076 - Die Nacht der Zombies
erdrosselt. Der Voodoo-Zauber des Papaloa Boumba war schuld daran gewesen.
An diesem Tag hatte die Truppe keine Vorstellung gegeben. Die Sonne war untergegangen. Im Wohnwagen wurde es immer düsterer. Giscard stand auf und zündete eine Petroleumlampe an. Es gab zwar auch ein paar elektrische Anschlüsse auf dem Gelände, aber bei weitem nicht genug. Giscard zog die Vorhänge des Wohnwagens zu und begann wieder mit seinem Wehklagen.
„Ich bin wirklich ganz untröstlich, Jacques. Wenigstens ein bißchen Geld hättest du deinem lieben Giscard hinterlassen können, damit er nicht völlig mittellos in der Welt dasteht. Aber du hast ja immer alles in Rotwein umgesetzt. Ich will nichts Schlechtes über dich reden, wo du jetzt tot bist, aber einmal warst du so betrunken, daß du mir ein Messer ins Bein geworfen hast, damals in Panama. Du bist fein heraus, denn du bist nun tot und brauchst dir über nichts mehr Gedanken zu machen. Aber ich, an mich hast du wieder mal gar nicht gedacht, du Egoist, du böser."
Giscard war so in seinen Sermon vertieft, daß er gar nicht merkte, wie der tote Jacques ein Auge öffnete. Es war starr und glasig, und ein dämonisches Funkeln glühte in der Pupille. Der Tote öffnete nun auch noch das andere Auge.
„Wenn es hier eine Universität mit Anatomie gäbe, dann könnte ich dich wenigstens für ein paar Dollar verkaufen, Jacques. Aber so...“
Der blondgelockte Giscard sah jetzt in Jacques Gesicht und erschrak zu Tode. „Huch, Jacques, was siehst du mich denn so vorwurfsvoll an? Ich habe es doch gar nicht so gemeint."
Ein Fauchen kam aus der Kehle des Toten, dann ein dumpfes Röhren. Seine bleichen Hände griffen wie Krallen nach Giscards Kehle. Der geschminkte schlanke Jüngling wich bis zur Wand zurück. Der Leichnam setzte sich auf.
„Jacques, mach doch keinen Ärger! Leg dich wieder hin! Du bist doch tot. Was ist denn das für ein Benehmen? Nein, nein! Bleib mir vom Leibe mit deinen kalten Leichenfingern!"
Jacques stand vom Totenbett auf. Er tappte auf seinen Gespielen früherer Tage zu.
Giscard riß die Verbindungstür zur andern Wohnwagenhälfte auf. Er bekam den zweiten Schock. Der Entfesselungskünstler Papan und die Schlangenfrau Dambalette waren ebenfalls aufgestanden. Papan hatte noch die Würgemale der Kette am Hals. Sein Gesicht war schwarz und blau verfärbt. Dambalette stand wegen ihres gebrochenen Rückgrats in einer völlig grotesken und furchterregenden Stellung da.
Giscard kreischte. Die drei Zombies packten ihn und drückten ihn auf den Boden nieder. Giscard wehrte sich, doch gegen die Kräfte der Zombies hatte er keine Chance.
Die drei Untoten erhoben sich und sahen auf den Leichnam nieder.
Es dauerte zwei Minuten, dann regte sich Giscard. Kaum gestorben, hatte auch ihn Papaloa Boumbas Voodoo-Zauber zu einem Zombie gemacht.
Er erhob sich.
Die vier Untoten brauchten sich nicht zu verständigen. Der magische Befehl des Papaloa Boumba brannte in ihren Gehirnen: Tötet und kommt zu mir!
Papan öffnete die Tür des Wohnwagens und stieg hinaus. Dambalette folgte ihm. Dann kamen Jacques und Giscard, die mit steifen, abgehackten Bewegungen die Stufen des Wohnwagens hinunterstiegen. Hand in Hand traten sie aus dem Schatten.
Die Nacht war hereingebrochen.
Es sollte eine Nacht werden, wie sie Haiti noch nicht erlebt hatte. Eine Nacht des Grauens, die menschliches Vorstellungsvermögen überstieg.
Überall auf Friedhöfen, in Leichenhallen und in Trauerhäusern erhoben sich die auf unnatürliche Weise ums Leben gekommenen Toten und gehorchten dem Befehl des übermächtigen Papaloa Boumba.
Coco Zamis und Raffael Amalfi hielten sich noch zwischen den Verkaufsständen und Schauzelten auf, als die Schrecken begannen.
Beide schleppten in einer Basttasche Tuben mit Theriaksud und -salben. Es war schon dunkel. Die Einkäufe hatten länger als geplant gedauert.
Längst brannte die elektrische Beleuchtung der noch geöffneten Buden und Stände. Der Mond stand blaß am Himmel, der jetzt eine blauschwarze Färbung angenommen hatte.
Plötzlich gellten Schreie aus dem Buden- und Zeltgewirr. Noch konnten Coco und Raffael Amalfi nichts Genaues verstehen. Nur einzelne Worte schnappten sie auf: Zombie - Untote - morden und Saat des Grauens. Die Nacht des Horrors hatte begonnen, die Nacht der Zombies.
„Wir müssen zu deiner Hütte, Raffael', sagte Coco. „Ohne Hilfsmittel und allein können wir nichts ausrichten."
Die rassige junge Frau und der gedrungene, kräftige
Weitere Kostenlose Bücher