0763 - Strigen-Grauen
sogar. Sie wissen auch nicht, weshalb Sanders dieses Sanatorium besucht hat?«
»Nein.«
»Wollte er Ruhe haben?«
»Kann sein.«
»Aber der Staat hat es bezahlt.«
»Ich bin nicht dessen Rechnungsprüfer. Wenn er es für richtig gehalten hat, daß Sanders diese Kur zustand, dann ist die Sache für uns erledigt. Das sollte Sie auch für Sie sein.«
»Würden Sie mir die Entscheidung darüber überlassen, was richtig ist und was nicht?«
Johnson schaute auf die Uhr. »Ich kann nichts mehr für Sie tun. Außerdem haben wir jetzt Mittagspause.«
»Haben Sie sich die denn verdient?« fragte er.
»Wie meinen Sie?«
Der Inspektor winkte ab. »Schon gut, Meister der Akten. Schönen Tag noch.« Er winkte den anderen beiden Mitarbeitern zu und verließ den großen Raum.
Er hatte die Tür kaum aufgezogen, als er hinter sich die Stimme der Eurasierin hörte. »Bitte, Mister, lassen Sie offen.«
Er drehte sich um. Die Kleine hetzte heran. Sie trug ein Sommerkleid aus buntem Stoff und Leggins darunter.
»Bitte, Madam.«
Neben Suko huschte sie aus der Tür und sagte, ohne stehenzubleiben: »Wir sollten uns über Sanders unterhalten. Ungefähr hundert Yards von hier gibt es eine kleine Kneipe mit Biergarten. Wir treffen uns dort, wenn Sie wollen.«
Dann war sie weg, und Suko sah den Erfolgshimmel jetzt wieder etwas blauer.
Suko war gespannt, welche Informationen er wohl von seiner neuen Bekannten erhalten würde. Sie hatte ziemlich geheimnisvoll getan. Ob mehr dahintersteckte, würde sich noch herausstellen. Die junge Frau saß an einem der Tische im Schatten einer Linde. Sie winkte, als Suko den Zuweg betrat.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen hier draußen besser«, begrüßte sie ihn lächelnd.
»Mir schon. Aber macht es Ihnen nichts aus, wenn wir zusammen gesehen werden?«
Sie schüttelte den Kopf. »Keiner meiner Kollegen geht hier am Mittag her, um zu essen. Die sind viel zu verknöchert.«
Suko drehte den weiß angestrichenen Stuhl herum. Er setzte sich so hin, daß er die Eurasierin anschauen konnte. »Sie scheinen da die Blüte inmitten eines verfaulten Gartens zu sein«, sagte er lächelnd.
»Herrlich!« jubelte sie. »Welch ein Kompliment. Aber Sie haben recht, Inspektor.«
»Ich heiße Suko.«
»Und ich Valery.«
Sie hatte schon etwas bestellt, der Ober brachte eine Schale mit bunten Sommersalaten. Sie waren dekoriert worden mit blauschwarzen Oliven. Suko bestellte das gleiche und ein Wasser dazu. Das war bei diesem schwülwarmen Wetter das beste.
Auch sein Salat kam sehr schnell.
Man wußte wohl, was die Gäste gern aßen und hatte die entsprechenden Vorbereitungen getroffen.
Sie aßen, tranken, sprachen über alles mögliche, nur nicht über ein bestimmtes Thema. Suko empfand es als wunderbar, in einem schattigen Garten zu sitzen, zudem in einer derartig angenehmen Begleitung. Schließlich legte Valery das Besteck zur Seite. Über den Teller hinweg lächelte sie Suko zu. »Die Neugierde steht Ihnen ins Gesicht geschrieben«, sagte sie.
Er hob die Schultern. »Da ich mich selbst nicht sehe, muß ich Ihnen glauben.«
Sie trank Wasser und fuhr mit der Zungenspitze über den Glasrand hinweg. »Was wollten Sie von Sanders?«
»Er ist tot.«
Sie saß starr. Sekundenlang dachte sie nur nach, dann stellte sie sehr langsam das Glas auf den Tisch. »Tot also«, murmelte sie und räusperte sich. »Wie kam er ums Leben?«
»Durch Gewalt.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Sanders wurde erschossen.«
Valery schwieg. Nach einer Pause sagte sie: »Das habe ich mir irgendwie gedacht. Ich sah es gewissermaßen kommen.«
»Das muß einen Grund gehabt haben.«
»Hatte es auch, Suko, hatte es. Daß Sanders gewaltsam ums Leben gekommen ist, damit mußte man rechnen. Vor allen Dingen Typen, die in diesem Job arbeiten. Darf ich trotzdem fragen, was Sie mit diesem Mann zu tun gehabt haben?«
»Er wollte uns etwas mitteilen.«
»Was?«
»Das weiß ich nicht. Bevor es dazu kam wurde er getötet. Und sein Mörder lebt auch nicht mehr, aber das nur am Rande. Wir stehen ziemlich auf dem Schlauch, wenn ich ehrlich sein soll. Bei Sanders fehlt uns einfach der Hintergrund.«
Valery nickte. »Das kann ich sogar verstehen. Sanders und andere sind geheimnisvolle Typen, die in Jobs arbeiten, die normalerweise nicht ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden. Sanders arbeitete für uns, aber auch für andere. Er war ein Doppelagent.«
»Ist mir bekannt.«
»Und er hat sich zwischendurch für zwei Monate
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