0788 - Herr der Insekten
keine schwarzmagischen Aktivitäten zu geben.
Allerdings umschwirrten ihn Insekten. Mehr als normal; schließlich stand er nicht gerade neben einer Lichtquelle, die Nachtfalter, Mücken und andere Flatterer anzog.
Langsam trat er auf die Zufahrt. Er rechnete mit Überwachungskameras, Bewegungsmeldern und Flutlichtscheinwerfern, eventuell auch mit dem Auftauchen eines Nachtwächters. Aber nichts dergleichen geschah.
Hatten die Yols keine Angst vor Einbrechern? Oder vor Geiselnehmern? Immerhin gehörte Daro Yol nicht gerade zu den sieben Ärmsten im Lande, und ihn oder seinen Sohn zu kidnappen und für die Freilassung Millionen zu fordern, lag für kriminelle Elemente nahe.
Zamorra überlegte, ob er völlig offen auftreten oder sich versteckt anschleichen sollte, und entschied sich für letzteres. Vielleicht bekam er auf diese Weise Informationen, die ihm sonst verschlossen blieben.
Er verließ den Weg und tauchte zwischen Sträuchern und Bäumen unter, um von seitlich oder der Rückseite her das Gebäude zu erreichen.
Immer noch war da das Empfinden, beobachtet zu werden. Es blieb unverändert stark.
Er fragte sich, worauf er sich hier eigentlich einließ mit seinem nächtlichen Alleingang.
Er hatte das Haus fast erreicht, als sich Sein Handy mit leichtem Vibrieren meldete. Zamorra fischte es aus der Tasche und schaltete es ein. Nicole war am Apparat.
»Chef, der Rolls ist zum Flughafen gefahren. Parkt gerade ein. Hast du eine Ahnung, was er hier will? Sich mit einem Nachtflug verabschieden? Vielleicht sollten wir ihn stoppen.«
»Vergiss es«, presste Zamorra hervor. »Auf rechtlichem Weg wird da nichts zu machen sein, und wenn du ohne Absicherung aktiv wirst, kann es sein, dass ich dich hinterher aus einer Zelle holen muss.«
»Dann bleibe ich weiter am Ball«, verkündete Nicole und unterbrach die Verbindung.
Zamorra fragte sich, was Yol um diese Zeit am Flughafen zu tun hatte.
Fliegen, was sonst?
Aber wohin wollte er? Nun, Nicole würde herausfinden, für welchen Flug er eincheckte.
Zamorra wandte sich wieder der Villa zu.
***
Daro Yol besaß ein kleines Flugzeug, das auf dem Flughafen von Lyon stationiert war. Damit war er oft unterwegs, um neue Geschäftskontakte zu schaffen. Das Fliegen machte ihm Spaß.
In dieser Nacht fieberte er geradezu danach, so wie noch nie zuvor. Er sah seinen alten Traum zum Greifen nah. Nichts anderes hatte er mehr im Sinn.
Dass ein Fahrzeug zu ihm aufgeschlossen hatte und nur zweihundert Meter hinter ihm rollte, nahm er nicht wirklich wahr. Nur sein Unterbewusstsein registrierte es.
In dem Zustand, in welchem er sich gerade befand, hätte er gar nicht fahren dürfen. Er schwebte auf einem Traumkissen dahin, merkte kaum, was er tat.
Er fuhr direkt in die Nähe des Startfeldes, zu den privaten Hangars. Dort war seine zweimotorige Beachcraft geparkt.
Er stellte seinen Wagen ab, stieg aus und ging hinüber. Er wurde sorgfältiger als sonst kontrolliert; wegen der Attentatswarnung des vergangenen Tages war man jetzt hochgradig wachsam. Aber es gab keine Beanstandung. Als Flugzeugeigner war Yol hier natürlich bekannt.
Er erreichte den Hangar, öffnete das elektrische Tor und kletterte in die Beachcraft. Er startete und ließ sie ins Freie rollen. Dort checkte er sie durch. Treibstoff, Strom, Funk, Radar - alles war in Ordnung. Das kleine Flugzeug wurde stets startbereit gehalten.
Daro Yol gurtete sich nicht an. Er aktivierte den Funk und rief den Tower an, bat um Startfreigabe. Er bekam sie sofort. Um diese Zeit war kein anderes Flugzeug im Luftraum über dem Flughafen.
»Wohin geht’s denn heute, Monsieur?«, erkundigte sich der Fluglotse.
»Rundflug«, sagte Yol. »Ein paar Übungsrunden.«
»Um diese Nachtstunden?«
»Muss ich ja auch mal wieder üben, oder? Sonst verliere ich irgendwann das Gefühl dafür.«
»Guten Flug«, wünschte man ihm.
Die Beachcraft rollte los, gewann an Tempo und hob schließlich von der Startbahn ab.
Fliegen , dachte Daro Yol. Ich werde es tun - endlich.
***
Nicole Duval stoppte den 740i in der Nähe des Silver Shadow und folgte dem Fahrer. Sie wunderte sich, dass er nicht das Terminalgebäude aufsuchte, sondern einen Seiteneingang nahm. Ohnehin hatte es sie schon verblüfft, dass er so weit ab parkte.
Dann fiel ihr ein, dass sich hier draußen die Privathangars befanden, in denen die Vertreter der Upper Class oder kleinere Firmen ihre Flugzeuge abstellten oder warten ließen.
Sie wollte Yol folgen, wurde aber von den
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