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0772 - Das Gericht der Toten

0772 - Das Gericht der Toten

Titel: 0772 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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hatte, blieb dann stehen und schaute mich zunächst einmal um.
    Ja, es war die normale Welt.
    Vielleicht die Alpen? Denn mich umgaben die hohen Berge wie unüberwindliche Wände, über denen hoch oben die Sonne stand und mir wie ein grelles Auge zublinzelte. Ihre Strahlen hatten das Gestein erwärmt. Es tat mir gut. Mein Optimismus verflog etwas, als ich dann die Einsamkeit genauer betrachtete, die mich umgab.
    Hier hielt sich keine Menschenseele auf. Ich musste mich in einem Tal jenseits der Baumgrenze befinden, denn in meiner Sichtweite wuchs nicht ein einziger Baum. Dabei spielte es keine Rolle, in welche Richtung ich blickte, nicht einmal eine knorrige Krüppelkiefer bekam ich zu Gesicht. Das gefiel mir nicht besonders. Steile Felswände umgaben mich wie die Mauern eines Zuchthauses, allerdings gestattete man mir einen Blick, und schräg vor mir sah ich etwas, das sich flimmernd durch die Landschaft bewegte.
    Es zuckte, es blitzte an vielen Stellen auf, weil es von Sonnenstrahlen getroffen wurde, und mir kam zu Bewusstsein, dass ich auf einen schnell fließenden Bach schaute.
    Ein Gebirgsbach also.
    Nun ja, das war natürlich, das gehörte dazu, auch wenn ich hier so gut wie keine Vegetation entdeckte, abgesehen von einer dünnen, grünlichen Grasdecke, die mich mehr an die Tundra erinnerte.
    Gehörte auch der Wagen zur Natur?
    Ich hatte meinen Kopf nach links gedreht und ihn entdeckt. Zuerst wollte ich es nicht glauben und dachte an eine Fata Morgana.
    Nein, das war es nicht. Der kleine Geländewagen – jedenfalls sah er aus der Entfernung klein aus stand dort, wo die Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche tanzten. Wenn mich nicht alles täuschte, stand das Fahrzeug ziemlich schief.
    Also befand ich mich in dieser Einöde doch nicht allein. Ein anderer Mensch musste in der Nähe sein. Aber wo?
    Es war am besten, wenn ich mir den Wagen einmal anschaute. Da gab es möglicherweise Spuren zu entdecken. Schon jetzt machte ich mir Gedanken darüber, wer den Mut hatte, in diese einsame Bergwelt zu fahren. Das musste wirklich ein Naturbursche sein. Andererseits freute ich mich über den Anblick, denn so schien mir auch mein Rückweg gesichert zu sein. Ich konnte nur nicht herausfinden, wo ich mich befand, und ich ging weiterhin davon aus, dass es mich in die Alpen verschlagen hatte.
    Ich kam nicht mehr dazu, mir den Weg und seine Umgebung genauer anzuschauen.
    Was mich alarmierte, war der Schrei! Und der hatte sich angehört, als befände sich ein Mensch in höchster Gefahr…
    ***
    Natürlich schaute ich auch weiterhin nach vorn, denn dort befand sich mein Fixpunkt. Dann aber dachte ich über den Schrei genauer nach und stellte fest, dass er in meinem Rücken aufgeklungen war.
    Hinter und gleichzeitig über mir.
    Auf der Stelle fuhr ich herum.
    Zum ersten Mal schaute ich richtig an den Berghängen hoch und ließ meinen Blick über die aus wechselnden Grautönen bestehenden Felsen gleiten, auf die sich an manchen Stellen das Sonnenlicht gelegt hatte und dunkle Spiegel zeichnete.
    Aber da war nichts. Da bewegte sich niemand. Keine Frau stand auf einem Vorsprung und schrie noch einmal um Hilfe. Selbst die letzten Echos des Schreis waren verweht, und mich umgab wieder die tiefe Stille der einsamen Bergwelt.
    Es stand fest, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Andererseits überlegte ich, ob dieser Schrei nicht auch von einem Tier hätte ausgestoßen werden können. Unwahrscheinlich, denn in dieser Region lebten Gämsen oder Steinböcke, und die schrien anders.
    Doch ein Mensch, eine Frau!
    Mein schlechtes Gewissen war wie eine kleine Ratte, die immer tiefer nagte. Ich war einfach gezwungen, etwas zu tun, wollte ich vor mir selbst bestehen.
    Und so entschloss ich mich, nachzuschauen. Ich musste mich auf die Suche machen, denn ein sich in Gefahr befindlicher Mensch hatte mich noch nie kalt gelassen.
    Ich hoffte, dass ich die ungefähre Richtung eingeschlagen hatte, aus der mir der Schrei entgegengeweht war. Allerdings war dort die Welt nicht mit Brettern zugenagelt, sondern mit Felsen, Steinen und sagenhaft hohen Wänden.
    Das Gelände war hügelig. Ich musste einfach den richtigen Weg finden und hielt mich dabei auf einem schmalen Pfad. Wenn ich sehr genau hinschaute, sah ich Abdrücke zwischen den Steinen an den Stellen des Bodens, die nicht so hart und ausgetrocknet waren.
    Zumeist Schleifspuren, als wäre hier etwas weggebracht worden, doch ich entdeckte auch hin und wieder einen sehr schwachen Fußabdruck, besonders

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