. Tatsächlich aber spielte sich etwas anderes ab, und zwar auf dem Stoff, denn dort zeichnete sich ein Gesicht ab.
Sehr deutlich, sehr klar, wie von feinen Pinselstrichen exakt gemalt. Es war das Gesicht einer Katze.
Gelbe Augen, eine stumpfe Nase, Oberlippenbart, ein schmaler und verkniffen wirkender Mund, und selbst die Katzenohren sah er. Sie aber mündeten in die Enden der hochstehenden Schulterstücke und kamen ihm jetzt, wo sich das Gesicht auf dem Stoff abzeichnete, nicht einmal so fremd vor.
Unter dem Katzenmund hielt Rena Mitchell ihre Arme verschränkt, als wollte sie durch diese Bewegung das Gesicht noch zusätzlich stützen. Auf dem Gesicht lag so gut wie kein Ausdruck. Da hatte sich nichts bewegt, selbst eine Falte war nicht zu sehen, und ihr Mund wirkte wie eine schmale Zeichnung.
Sir James schaute an ihrer Gestalt entlang nach unten, weil ihm da beim ersten Hinsehen noch etwas aufgefallen war, er aber nicht genau gewußt hatte, was es gewesen war.
Jetzt sah er es besser.
An der Rückseite sah der Rock aus wie gewellt. Da Rena Mitchell leicht schräg stand, konnte Sir James den Schlitz erkennen, mit dem der Rock gezeichnet worden war. Und aus dem Schlitz - es war kaum zu fassen - ragte etwas hervor.
Etwas Armdickes, das die Form einer Schlange hatte, die ein Fragezeichen bildete.
Ein schwarzer Schwanz!
Auch bei Sir James gab es Grenzen der Beherrschung. Er hätte am liebsten geschrieen, sich so Luft verschafft, doch das konnte er nicht. Es war ihm einfach unmöglich. Er saß in seinem Sessel wie festgebacken und starrte die Erscheinung an.
War Rena Mitchell eine Katze? War sie ein Mensch, oder war sie von jedem etwas?
Er konnte darauf unmöglich eine Antwort geben. Für ihn war sie eine furchtbare Mutation, ein Wesen, das es normalerweise nicht geben durfte, aber sie hatte ihn ja gewarnt und davon gesprochen, daß sie mit einer anderen Macht in Verbindung stand.
Mit einer gefährlichen… einer grausamen und teuflischen… oder auch mystischen?
Sir James spürte, wie seine Hände feucht wurden. Dies steigerte sich noch, denn der Stoff auf der Brustseite bewegte sich und damit auch der Katzenkopf.
Oder nur der Kopf?
Er hielt den Atem an, schluckte wieder seinen bitterschmeckenden Speichel, und die großen Augen hinter den dicken Brillengläsern bewegten sich zwinkernd.
Ja, es war der Katzenkopf.
Sir James begriff es erst jetzt. Dieser Kopf auf dem verdammten Stoff lebte.
Und Sir James fragte sich, ob er tatsächlich aus diesem Kleiderstoff bestand oder sich aus einem anderen Material zusammensetzte, zum Beispiel aus einer dünnen Haut, die vielleicht einmal einen Katzenkörper umspannt hatte.
Es fehlte nur noch, daß Rena Mitchell angefangen hätte zu schnurren, zu fauchen oder miauen. Sir James Powell war mittlerweile soweit, daß er mit allem rechnete.
Sie rührte sich nicht.
Auch die zahlreichen Katzen im Zimmer bewegten sich nicht. Sie hatten nur ihre Köpfe gedreht, um Rena anzuschauen. Sir James konnte sich nicht helfen, aber er bekam den Eindruck, als würden die Tiere die Katzenfrau unterwürfig anschauen und sie schon als ihre Königin akzeptiert haben.
Für Sir James kam dieses Bild einem Schlag in den Magen gleich. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte, jedenfalls wollte er keine Angst zeigen, auch wenn es ihm schwer fiel, denn auch er war nur ein Mensch und keine Maschine.
Die Zeit war für ihn stehengeblieben. Er wußte nicht, ob Sekunden oder schon Minuten vergangen waren, als sich die Katzenfrau endlich bewegte.
Sie ging einen Schritt vor.
Dabei fiel ihr pechschwarzer Schwanz nach unten, berührte zuerst den Boden und schleifte dann über ihn hinweg. Dabei entstand das
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