076 - Die Nacht der Zombies
Zigeuner liefen schneller. Da hörten sie vor sich Schreie, gerade, als sie den Rand der Bretterbudensiedlung erreichten.
„Arco!" schrie eine Frau. „Nein, nein, tu es nicht!"
Ein gellender Aufschrei folgte.
Coco und Raffael sahen einen Schwarzen zwischen den Hütten hervorkommen, eine Machete in der Hand. Hinter ihm ertönten Rufe, aber niemand wagte sich in seine Nähe. Er bewegte sich mit steifen, abgehackten Bewegungen. Über dem linken Auge hatte er ein Kugelloch. Er war am Morgen des gleichen Tages bei einer Streitigkeit in einem Lokal erschossen worden. Der Untote mußte bereits jemanden mit seiner Machete umgebracht haben. Als er Coco und Raffael Amalfi sah, marschierte er direkt auf sie zu, die Machete erhoben. Ein dumpfes Grollen kam aus seiner Kehle. „Coco, was sollen wir tun?" rief Rafael Amalfi.
Coco hatte ihn informiert. Die Rufe sagten ihm genug. Er wußte, daß er einen Zombie vor sich hatte.
Coco schloß die Augen und versuchte, sich in einen schnelleren Zeitablauf zu versetzen; aber es gelang ihr nicht. Entweder gab es magische Einflüsse, die ihr Bemühen zunichte machten, oder sie war aus irgendeinem Grund im Moment zu schwach und zu verwirrt. Hätte sie es länger versucht, wäre es ihr vielleicht gelungen; aber dazu blieb ihr keine Zeit.
Coco öffnete die Augen und sah, daß der Neger mit der Machete bereits vor ihr stand und weit ausholte, Coco duckte sich, die Machetenklinge pfiff über sie hinweg. Schnell wich Coco aus dem Bereich des Zombies.
Raffael Amalfi stieß eine Schrei aus, und der Zombie wandte ihm seine Aufmerksamkeit zu. In seiner Jugend war Raffael Peitschenkünstler und Messerwerfer gewesen. Er riß nun den silbernen Dolch unter dem Hemd hervor und warf ihn.
Der Zombie machte keinen Versuch, auszuweichen, und der Dolch bohrte sich in sein Herz. Aber der Neger war bereits gestorben. Der Silberdolch konnte ihn nicht umbringen. Er kam schnell auf Raffael Amalfi zu.
Coco nahm eine Theriakflasche aus der Basttasche, die sie auf den Boden gestellt hatte. Sie lief hinter dem Zombie her und schlug ihm von hinten die Flasche über den Kopf, gerade als er Raffael Amalfi die Machete in die Brust stoßen wollte. Die Flasche zerbrach. Die Theriaktinktur lief dem Zombie in die Augen und übers Gesicht. Für einen Augenblick stand er still.
Ein junger Neger kam herbeigestürzt, brüllend vor Wut.
„Arco, du elendes Ungeheuer, du hast Natalia gemordet!" schrie er, außer sich vor Kummer und Schmerz.
Er wollte den Zombie von hinten anfallen, doch da war Coco neben ihm und riß ihn zurück.
Der Untote drehte sich um. Ein tiefes Grollen kam aus seiner Kehle. Die Augen in den tiefen Höhlen glühten. Er hielt immer noch die Machete in der Hand, schien sich aber nicht entscheiden zu können, auf wen er sich zuerst stürzen sollte.
„Feuer!" rief Coco Raffael Amalfi zu. „Wir brauchen Feuer, um ihn zu vertreiben!"
Hinter den Hütten tauchte ein Neger mit einer Fackel auf. Als er den Zombie sah, warf er sich herum, um zu flüchten.
Raffael Amalfi schrie ihn an und raste auf ihn zu. Der Neger schlug um sich, als der Zigeuner ihm die Fackel entreißen wollte. Vielleicht glaubte er, in Raffael Amalfi ebenfalls einen Zombie vor sich zu haben. Doch der Kraft des starken Mannes hatte er nichts entgegenzusetzen. Raffael entwand ihm die Fackel, ließ ihn stehen und hastete zurück.
Der Zombie drang grollend auf Coco ein.
Der junge Neger hatte sich von Coco losgerissen. In seinem Schmerz um das Mädchen Natalia kannte er keine Furcht. Er sprang den Untoten von der Seite an, doch eine einzige Armbewegung des Zombies wischte ihn zur Seite wie eine Puppe. Schwer stürzte der junge Neger zu Boden.
Der Zombie war von Coco Zamis abgelenkt. Er stand jetzt über dem Neger. Ein fauchender Laut drang zwischen seinen Zähnen hervor. Er wollte sich bücken, um sein Opfer zu töten, wie es ihm der Papaloa Boumba befohlen hatte.
Doch in diesem Augenblick war Raffael Amalfi mit der Fackel da. Er stieß die Flammen dem Zombie entgegen, der dumpf aufbrüllte und zurückwich. Raffael setzte nach. Fauchend drehte sich der Untote um und tauchte in der Dunkelheit unter.
„Bring dich in Sicherheit", sagte Coco zu dem jungen Neger.
Dann nahm sie ihre Basttasche und Raffael die seine. Sie gingen weiter zu Raffaels Hütte.
Die meisten Leute verbarrikadierten sich in ihren Hütten und Baracken. Die Lichter wurden gelöscht. Betend und zu Voodoo-Gottheiten flehend hockten sie im Dunkeln.
Coco und Raffael,
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