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würde sie wahrscheinlich schockieren und abstoßen. Mich selber entsetzte die Serie auch manchmal, aber ich war trotzdem süchtig danach. Niemand ist perfekt.
„Wo ist Tina?"
„Schlummert tief und fest in ihrem Zimmer. Du kennst sie doch. Sie lässt sich erst wieder blicken, wenn die Sonne untergegangen ist."
„Ich habe etwas für sie", sagte Laura unbestimmt. „Und ein paar Leute würden sie gerne sprechen."
„Super." Ich gähnte. Immer wieder kamen neue Vampire in der Vil a vorbei, um ihre Aufwartung zu machen, „Gott sei Dank habe ich heute frei. Ich brauche mal eine Pause von kranken Leuten."
Laura kicherte. „Hört sich komisch an, wenn ein Arzt das sagt."
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„Süße, alle Ärzte sagen das. Nur nicht vor den Patienten." „Ich bin sicher, dass . ."
Das Telefon klingelte. Laura sprang auf und sprintete los, um abzunehmen, bevor es noch einmal klingeln konnte. Ich rollte die Augen; wahrscheinlich war es irgendeine Kirche, die wol te, dass sie Spenden sammelte, oder etwas in der Art. Oder PB S
organisierte wieder mal eine Spendenaktion.
„Ja? Hal o?" Sie schwieg und lauschte. „Okay, super! Das ist super ... hm ... hm ...
wirklich? Oh nein, das haben Sie nicht getan!" Sie lachte und schwieg dann wieder.
„Hm. Hm. ... Echt? Wunderbar. Dann sehe ich Sie gleich. Vielen Dank." Sie legte auf.
„Gute Nachrichten?" Ich gähnte.
„Die besten. Okay, ich muss jetzt gehen. Bis bald."
„Bye", sagte ich und war wieder in mein Buch vertieft, bevor sie das Haus verlassen hatte.
Ich war so furchtbar leichtsinnig. Um nicht zu sagen: dumm. Es lässt sich leicht sagen: Woher sol te ich denn das wissen?, dabei hatte ich doch die Wirkung gesehen, die die Teufelsanbeter auf Laura hatten. Als sie sich plötzlich um 180 Grad wandelte, hätte ich misstrauisch werden sollen, statt mich mit meinen eigenen Problemen zu beschäftigen.
Aber ich war nicht misstrauisch.
Und auch wenn ich es da noch nicht wusste, es war bereits zu spät.
13°
„Dich hat schon wieder jemand getötet? Und ich habe es verpasst?" Jessica stöhnte und schlug die Hände vor das Gesicht. „Mist! Ich habe mir die Kotze von den Klamotten gewaschen, während du ermordet wurdest . . Mist!"
„Du hast nicht viel verpasst", beruhigte ich sie. „Ich habe lediglich mit ein paar Werwölfen Streit angefangen und bin gepfählt worden. Dann hat Sinclair sich den Angreifer zur Brust genommen, mich aufgeweckt, und anschließend sind alle ihrer Wege gegangen."
„Na klar. Hört sich wirklich tödlich langweilig an. Und was passiert jetzt?"
„Wir sollen heute Abend vor dem Rat erscheinen."
„Warum?"
Ich zuckte die Achseln. Ganz klar war es mir selber immer noch nicht.
Es war später Nachmittag, und Jessica und ich saßen in meiner Suite. Weil es gerade mal fünf Uhr war, schlief Baby Jon immer noch - genau wie Sinclair.
Dazu machte ich mir meine eigenen Gedanken, behielt sie aber für mich.
Sinclair war ja durchaus in der Lage, tagsüber wach zu bleiben; er konnte nur nicht nach draußen gehen. Wenn er den Ball flach hielt, hieß das für mich, dass er seine Kräfte schonte für etwas höchst Unangenehmes, das uns möglicherweise erwartete. Und es war typisch für Sinclair, dass er seine Sorgen nicht mit mir teilte.
73
„Und jetzt?" Jessica blies auf ihre heiße Schokolade. „Was werden sie wohl tun, wenn du ihnen erzählst, was passiert ist?"
„Ich habe keine Ahnung."
„Du solltest überhaupt nicht mit ihnen reden."
„Was?"
Jessica nippte an ihrer Tasse. Einmal, zweimal. „Du hast getan, was du tun musstest. So wie Antonia. Warum solltest du dich vor einem Haufen Fremder rechtfertigen müssen, die offenbar keinen Gedanken an das arme Mädchen verschwendet haben, nachdem sie die Stadt verlassen hatte?"
„Deswegen bin ich schließlich hierhergekommen", sagte ich. „Wir wussten, dass es nicht leicht werden würde."
„Mir gefällt das nicht. Hat mir von Anfang an nicht gefallen. Du solltest dich nicht verteidigen müssen."
Ich zuckte die Achseln. „Ich lasse es auf mich zukommen. Gestern Abend haben ein paar Hundert Leute mit angesehen, dass ich nicht so leicht umzubringen bin. Und .. du lieber Gott, ich habe ganz vergessen, dir von Baby Jon zu erzählen."
Ich brachte Jessica auf den neuesten Stand, und sie war verblüfft.
„Unglaublich. Michael hat vergessen, dass du ein Baby bei dir hattest?"
„Komplett vergessen."
„Das ist seltsam."
„Du sagst es! Und Derik ist wieder ausgeflippt."
„Da haben wir die ganze
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