08 - Ehrenschuld
zur zweiten Seite der Sendung kam, den ersten Teil der Faxmitteilung ab.
»Ach du Scheiße«, dachte die Agentin laut, als sie ihn zurückreichte. »Ich wecke jetzt den Präsidenten. Sie müssen den Piloten informieren. Unter diesen Bedingungen handhaben sie die Dinge ein bißchen anders.«
»Selbstverständlich. In fünfzehn Minuten, Daga, okay?«
»Ja, Sir.« Sie eilte die Wendeltreppe hinunter, während Jack zum Flugdeck ging.
»Noch hundertsechzig Minuten, Dr. Ryan. Diesmal hat es ziemlich lange gedauert, nicht?« fragte der Colonel an den Kontrollen freundlich. Das Lächeln wich augenblicklich aus seinem Gesicht, als er sich zu Jack umgedreht hatte.
Es war reiner Zufall, daß sie an der amerikanischen Botschaft vorbeifuhren. Vielleicht hatte er bloß mal die Flagge sehen wollen, dachte Clark. Es war immer ein angenehmer Anblick in einem fremden Land, auch wenn sie über einem Gebäude wehte, das irgendein Bürokrat entworfen hatte, mit dem Kunstverstand von ...
»Jemand macht sich Sorgen wegen der Sicherheit«, sagte Chavez.
»Jewgenij Pawlowitsch, ich weiß, daß Sie gut Englisch können. Sie brauchen es nicht an mir auszuprobieren.«
»Entschuldigung. Du meinst, die Japaner befürchten einen Aufruhr, Wanja? Von dem einen Zwischenfall abgesehen, hat es hier doch kaum Ausschreitungen gegeben ...« Seine Stimme verlor sich. Rings um das Gebäude waren zwei Korporalschaften Infanterie mit voller Bewaffnung aufgezogen. Das war in der Tat sehr seltsam. Hier hatten sonst, dachte Ding, ein oder zwei Polizisten genügt, um ...
»Job twoju mat.«
In diesem Moment war Clark stolz auf den Burschen. So unflätig dieser Fluch auch war, war er doch genau das, was ein Russe in dieser Situation gesagt hätte. Der Anlaß dafür war ebenso klar. Die um die Botschaft aufgezogenen Wachen schauten ebensosehr nach drinnen wie nach draußen, und die Marines waren nirgendwo zu sehen.
»Iwan Sergejewitsch, das sieht ja ganz eigenartig aus.« »Das tut es, Jewgenij Pawlowitsch«, sagte John Clark gleichmütig. Er verlangsamte die Fahrt nicht, und er hoffte, daß die Soldaten auf dem Bürgersteig nicht die beiden vorbeifahrenden gaijin bemerken und sich nicht ihr Autokennzeichen notieren würden. Vielleicht sollte er baldmöglichst den Mietwagen wechseln.
»Der Name ist Arima, Vorname Tokikichi, Sir, Generalleutnant, Alter dreiundfünfzig.« Der Army-Sergeant war ein Nachrichtenspezialist. »Absolvent der Nationalen Verteidigungsakademie, hat sich in der Infanterie hochgedient, immer gute Beurteilungen. Hat sich für Luftlandeunternehmen qualifiziert. Hat vor acht Jahren mit sehr gutem Ergebnis den Kurs in den Carlisle Barracks absolviert. >Politisch gewieft<, heißt es im Beurteilungsbogen. Gute Beziehungen. Er ist kommandierender General ihrer Ost-Armee, was ungefähr einem Corps der U.S. Army entspricht, aber sie sind nicht so schwer gerüstet, besonders nicht an Artillerie. Das heißt also zwei Infanteriedivisionen, die 1. und die 12., ihre 1. Luftlandbrigade, 1. Pionierbrigade, 2. Luftabwehrgruppe und sonstige Versorgungs- und Verwaltungseinheiten.«
Der Sergeant überreichte den Schnellhefter, der auch zwei Fotos enthielt. Der Feind hat jetzt ein Gesicht, dachte Jackson. Wenigstens ein Gesicht. Jackson betrachtete es einige Sekunden und klappte den Hefter wieder zu. Im Pentagon war man im Begriff, zum Zustand FRANTIC überzugehen. Von den Vereinigten Stabschefs war der erste auf dem Parkplatz eingetroffen, und wie die Dinge lagen, war er der Glückliche, der ihnen die Nachricht beibringen sollte. Jackson raffte seine Dokumente zusammen und ging hinüber zum Tank, einem an sich sehr freundlichen Raum, der dem E-Ring des Gebäudes vorgelagert war.
Chet Nomuri hatte sich den Tag über zu ungewöhnlichen Zeiten mit dreien seiner Kontakte getroffen und nicht viel mehr erfahren, als daß etwas ganz Seltsames im Gange sei, aber was, das wußte keiner. Das beste, dachte er, wäre es wohl, zu dem Badehaus zu fahren und zu hoffen, daß Kazuo Taoka aufkreuzen würde. Als er schließlich kam, hatte Nomuri so lange in dem heißen Wasser gelegen, daß sein Körper sich anfühlte wie Pasta, die einen Monat auf dem Herd gestanden hatte.
»Ich wünschte, Sie hätten einen Tag hinter sich, wie ich ihn erlebt habe«, konnte er mit einem vieldeutigen Lächeln hervorbringen.
»Wie war es bei Ihnen?« fragte Kazuo mit einem erschöpften, aber begeisterten Lächeln.
»Ich kenne da in einer gewissen Bar ein hübsches Mädchen. Drei Monate habe ich
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