0795 - Entführt in die Totenstadt
fügte er grinsend hinzu.
»Dann werde ich der erste sein«, stieß Vasu hervor und schwang sein Schwert auf den Boten zu, der gedankenschnell zurück wich.
»Du kannst irgendwelche der hier herumvagabundierenden Leichen und Monstren vernichten«, spottete Yamaduta, »doch nicht mich!« Die Überzeugungskraft seiner Worte ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht im Geringsten beunruhigt war.
Bei seinen Worten erhob sich das graue Etwas, das wie Staub jeden Zentimeter der Straßen der Totenstadt überzog, zwischen ihm und Vasu in die Luft. Es ballte sich zusammen und stand als farblose, wirbelnde Mauer vor dem entführten Halbgott.
Und es kam auf ihn zu!
Vasu stieß sein Schwert in die Staubmauer hinein - wollte es hineinstoßen. Es prallte ab wie von undurchdringlichem Stein. Das schallende Lachen des Boten dröhnte in seinen Ohren. Er rannte zur Seite, um die Mauer zu umgehen, doch sie weitete sich aus.
»Es gibt kein Vorbeikommen«, höhnte Yamaduta hinter der Staubmauer. »Nur ein Gefangensein.«
Auf irgendeinem Weg - es konnte nicht der optische sein, denn der war durch die undurchdringliche Staubmauer versperrt - erkannte Vasu, dass Yamaduta auf die Wand zwischen ihnen deutete. »Du siehst, es gibt Leben in der Stadt der Toten. Doch hier leben die Dinge, die anderswo tot sind!« Was er ergänzte, versetzte Vasu einen schmerzhaften Stich. »Auf Nimmerwiedersehen, Honigheld und Zuckerprinz!«, spottete Yamaduta mit den Kosenamen, die Asha Devi für Vasu verwendete.
Bei diesen Worten sah Vasu, wie sich auch rechts und links von ihm eine Staubmauer bildete. Er wirbelte herum -und sah sich umzingelt. Fugenlos war er von vier Wänden umgeben, die mehrere Meter hoch reichten.
Sein neues Gefängnis war schätzungsweise vier auf vier Meter groß. »Ich lasse dich jetzt allein«, hörte Vasu die Stimme seines Gegners. Er bemerkte, dass sich die Staubwände auf ihn zu bewegten. Noch einmal meldete sich Yamaduta. »Wenn es nach mir geht, wird der Staub dich zerquetschen!«
***
Vasu sammelte seine Kräfte und seine Konzentration. Die Spitze seines Schwertes lehnte an einer Stelle der vor ihm aufragenden Mauer, die er vor wenigen Sekunden ausfindig gemacht hatte. Der Staub wies hier momentan eine etwas hellere Färbung auf, war also möglicherweise weniger dicht. Yamaduta hatte gesagt, dass der Staub lebendig sei. Also musste er auch verletzbar sein.
Vasu drückte mit aller Gewalt, die er in der Gestalt des martialischen Dämonenhauptmanns aufbringen konnte, zu.
Er erreichte nichts. Wieder erwies sich die Mauer als undurchdringlich.
Langsam, aber stetig, verengte sich Vasus Gefängnis. Eben berührte ihn die hintere Wand im Rücken und schob ihn unaufhaltsam nach vorne. Tief atmete er durch. Er musste dieser Todesfälle entkommen, doch keine seiner früheren Inkarnationen lieferte einen Präzedenzfall, aus dem er hätte Erfahrungen sammeln können, die ihm jetzt helfen konnten. Er hatte etwas derartiges noch nie erlebt.
Er zwang sich zur Ruhe, legte sein Schwert zur Seite. Sein Gefängnis war mittlerweile noch etwa zwei auf zwei Meter groß. Er ließ sich mit übergeschlagenen Beinen auf dem Boden nieder, der völlig staubfrei war Vasu blickte auf eigenartig farblose, verfault wirkende Erde. Wie alles hier, schien auch sie tot zu sein…
Auch seinen Helm legte Vasu ab, denn dieser schloss seine Gedanken ein. Er musste sie befreien, um sich selbst zu befreien.
Langsam, Zentimeter für Zentimeter, schwebte Vasu in seiner meditierenden Haltung nach oben. Doch als er etwa zwei Meter Höhe erreicht und damit die Hälfte der ihn einschließenden Staubwände überwunden hatte, ertönten trampelnde Schritte, gefolgt von einem Lachen. Gleichzeitig schnaubte ein Büffel auf und trommelte mit seinen Beinen wild auf den Boden.
Vasu wusste, wer bei seinem Gefängnis angekommen war. Er musste sich beeilen. Doch mit der Hektik schwand die Konzentration…
»Ich habe meinen Palast Kalichi nun selbst verlassen, um deinem Treiben endgültig ein Ende zu machen«, hörte er eine tiefe Stimme. »Auch dort oben gibt es für dich kein Entkommen.« Der Totengott Yama war persönlich zu Vasus Gefängnis geritten, und er wusste um das Bemühen seines Gefangenen.
Nach Sekunden legte sich eine Staubwand als Decke auf die vier aufragenden Mauern. Undurchdringliche Dunkelheit umgab den Halbgott, der wieder zu Boden sank. Er gönnte Yama, dem Herrscher der Totenstadt Yamapura, keine Antwort.
»Die Wände werden so nahe
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