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08 - Im Angesicht des Feindes

08 - Im Angesicht des Feindes

Titel: 08 - Im Angesicht des Feindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sehen, doch er hörte ihren schnellen Schritt auf der Treppe.
    »Was ist hier los?« fragte Alex sie.
    Sie wich der Frage aus, indem sie Helen und St. James vorstellte und dann sagte: »Mein Mann, Alexander Stone.«
    St. James konnte sich nicht erinnern, je davon gehört zu haben, daß die Staatssekretärin verheiratet war, aber als sie jetzt ihren Mann vorstellte, sagte er sich, daß er es irgendwo gelesen und in einer besonders verstaubten Schublade seines Gedächtnisses abgelegt haben mußte, da es ihm unwahrscheinlich vorkam, überhaupt nicht zu wissen, daß Alexander Stone der Mann der Staatssekretärin war. Stone war einer der führenden Unternehmer des Landes, vor allem in der Gastronomie tätig. Ihm gehörte mindestens ein halbes Dutzend eleganter Restaurants von Hammersmith bis Holborn. Er war gelernter Koch, ein Junge aus Newcastle, der es geschafft hatte, seinen Akzent im Lauf seines bewunderungswürdigen Aufstiegs vom Pastetenbäcker zum hochkalibrigen Gastronom abzulegen. Tatsächlich verkörperte er in jeder Hinsicht das Ideal der Konservativen Partei: ein Mann, der es ohne alle Privilegien - und selbstverständlich ohne sich auf staatliche Hilfe zu stützen - zu Erfolg gebracht hatte. Er war die fleischgewordene Möglichkeit, der Meister der Privatinitiative. Kurzum, er war der ideale Ehemann für eine konservative Abgeordnete.
    »Es ist etwas passiert«, erklärte Eve Bowen ihm und legte ihm zugleich beschwichtigend die Hand auf den Arm. »Alex, es ist leider nicht sehr erfreulich.«
    Wieder blickte Stone von St. James zu Helen. St. James hatte Mühe zu begreifen, daß Eve Bowen ihren Mann bis jetzt nicht von der Entführung ihrer Tochter unterrichtet hatte. Helen ging es ebenso, wie er sah. Ihre Gesichter boten umfassend Möglichkeit zur Interpretation, und Stone, der sie scharf musterte, wurde blaß. »Dad«, sagte er. »Ist er tot? War es sein Herz?«
    »Es geht nicht um deinen Vater, Alex. Es geht um Charlotte. Sie ist verschwunden.«
    Er starrte seine Frau an. »Charlotte«, wiederholte er verständnislos. »Charlotte. Charlie. Was?«
    »Sie ist entführt worden.«
    Er sah aus, als hätte er einen betäubenden Schlag erhalten.
    »Was? Wann? Was ist -«
    »Heute nachmittag. Nach ihrer Musikstunde.«
    Mit der rechten Hand griff er sich in sein zerzaustes Haar und brachte es noch mehr durcheinander. »Verdammt noch mal, Eve. Was zum Teufel hat das zu bedeuten? Warum hast du mich nicht angerufen? Ich war seit zwei im Couscous. Das hast du doch gewußt. Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »Ich habe es erst um sieben erfahren. Und dann ging alles so schnell.«
    Er sagte zu St. James: »Sie sind von der Polizei.«
    »Keine Polizei«, fuhr seine Frau dazwischen.
    Er drehte sich nach ihr um. »Hast du den Verstand verloren? Was zum Teufel -«
    »Alex!« Die Stimme der Abgeordneten war leise und eindringlich. »Würdest du in der Küche warten? Würdest du uns etwas zu essen machen? Ich komme gleich nach und erkläre dir alles.«
    »Erklären? Was denn?« fragte er scharf. »Was geht hier vor, verdammt noch mal? Wer sind diese Leute? Ich erwarte eine Antwort von dir, Eve.«
    »Du wirst sie gleich bekommen.« Wieder berührte sie seinen Arm. »Bitte! Laß mich hier fertigmachen. Bitte.«
    »Du kannst mich nicht abschieben wie einen deiner beschissenen kleinen Beamten.«
    »Das tue ich doch gar nicht, Alex. Wirklich nicht. Laß mich nur hier fertigmachen.«
    Stone schüttelte ihre Hand ab. »Gott verdammich«, knirschte er. Dann ging er mit langen Schritten durch das Wohnzimmer, durch das anschließende Speisezimmer und verschwand durch eine Schwingtür, die offenbar in die Küche führte.
    Eve Bowen blickte ihm nach. Hinter der Schwingtür wurden Schranktüren aufgezogen und krachend zugeschlagen. Töpfe klapperten auf Arbeitsplatten. Wasser rauschte.
    Sie reichte St. James eine Fotografie. »Das ist Charlotte.«
    »Ich brauche ihren Wochenplan. Eine Liste ihrer Freunde. Die Adressen der Leute, die sie regelmäßig aufsucht.«
    Sie nickte, obwohl ihr anzusehen war, daß sie in Gedanken bei ihrem Mann in der Küche war. »Natürlich«, sagte sie und kehrte zu ihrem Sessel zurück. Sie nahm einen Block und einen Füller. Das Haar fiel ihr ins Gesicht, als sie zu schreiben begann.
    Helen war es, die die Frage wagte. »Warum haben Sie Ihren Mann nicht angerufen, Mrs. Bowen? Nachdem Sie gehört hatten, daß Charlotte nicht aufzufinden ist, warum haben Sie ihn da nicht angerufen?«
    Eve Bowen hob den Kopf.

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