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0788 - Herr der Insekten

0788 - Herr der Insekten

Titel: 0788 - Herr der Insekten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W.K. Giesa
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sich dort eine Spinne eingerichtet hatte. Im Netz glitzerten frische Fäden; die Spinne hatte es erst vor ein paar Stunden erweitert.
    Van verspürte plötzlich Unbehagen.
    Er war bislang immer bestens mit Spinnen zurecht gekommen. Jetzt aber wollte eine instinktive Furcht in ihm entstehen und ihn von dem Netz fortbringen, während sein Verstand ihm sagte, dass von Netz und Spinne für ihn keine Gefahr ausgingen. Er war groß und stark genug, das Netz jederzeit zu zerreißen, und er passte auch nicht in das Beuteschema des Achtbeiners.
    Komm, zeig dich mir!, befahl er.
    Die Spinne reagierte nicht, blieb in ihrem Versteck hinter dem Netz. Erst als Van etwas Luft dagegen blies und damit Netz und Signalfaden in Schwingungen versetzte, tauchte sie auf, rechnete wohl mit einem Opfer, das sich im Netz verfangen hatte und jetzt herumzuckte, um sich dadurch nur noch fester in die mit winzigen Klebepünktchen versehenen Fäden zu verstricken.
    Als sie merkte, dass sie einem Irrtum erlag, streckte Van bereits einen Finger vor.
    Nun komm endlich!
    Aber immer noch reagierte die Spinne nicht. Sie interessierte sich überhaupt nicht für ihn, und er fand keinen Weg zu ihrem Gehirn.
    »Natürlich«, murmelte er. »Du gehörst nicht zur Familie, nicht wahr? Spinnen sind keine Insekten. Also kannst du mich nicht verstehen.«
    Das konnten nur die Insekten… und sein Vater. Aber der war doch kein Insekt!
    Van beschloss, seine telepathischen Fähigkeiten an anderen Menschen zu testen.
    Plötzlich wechselte sein Sehen wieder. Das durch das Fenster hereinkommende Dämmerlicht konnte er nicht gut verwerten. Er brauchte den UV-Anteil der Sonne für seine Facetten. Aber die Sonne war schon fast versunken.
    Angst packte ihn. In ein paar Minuten würde er nichts mehr sehen können! Zumindest nicht bis zum frühen Morgen! Denn im Haus gab es nirgendwo UV-Licht, das ihm helfen konnte, sich zu orientieren. Er würde blind sein!
    Er musste sich so schnell wie möglich bettfertig machen.
    Er zerrte an seiner Kleidung und sah, als er das Hemd abstreifte, dass die zusätzlichen Armpaare stärker geworden waren. Sie wuchsen!
    Er japste nach Luft, versuchte seine aufkommende Panik zu bezwingen.
    Er konnte sich nicht nur mit Insekten unterhalten, er wurde selbst zum Insekt!
    Das war der Moment, in dem sein Vater anklopfte, um gleich darauf einzutreten.
    ***
    Dr. Renoir hatte in all den Jahren seiner Berufspraxis schon eine Menge gesehen. Übel zugerichtete Tote waren der Normalfall. Und dass sich Tote auf dem Seziertisch plötzlich bewegten, war für ihn auch nichts Neues. In den Körpern bildeten sich Gase, die blähend wirkten und für Krümmungen sorgten, so weit die Leichenstarre noch nicht eingetreten war oder der Körper sich bereits in einem Zustand fortschreitender Verwesung bestand und wieder weich wurde.
    Aber das hier war etwas völlig anderes.
    Der Leichnam zuckte heftig. Dann krochen wieder Insekten aus den Körperöffnungen hervor!
    Renoir schlug heftig nach ihnen, als sie ihn umschwirrten. Ihre Bewegungen waren langsam; die Klimaanlage des Raumes sorgte aus naheliegenden Gründen für eine recht niedrige Temperatur, die den Biestern zu schaffen machte. Aber von dem Leichnam ging Hitze aus, als liefen dort stark beschleunigte chemische Vorgänge ab.
    »Wie kommen diese verdammten Biester da hinein?«, entfuhr es dem Arzt. »Das gibt’s doch gar nicht!« Die Flügel mussten verklebt sein, und überhaupt - Würmer und Maden konnten da wohl überleben, aber keine ausgewachsenen Insekten. Sie mussten doch in den Körperflüssigkeiten erstickt sein!
    Aber sie waren alle frisch und munter, nur etwas langsam. Der Temperaturwechsel vom heißen Körper zur kalten Luft verlangsamte ihre Reaktionen erheblich, und so gelang es dem wütend hin und her tanzenden Mediziner, Dutzende von ihnen in der Luft zu erschlagen.
    Nach ein paar Minuten hörte es so schlagartig auf, wie es angefangen hatte. Der Insektenschwarm hielt jetzt Distanz zu dem Menschen, als hätten die Tiere begriffen, dass er ihnen in ihrem jetzigen Zustand gefährlich werden konnte, und es gab auch keinen Nachschub aus dem Körper der Toten mehr.
    Dieser Körper sank jetzt jäh in sich zusammen, war ungewöhnlich flach.
    Renoir atmete tief durch.
    Dann setzte er die ersten Schnitte. Und glaubte schon bald darauf zu träumen.
    Die Tote besaß fast keine Organe mehr!
    Blut auch nicht.
    In ihr gab es nur noch ein paar Klumpen, die einer Zusammenballung von Insekten verblüffend

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