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08 - Old Surehand II

08 - Old Surehand II

Titel: 08 - Old Surehand II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gedrängt.
    „Vereinigte-Staaten-Kreuzer. Was drüben für eins?“
    „Vereinigte-Staaten-Klipper ‚Swallow‘, Lieutenant Parker“, ertönte es statt von drüben an der Steuerbordseite des ‚l'Horrible‘.
    Eine wohlgezielte Salve krachte mitten unter die Briganten hinein, und dann stürzte sich eine Schar dunkler Gestalten auf sie, die einen Überfall für unmöglich gehalten hatten und nicht einmal notdürftig bewaffnet waren. Parker hatte seinen Plan ausgeführt, die Boote ausgesetzt und war von der unbeobachteten Seite an den ‚l'Horrible‘ gekommen, den er enterte.
    Nur eine einzige Person hatte das Nahen der Kähne bemerkt – die ‚Miß Admiral‘. Kaum hatte der Kapitän die Tür hinter ihr verschlossen, so richtete sie sich trotz ihrer Fesseln unter unsäglicher Mühe empor und trat an die Wand der Koje, in welcher sie einen langen, scharfkantigen Nagel entdeckt hatte. Schon mehrere Nächte lang hatte sie gearbeitet, um an demselben ihre Banden zu durchreiben, und heut, so weit war es bereits gediehen, mußte sie frei von ihnen sein. Schon befand sie sich in voller Tätigkeit, als die drei Schüsse ertönten; dann vernahm sie das Rauschen nahender Ruderschläge.
    Was gab es? Einen Überfall? Einen Kampf? Die Rettung Notleidender? Jeder dieser Fälle war geeignet, ihr Vorhaben zu unterstützen. Fünf Minuten fürchterlicher Anstrengung machten ihr die Hände frei und schon fielen die Bande auch von ihren Füßen, als droben auf dem Vordeck Revolverschüsse krachten und sich das Getrampel eines entsetzlichen Faustkampfes erhob. Sie fragte sich nicht nach der Ursache derselben; sie wußte, daß Sanders noch oben sei. Mit einem kräftigen Tritt sprengte sie die Tür zur Kajüte auf und riß von den an der Wand hängenden Waffen so viele herunter, als sie brauchte, um für alle Fälle gerüstet zu sein. Dann warf sie einen forschenden Blick durch die Steuerbordluke hinaus auf das Wasser. Drei Boote hingen an einem Tau, welches man unvorsichtigerweise bei Einbruch der Nacht nicht eingezogen hatte.
    „Überfallen“, murmelte sie. „Von wem? Ha, das ist die Strafe! Der ‚l'Horrible‘ ist wieder verloren, und ich werde diesen Sanders selbst an das Messer liefern. Noch sind die Gefangenen nicht übergetreten! Ich werde sie befreien und dann fliehen. Wir befinden uns unter der Breite von Acapulco. Komme ich unbemerkt in ein Boot, so bin ich in zwei Tagen an Land!“
    In einer Ecke der Kajüte stand ein kleiner Handkoffer, Sie nahm einen Teller voll Biskuits und zwei Flaschen Limonade auf, die auf dem Tisch standen; dann öffnete sie das geheime Fach und entnahm ihm seinen Schatz, den sie auch im Koffer verbarg. Nun schlich sie sich nach oben bis zur Luke, um zu rekognoszieren. Die Räuber waren überfallen und auf das Hinterdeck gedrängt; sie mußten unterliegen.
    Rasch tauchte sie wieder unter das Deck, begab sich nach dem Kielraum und riß den Riegel von der Luke, die ihn verschloß.
    „Seid Ihr wach?“, fragte sie die gefangene vorige Bemannung des ‚l'Horrible‘.
    „Ja, ja. Was ist oben los?“
    „Die Piraten sind überfallen. Seid ihr gefesselt?“
    „Nein.“
    „So eilt nach oben, und tut eure Schuldigkeit! Doch halt, wenn der ‚Schwarze Kapitän‘ diesen Abend überlebt, so sagt ihm, die ‚Miß Admiral‘ läßt schön grüßen!“
    Sie sprang voraus, eilte in die Kajüte zurück, ergriff den Koffer und stieg an Deck. Sie erreichte unbemerkt den Regeling. Die eine Hand zwischen die Angriffe des Koffers steckend, wollte sie sich an dem Tau zu den Booten hinabturnen; da wurde sie gefaßt. Peter Polter hatte sie gesehen, sprang herbei und packte sie von hinten.
    „Halt, Bursche!“ rief er. „Wohin willst du mit diesem Koffer segeln? Bleib noch ein wenig da!“
    Sie antwortete nicht, gab sich aber alle Mühe, sich ihm zu entreißen, vergeblich. Gegen seine Riesenkraft konnte sie nicht aufkommen. Er hielt sie so fest, daß sie sich nicht rühren konnte, und rief einige Kameraden herbei, von denen sie gebunden wurde. Freilich ahnten sie noch nicht, was für einen Fang sie da gemacht hatten.
    Sanders war durch den Überfall in eine fürchterliche Überraschung versetzt worden, hatte sich jedoch rasch gesammelt.
    „Herbei zu mir!“ schrie er, zum Hauptmast springend, um für sich und die Seinen eine feste Position zu gewinnen.
    Die Untergebenen folgten seinem Ruf.
    „Wer Waffen trägt, hält stand; die andern durch die Hinterluke nach den Enterbeilen!“
    Es war der einzige Rettungsweg,

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