0774 - Baphomets böse Brut
nicht hilflos, auch wenn ich im ersten Augenblick nicht wußte, was ich tun sollte. Der Mann vor mir hockte noch immer auf dem Bettrand, der Körper war durch den unsichtbaren Druck an den Handgelenken etwas nach hinten gezerrt worden, aber das nahm ich nur am Rande war. Ich merkte etwas anderes. Ein kalter Hauch streifte an mir vorbei. Ein Gruß aus dem Totenreich, und ich ahnte, daß alles so stimmte, wie es mir gesagt worden war.
Es wurde Zeit für mein Kreuz!
Zum Glück hatte ich darin Routine. An der Kette zerrte ich es hervor. Wie ein Blitzstrahl rutschte es an meiner Brust in die Höhe und lag plötzlich frei.
Gleichzeitig ahnte ich die Bewegung an meiner rechten Seite. Ich drehte den Kopf. Ein Schatten, ein Schemen, mehr nicht. Dunkel, vielleicht menschlich? Ich hörte ein wildes Fauchen, sah ein Gesicht, das zu einer Frau hätte gehören können und drehte auch meinen rechten Arm, um es zu treffen.
Es verschwand.
Dann war ich bei Levi.
Er jammerte nur noch. Bevor ich mich für ihn einsetzte, konnte ich noch genau sehen, wie das Blut aus den Wunden quoll und seinen Weg bereits an den Handgelenken entlang gefunden hatte, um in die Ärmel des Hemdes hineinzurinnen, wo es schließlich von dem wolligen Stoff aufgesaugt wurde.
Zwischen den beiden Händen oder Armen gab es genügend Platz für mein Kreuz. Ich wollte es hineindrängen und mit ihm die Hände berühren, als Levi seine Arme wieder normal bewegen konnte, denn den Druck an den Gelenken spürte er nicht mehr.
Erleichterung zeichnete seinen Schrei. Die Arme fielen wieder nach unten. Ich wurde an der linken Seite von seiner blutigen Handfläche gestreift, bevor sie auf dem Bett landete und mit der Innenfläche liegenblieb.
Vorbei…
Levi kippte zurück. Der Oberkörper lag auf der Decke, die Beine ragten noch über den Rand hinaus, und seine Füße hatte er weiterhin auf den Boden gestellt.
Die Brille war verrutscht. In den Augen schimmerte die Feuchtigkeit der Tränen. Ich hätte ihm gern tröstende Worte gesagt, doch zunächst mußte ich mich um die Verletzungen kümmern. Ich ergriff seine Gelenke und drehte die Hände so herum, daß sie mit den Flächen nach oben lagen und ich mir die Wunden anschauen konnte.
Noch immer quoll es aus ihnen hervor. Da pumpte das rote Blut, aber er hatte Glück gehabt. Die Wunden waren nicht zu groß. Nur zwei kleine Schnitte. Da würden zwei Pflaster reichen.
Ich wollte im Bad nachschauen, ob es Pflaster gab und ließ Levi allein zurück, allerdings nicht schutzlos, denn mein Kreuz lag auf seiner Brust.
Bevor ich das Bad betrat, zog ich meine Beretta. Was immer ich erlebt hatte, war schwerwiegend genug, ab sofort mußte ich mit dem vollen Angriff der finsteren Mächte rechnen, die so urplötzlich aus dem Unsichtbaren erscheinen konnten.
Mit der linken Hand zerrte ich die Tür auf. Der Lichtschalter befand sich glücklicherweise außen am Rand.
Der Raum war hell. Sogar strahlend, denn die Kacheln warfen das Licht zurück.
Ich zielte hinein.
Nichts zu sehen - oder?
Doch in der Wanne entdeckte ich die Gestalt. Sie lag hinter der Tür, ich hatte beim Eintreten nur den hinteren Teil sehen können. Ich war geschockt. Die Gestalt stand in der Wanne. Es war eine nackte Frau mit einem schrecklichen Gesicht, gelben Augen und hochgestellten Haaren. Sie erinnerte mich an eine Leiche, die nicht verwest war, bei der die Haut aber eine andere Farbe angenommen hatte, denn sie schimmerte in den Farben Weiß, Blau und Violett.
Ein fauchender Schrei empfing mich. Da strömte mir ein gewaltiger Haß entgegen.
Ich kam nicht zum Schuß.
Urplötzlich war die Person verschwunden. Von einem Moment zum anderen hatte sie sich aufgelöst, als wäre sie nie zuvor dagewesen, nur wußte ich es besser. Ich trat bis an den Rand der Wanne heran und schaute hinein. Nichts mehr von dem Wesen zu sehen, es hatte nicht einmal einen Geruch hinterlassen.
Ich drehte mich um.
Der Spiegel war klein und nicht als Wandschrank gebaut. Nach einem Pflaster würde ich vergeblich Ausschau halten, aber neben dem Waschbecken lagen Papiertücher aus weichem Zellstoff, die aus der Lücke eines Kartons hervorschauten.
Ich riß einige von ihnen ab und nahm den leichten Kasten mit in das Zimmer. Die Beretta hatte ich weggesteckt. Als ich das Zimmer betrat, hatte sich der Trödler hingesetzt. Um ihn herum war die Bettdecke durch sein Blut verschmiert, und er hielt beide Hände mit den Flächen gegeneinander gepreßt.
Schmerzverzerrt schaute er mich an. Er
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